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Repetitionsuhren

Chopard: L.U.C Full Strike Sapphire
© @federal-studio.com
Uhren mit Schlagwerk lassen die Zeit erklingen: Man kann sie sehen, fühlen und sogar hören. Schlicht und unauffällig zeigen sich die Uhren meist von außen, doch die Mechanik im Inneren gehört zu den kompliziertesten Aufgaben, die ein Uhrmacher zu lösen hat. Oft ist nur ein Schieber auf der linken Gehäuseseite einziges Indiz dafür, dass diese Uhrenmodelle ungefähr den Wert einer Luxuslimousine besitzen.
Die Referenz 57260 von Vacheron Constantin gilt als komplizierteste Uhr, die jemals gebaut wurde. Sie vereint 57 Funktionen, darunter auch ein großes und kleines Schlagwerk. © Vacheron Constantin
Eine Uhr mit Schlagwerk schlägt die Zeit durch kleine Hämmerchen auf einer Tonfeder. Die Repetition bleibt auf dem Zifferblatt in der Regel verborgen, sie ist nur hörbar. Damit der Träger den Mechanismus bewundern kann, werden Repetitionsuhren oft skelettiert.Inhalt

Repetitionsuhren - die hohe Kunst der Uhrmacherei begann schon früh

Ein Schlagwerk in eine mechanische Uhr zu integrieren, ist eine der schwierigsten Aufgaben für einen Uhrmacher. Da der Schlagwerkmechanismus aus vielen winzigen Teilen, darunter vielen schnell und langsam drehenden Elementen, Rast- und Stufenscheiben besteht, ist er kompliziert zu konstruieren und zu fertigen. Es ist nicht nur schwer, die Zeit an den Schlagwerkmechanismus zu übermitteln und in entsprechende Schläge umzuwandeln, es ist auch gewünscht, dass dabei ein besonders wohlklingender Ton zu hören ist.
A. Lange & Söhne: Zeitwerk Minutenrepetition in Weißgold © A. Lange & Söhne
Uhren, die die Zeit hörbar machen, sind längst zum Luxusgegenstand geworden. Dennoch fasziniert der Klang der Zeit die Uhrmacher, sodass Schlagwerke immer weiter miniaturisiert und verfeinert werden. Ein Meilenstein war die Entwicklung des Schlagwerks mit Repetition Ende des 17. Jahrhunderts. Seinen Namen erhält es durch das lateinische Verb „repetere”, was „wiederholen” heißt. Die Repetition ist eine äußerst praktische Einrichtung: Dank ihr kann die auf dem Zifferblatt angezeigte Zeit auf Wunsch durch Töne wiedergegeben werden – je nach Konstruktion sogar auf die Minute genau. Dazu wird ein Schieber an der Gehäuseseite bewegt, der das Schlagwerk auslöst. Diese Uhren werden Minutenrepetition genannt und sind bis heute die beliebteste klingende Komplikation. Seltener sind Repetitionen mit größeren Intervallen, die also die Zeit zum Beispiel auf fünf oder zehn Minuten oder lediglich eine Viertelstunde genau wiedergeben.Wie der dezimale Schlagwerkmechanismus der Zeitwerk Minutenrepetition von A. Lange & Söhne funktioniert, sehen Sie hier:

Warum wurden die Schlagwerkuhren ursprünglich entwickelt?

Die Idee ein Schlagwerk in ein Uhrwerk zu integrieren, gab es schon früh in der Geschichte. Ziel war es, die Zeit hörbar zu machen, wenn das Ablesen derselben auf dem Zifferblatt durch Dunkelheit oder zu große Entfernung nicht möglich war. Die ersten Uhren mit Schlagwerk fanden sich schon um 1300 in den ersten öffentlichen Räderuhren in Kirchtürmen oder Rathäusern wieder. Zu dieser Zeit besaßen die meisten Menschen noch keine eigene Uhr; sie waren auf die öffentlichen Uhren angewiesen. Neben dem Stundenschlagwerk wurden später noch weitere Mechanismen entwickelt, um auch Bruchteile einer Stunde hörbar zu machen. Dazu gehörten Halb-, Viertel-, Achtel-, 5-Minuten- und Minutenschlagwerke.

Abraham-Louis Breguet erfand die erste Tonfeder

Ende des 17. Jahrhunderts entwickelten der englische Uhrmacher Daniel Quare und sein Landsmann Edward Barlow unabhängig voneinander das erste Schlagwerk mit Repetitionseinrichtung, das vorwiegend in tragbaren Uhren eingesetzt wurde. Vorrausetzung dafür war das ebenfalls von Barlow entwickelte Rechenschlagwerk, das immer die von der Uhr angezeigte Zeit schlug. Das zuvor verwendete Schlossscheibenschlagwerk lief hingegen unabhängig vom Gehwerk der Uhr und konnte somit auch einmal falsch schlagen. Die frühen Schlagwerkuhren schlugen erst auf Glocken, später dann aus Platzgründen auf das Gehäuse. 1783 erfand Abraham-Louis Breguet die Tonfeder, die stabförmig über dem Werk liegt und mit einem Hämmerchen angeschlagen wurde. Diese Tonfedern besaßen einen massiven Fuß, der auf der Grundplatine befestigt war. Das andere Ende konnte frei schwingen, sodass erstmals von einem angenehmen Klang gesprochen werden konnte. Später wurden zwei gegenläufige Tonfedern verwendet, die durch Abflachung im Querschnitt und verschiedene Längen auf bestimmte Töne gestimmt wurden – ein bis heute gültiges Prinzip.
Jaeger-LeCoultre: Master Ultra Thin Minute Repeater Flying Tourbillon © Jaeger-LeCoultre
Die genaue Legierung, die von den Manufakturen für die Tonfedern benutzt wird, ist weitgehend unbekannt. Aber auch das Gehäuse spielt als Resonanzkörper eine große Rolle.

