Montblanc-Chef Jérôme Lambert erklärt die neue TimeWalker
Montblanc bringt zum Genfer Uhrensalon SIHH 2017 neue, komplett überarbeitete Modelle in der Linie TimeWalker. Darüber sprach Chronos-Chefredakteur Rüdiger Bucher mit Montblanc-Chef Jérôme Lambert.

Herr Lambert, Sie präsentieren in der Linie TimeWalker fünf neue, sportliche Modelle. Legt Montblanc damit jetzt größeres Gewicht auf sportlich orientierte Kunden? Ich würde eher von einer technischen Komponente sprechen als von einer sportlichen. Wenn Sie sich erinnern: Vor einigen Jahren hatte Montblanc eine eigene Kollektion Sport, die es nicht mehr gibt, sowie die Linie TimeWalker. Nach dem Auslaufen der Linie Sport haben wir die TimeWalker kontinuierlich immer sportlicher gemacht. Wenn Sie sich die neuen Modelle anschauen, finden Sie dort auf der einen Seite die typischen DNA-Codes der TimeWalker wie die radial ausgerichteten arabischen Ziffern oder die Dauphine-Zeiger; auch die grundsätzlichen Proportionen haben wir beibehalten. Auf der anderen Seite kommen eine neue Gehäusearchitektur und stärker technische Elemente wie die Lünetten aus schwarzer Keramik hinzu.
Also keine Sportuhren im engeren Sinn? Nicht in dem Sinne, dass man mit ihnen einen bestimmten Sport betreibt. Unsere Uhren sind nicht eins zu eins an ein bestimmtes Thema gebunden, wie das bei einer Taucheruhr der Fall wäre. Sie sind eher Allrounder; Begleiter für den Tag. Sie können sie sowohl bei der Arbeit tragen als auch danach in einer lässigeren Atmosphäre. Sie sind robust und die meisten Modelle bis 10 Bar wasserdicht. Gleichzeitig sind sie elegant genug, dass man sie auch am Abend nicht ablegen muss. Damit haben wir uns auch an den Lebensstil unserer Kunden angepasst. Die schätzten nämlich bereits die früheren TimeWalker-Uhren mit Metallband aus genau diesem Grund.
Bei den Uhren fällt als Erstes der Gebrauch der Farbe Rot auf – bei Zeigern, Beschriftungen und Indexen. Das kennt man bei TimeWalker bisher von den Urban-Speed-Modellen. Ein Teil der Inspiration für die Gestaltung der neuen Uhren kommt aus den Urban-Speed-Modellen, das ist richtig. Aber den Farbcode Rot finden Sie auch bei früheren Minerva-Uhren, die ja ebenfalls zur Montblanc-Historie gehören.

Was sind die wichtigsten Merkmale der neuen Uhren? Sie finden hier viel technischen Gehalt: Der TimeWalker Chronograph 1000, limitiert auf 18 Exemplare, ist in der Lage, bis auf eine Tausendstelsekunde genau zu stoppen. Diese Technik, für die wir unser Manufakturkaliber MB M 66.26 nutzen, hatten wir bereits vor fünf Jahren im TimeWriter II Chronographe Bi-Fréquence 1000 eingesetzt. Dann gibt es den Rally Timer Counter mit einer Limitierung von 100 Stück: ein 50 Millimeter großer Taschenchronograph mit einem Drücker, der auch als Armband- und als Tischuhr genutzt werden kann. Darüber hinaus bieten wir einen Chronographen mit zweiter Zeitzone, einen Automatikchronographen und eine Dreizeiger-Automatik an.
Der UTC-Chronograph mit zweiter Zeitzone mit Eta-Kaliber 7754 verfügt allerdings nicht über einen separat verstellbaren zentralen Stundenzeiger. Diese Funktion findet sich in der Heritage Chronometrie und als Neuheit in diesem Jahr in der Kollektion 1858 und der Kollektion 4810 wieder. Für TimeWalker wollten wir bewusst eine andere Technik anbieten, sodass unseren Kunden alle Varianten zur Verfügung stehen. Zusätzlich gibt es ja auch noch die Weltzeituhr Orbis Terrarum.

Gibt es allgemeine Trends, an denen Sie sich fürs Design orientiert haben? Weniger. Für uns war wichtig, in allen vier Bereichen des Marktes anwesend zu sein. Das sind klassische Uhren, Komplikationen, Damenuhren und schließlich technisch-sportliche Uhren. Mit den neuen TimeWalker-Modellen sind wir jetzt auch in diesem vierten Bereich präsent. Bei den Neuheiten legen wir jedes Jahr den Schwerpunkt auf einen anderen Bereich.
Wie sehen Sie die aktuelle Situation in der Uhrenbranche? Die Krise hatte nicht nur eine Ursache, und daher gibt es auch nicht nur eine Lösung. Ich glaube, dass der Markt sich jetzt stabilisiert. Aber wir befinden uns nach wie vor in einer Zeit flachen Wachstums. Und der Markt ist jetzt wieder depolarisiert.
Was heißt das? Die Uhrenindustrie befindet sich immer wieder für mehrere Jahre in einem total polarisierten Markt. Um die Jahrtausendwende, nach der Asienkrise, gab es eine Polarisierung auf Amerika: Damals trug die amerikanische Nachfrage fast das gesamte weltweite Wachstum. Nach dem 11. September 2001 verschoben sich langsam die Gewichte hin nach China. In den letzten Jahren hatten wieder eine Polarisierung, bezogen auf Greater China, also Hongkong, China selbst, weitere kleine Märkte wie Macau und Taiwan sowie die zahlreichen und kaufkräftigen chinesischen Touristen weltweit. Das ist jetzt vorbei, viele Märkte wie Europa, USA, der mittlere Osten werden jetzt wieder wichtiger.
Was sind nach dem schwierigen Jahr 2016 jetzt die richtigen Rezepte für eine Uhrenmarke? Es gibt nicht das eine Rezept. Das ist abhängig von der jeweiligen Marke. Jede Marke muss ihre Werte und ihre Stärken deutlicher herausarbeiten und noch genauer auf die Bedürfnisse ihrer Kundschaft eingehen. Und dazu gehört ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Das wäre also auch das Rezept für Montblanc? Ja. Die neuen TimeWalker-Modelle erzählen viel von unserer Geschichte und von Minerva. Und was den Preis angeht, bieten wir zum Beispiel einen Automatikchronographen, der trotz seiner hochwertigen Ausstattung mit Keramiklünette unter 4.000 Euro bleibt.

Damit kostet er deutlich weniger als der alte TimeWalker Chronograph mit schwarz beschichtetem Edelstahlgehäuse und gleichem Werk (Sellita SW 500), der 5.350 Euro kostet. Genau. Aber auch die Dreizeigeruhr TimeWalker Automatic Date bekommen Sie mit Keramiklünette für weniger als 3.000 Euro.
Auf der anderen Seite gibt es eben auch Limited Editions, die fünf- oder sechsstellige Summen kosten. Kann der Kunde da ein klares Bild von der Marke haben? Unsere Kunden haben ein gutes Verständnis für die unterschiedlichen Produkte, die eine Maison wie Montblanc anbietet. Dieses Verständnis ist im Laufe der Jahre gewachsen. Die Kunden kaufen eine Marke, ja, aber gleichzeitig schauen sie auf den Gegenwert und sind sich sehr bewusst, was sie für ihr Geld bekommen. Und unsere Uhren haben den Preis, der ihren Wert ausmacht, mit allem Drum und Dran. buc