Interview: Lionel Favre, Designchef von Jaeger-LeCoultre
Über das Design von Jaeger-LeCoultre und den Weg zur aktuellen Polaris-Kollektion
Mit Schmuckdesign hat er begonnen, heute ist er Product Design Director bei Jaeger-LeCoultre. Lionel Favre ist der Gestalter hinter der aktuellen Polaris-Kollektion, die aus der historischen Memovox-Weckeruhr von 1968 entstanden ist.

Vom Schmuck zur Uhr
“Ich habe mit Schmuckdesign begonnen und war in diesem Bereich für verschiedene Marken tätig; darunter für Chopard, wo ich Designchef war. Am liebsten habe ich meine eigenen Kreationen realisiert – mit Stift und Papier zu arbeiten, ist eine Freude für mich. Und jetzt, da ich eine gewisse Erfahrung im Uhrendesign habe, finde ich es sehr interessant, eine ganze Kollektion zu entwickeln.”
Stift und Papier sind der Anfang der Uhr
“In unserer Designabteilung ist es sehr wichtig, dass wir mit unseren Entwürfen von Hand beginnen, denn das ist der beste Weg, sich in ein Thema zu vertiefen. Wenn der Anfang einer Idee skizziert ist, kann man den Computer zu Hilfe nehmen. Aber am Anfang müssen das leere Blatt Papier und der Stift stehen.”
Schönheit beim Uhrendesign
“Die Designwelt von Jaeger-LeCoultre ist stark mit klassischen, eleganten und wohlproportionierten Modellen verbunden – und mit großen Komplikationen. Innovation gehört zur Marke dazu, aber die ist nicht unbedingt extrovertiert; sie spielt sich eher unterschwellig ab, im Werk. Wenn ein Designer mit Konstrukteuren spricht, geht es gewöhnlich um Dinge wie Prozesse und Präzision. Darüber sprechen wir auch, aber mehr noch reden wir über Schönheit – innere und äußere. Wenn Jaeger-LeCoultre ein Werk entwickelt, ist es sehr wichtig, dass nicht nur ein zuverlässiges, sondern auch ein schönes Werk entsteht. Uns geht es um gute Proportionen, um die ästhetische Qualität von Schrauben und Dekorationen. Für mich ist das der entscheidende Aspekt, der Jaeger-LeCoultre von anderen Marken unterscheidet.”

Historisches Vorbild, aktuelle Kollektion
“Bei der Polaris bestand die wichtigste Herausforderung darin, den Spirit der Uhr mithilfe ihrer Codes und ihrer Geschichte zu identifizieren. Wenn man diese Dinge definiert hat, versucht man, sie in eine neue Vision und eine neue Kollektion zu übertragen. Das entscheidende Merkmal der Memovox Polaris von 1968 war ihre mechanische Alarmfunktion. Wenn Sie aus einem solchen Vorbild einen Chronographen entwickeln, dann verlieren Sie diese historische Verbindung, aber Sie haben ja noch die ästhetischen Elemente: die drei konzentrischen Kreise, den Stil des Rehauts und die Stundenin-dexe. Beim Automatikmodell haben wir die konzentrischen Kreise mit drei verschiedenen Oberflächenbehandlungen gestaltet: Das Zentrum zeigt einen Sonnenschliff, der äußere Stunden- und Minutenring eine Körnung, die rotierende Innenlünette eine Opalin-Veredelung. Die Essenz der Uhr ist letztlich das grafisch gestaltete Zifferblatt mit den klaren, übergroßen Indexen, von denen man sehr leicht die Zeit ablesen kann. Das war die wichtigste Eigenheit, die wir in der neuen Kollektion bewahren wollten. Man muss das Gefühl haben, dass jedes Modell Teil derselben Familie ist, aber man braucht keine Fotokopie des Originalmodells.”
Mit Lionel Favre sprach Mark Bernardo.
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Uhren von Jaeger-LeCoultre in der Datenbank von Watchtime.net