UHREN-MAGAZIN-Leserreise 2019: Zu Besuch in Glashütte
Zu Besuch bei Tutima, Mühle-Glashütte, Wempe Glashütte, Glashütte Original und A. Lange & Söhne
Das kleine Erzgebirgsstädtchen Glashütte genießt unter Uhrenkennern weltweit einen erstklassigen Ruf und bildet, versteckt im Müglitztal, das deutsche Uhrenmekka. Ein Besuch dorthin ist für Uhrenliebhaber das Größte – und mindestens einmal im Leben Pflicht. Die Teilnehmer der diesjährigen UHREN-MAGAZIN-Leserreise konnten sich vom 16. bis 17. September 2019 vor Ort persönlich ein Bild von Wirken und Schaffen der dortigen Uhrmacher machen.

Tutima
In den 1920er-Jahren begann der Jurist Ernst Kurz im Auftrag der sächsischen Girozentrale den Aufbau der UROF (Uhrenrohwerkefabrik) und UFAG (Uhrenfabrik Glashütte AG), um die industrielle Armbanduhrenfabrikation voranzutreiben. Nach einiger Zeit wurde man gegen die Schweizer Konkurrenz wettbewerbsfähig und mit dem Kaliber 59 entstand der erste deutsche Chronograph mit Flyback-Funktion (damals Tempostopp genannt).
Im ehemaligen Bahnverwaltergebäude erläuterte Alexander Philipp, dass schon damals nur die besten Uhren mit dem Prädikat “Tutima” versehen wurden. Im Jahr 1945 flüchtete Dr. Ernst Kurtz dann nach Bayern, um sich später in Ganderkesee bei Bremen niederzulassen. Tutima erlangte mit dem legendären Bundeswehrchronographen – bis heute offizieller NATO-Ausrüstungsgegenstand – einen guten Ruf bei Uhrenfreunden. 2011 erfolgte dann die Rückkehr nach Glashütte, wo Tutima 2013 mit der Hommage die erste Glashütter Armbanduhr mit Minutenrepetition präsentierte.
Nautische Instrumente Mühle-Glashütte
Bei Mühle-Glashütte feiert man in diesem Jahr das 150-jährige Bestehen sowie den 25. Jahrestag der Neugründung nach der deutschen Wende. 1869 gründete Robert Mühle eine Firma, die Messinstrumente für die Uhrenindustrie fertigte. In den 1920er-Jahren kamen Tachometer, Drehzahlmesser und Borduhren für die Autoindustrie hinzu. Im Jahr 1945 erfolgte dann die Enteignung und Zerschlagung der Firma. 1980 wurde das Unternehmen in die VEB Glashütter Uhrenbetrieb (GUB) eingegliedert. Doch es gelang ein Neuanfang. Zunächst fand die Firma mit Schiffschronometern den Anschluss an den Weltmarkt, daher der Zusatz “Nautische Instrumente”.
1996 begann dann die Produktion von Armbanduhren. Diese verfügen mit der sogenannten Spechthalsregulierung über eine besondere robuste Feinstellung der Genauigkeit. Verabschiedet wurde die Gruppe mit einer Torten-Armbanduhr mit blauem Rotor. Diese Veredelung erhalten im Jubliäumsjahr alle Mühle-Rotoren.
Wempe Glashütte
Auf dem Ochsenberg in Glashütte befindet sich die Sternwarte. Sie wurde im Jahr 1910 von der Uhrmachervereinigung Urania in Betrieb genommen, um ein verbindliches Zeitsignal als Referenz zu erhalten. Ende der 1930er-Jahre gründeten Otto Lange, Enkel von Ferdinand A. Lange, und Herbert Wempe, Inhaber der Wempe Chronometerwerke, gemeinsam die Arbeitsgemeinschaft „Sternwarte Glashütte“, um eine Forschungs- und Ausbildungsstätte zu eröffnen. Der Zweite Weltkrieg zerschlug das Projekt jedoch. 2005 erwarb Kim-Eva Wempe das Gebäude und machte es zu einem kleinen Schmuckstück.
In der bereits zweimal erweiterten Produktionsstätte werden heute die Zeitmeister- wie die Chronometerwerke-Kollektion von Wempe gefertigt. Auch die Ausbildung aller Wempe-Uhrmacher findet hier statt. Im Keller des Hauptgebäudes befindet sich zudem die einzige Chronometerprüfstelle Deutschlands. In großen, klimatisierten Geräteschränken werden Uhren eine besondere Ganggenauigkeit attestiert.
Deutsches Uhrenmuseum
Im Glashütter Uhrenmuseum wurden die Leser von Museumschef Reinhard Reichel vor der beeindruckenden Standuhr in der Eingangshalle begrüßt.
Dieses Kunstwerk zeigt außer der mitteleuropäischen Zeit auch Tage, Wochen, Monate und das Jahr an. Ablesen kann man auch Auf- und Untergang von Sonne und Mond über Mondzeiten, Sternbilder und Tierkreiszeichen. Sie steht symbolisch für die Glashütter Präzisionsuhrmacherei wie für den international hohen Standard, der an der Glashütter Uhrmacherschule, in deren Räumlichkeiten das Museum sich befindet, herrscht.
Den ersten Tag der Leserreise beendete ein Abendessen im Taschenbergpalais, begleitet von Vertretern aller besuchten Manufakturen.
Glashütte Original
Der zweite Tag begann mit dem Besuch bei Glashütte Original. Ein Team von Glashütte Original stand den Teilnehmern nach einer kurzen Begrüßung und während der Manufaktur-Besichtigung persönlich für Fragen zur Verfügung und leistete ihnen auch beim Mittagessen und der daran anschließenden Präsentation der aktuellen Kollektion Gesellschaft.
Auch bekamen die Teilnehmer Einblicke in die enorme Fertigungstiefe und das hohe handwerkliche Niveau, welche Glashütte Original auszeichnen. Wie anspruchsvoll diese Tätigkeiten sind, erfuhren die Teilnehmer, als sie selbst dazu aufgefordert waren, Schrauben zu bläuen oder winzige goldene Masseschräubchen in einen Unruhreifen zu drehen. Die Manufaktur Glashütte Original ist der rechtliche Nachfolger der GUB und aller darin aufgegangener Uhrenfirmen.
A. Lange & Söhne
Der Besuch bei A. Lange & Söhne bildete den Abschluss der diesjährigen UHREN-MAGAZIN-Leserreise 2019. Vor genau 25 Jahren stellte die sächsische Manufaktur ihre legendäre Lange 1 vor. Als Walter Lange und sein Partner Günter Blümlein am 24. Oktober 1994 im Dresdner Residenzschloss die vier ersten Armbanduhren nach der Neugründung von A. Lange & Söhne präsentierten, darunter die Lange 1, war das ein wichtiger Moment. Mit dem exzentrischen Zifferblattaufbau und dem unverkennbaren Großdatum – Merkmale, an denen die Ikone bis heute zu erkennen ist, wurde die Lange 1 zu einem Riesenerfolg.
Den 25. Geburtstag der Lange 1 feiert die Glashütter Marke mit einer Reihe limitierter Editionen in Weißgold. Nach Herzenslust durften die Leser, behandschuhte Hände vorausgesetzt, diese und auch andere Modelle der fünf Produktfamilien in Augenschein nehmen. Darunter auch das im Januar auf dem SIHH vorgestellte Modell Zeitwerk mit Datumsring.