Besondere Schlagwerkuhren von Jaeger-LeCoultre, Patek Philippe, Audemars Piguet & Co.

Bei Jaeger-LeCoultre wird der Ton auf das Uhrglas geleitet, sodass dieses als Resonanzkörper dient. Der Stahlfuß der Tonfeder ist im Master Minute Repeater, aber auch in der Hybris Mechanica à Grande Sonnerie direkt am Saphirglas befestigt. Damit kann man den Klang eines sogenannten „crystal gong” nicht nur hören, sondern sogar fühlen – als leichtes Vibrieren des Glases. Auch bei den Tonfedern ist das Material von großer Bedeutung. Sie bestehen aus einem besonders harten Stahl – die genaue Legierung wird von den Uhrenfirmen jeweils als Geheimnis gehütet.
Jaeger-LeCoultre: Reverso Tribute Minute Repeater © Jaeger-LeCoultre
Anlässlich des 90. Geburtstag der Reverso brachte Jaeger-LeCoultre 2021 die Reverso Tribute Minute Repeater mit Minutenrepetition. Um den Mechanismus des Schlagwerks Kaliber 944 zu zeigen, wurde das vordere Zifferblatt vollständig skelettiert.
Patek Philippe Ref. 5074R mit Minutenrepetition © Patek Philippe
Patek Philippe arbeitet seit 1986 mit der Technischen Hochschule in Lausanne zusammen, um die maßgeblichen Klangparameter zu ermitteln. Die eigene Entwicklungsabteilung forscht jahrelang nach der besten Stahllegierung für Tonfedern, die aufgrund dieses Forschungsaufwandes teurer sind als entsprechende Teile aus Edelmetall. Patek Philippe verwendet seit 2001 das sogenannte Kathedralen-Schlagwerk, bei dem die Tonfedern zweimal um das Uhrwerk führen, um die Klangfülle zu steigern. Dabei müssen die Uhrmacher einiges beachten: Da zwei Tonfedern insgesamt vier Windungen bilden, müssen sie möglichst eng um das Uhrwerk herumgeführt werden und trotzdem genügend Abstand haben, um frei schwingen zu können. Sie dürfen sich nicht gegenseitig oder gar das Gehäuse berühren. Um den Wohlklang durch nichts zu stören, hat Patek Philippe einen lautlos funktionierenden Fliehkraftregler entwickelt, der als Hemmung wirkend die Energie des Schlagwerk-Federhauses portioniert. Bei anderen Schlagwerkuhren kann hingegen ein leises Surren zu hören sein, das durch diese mechanische Bremse entsteht. Mehr Repetitionsuhren von Patek Philippe sehen und hören Sie hier!
Patek Philippe Weltzeit-Minutenrepetition Referenz 5531R © PR
Eine Besonderheit ist die Patek Philippe Weltzeit-Minutenrepetition Referenz 5531R. Das Besondere bei dieser Uhr ist, dass die ­Minutenrepetition sich nicht nach der gleichbleibenden Heimatzeit richtet, sondern nach der jeweiligen Ortszeit, die über den Städtering ausgewählt wird. Verantwortlich für diesen Mechanismus zeichnet sich das Automatikkaliber R 27 HU mit Mikrorotor. Die Klangfedern der Modells sind zudem nicht an der Platine befestigt, sondern an der Innenseite des 42 Millimeter großen Roségoldgehäuses. Dies soll den Klang der Minutenrepetition verbessern.
Teure Uhr: Patek Philippe Grandmaster Chime, Einzelstück in Edelstahl © Patek Philippe
Auch die Grandmaster Chime Ref. 6300A-010 in Stahl, die speziell für die karitativen Auktion Only Watch 2019 gebaut und für den Rekordpreis von 31 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet 28,22 Mio. Euro) verkauft wurde, verfügt über ein großes und ein kleines Schlagwerk (Grande und Petite Sonnerie) sowie über eine Minutenrepetition. Zudem gibt es eine Alarmfunktion, bei der zuerst die Stunden auf einer Tonfeder geschlagen werden, dann erklingt ein Doppelschlag für (maximal drei) verstrichene Viertelstunden, bevor abschließend die restlichen Minuten ertönen. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Grandmaster Chime auch das aktuelle Datum akustisch erklingen lässt. Zunächst gibt ein hoch-tiefer Doppelton das Vielfache von zehn an, dann folgt ein einzelner hoher Ton für die Einerstellen des Datums.Im November 2020 ergänzte Patek Philippe ihre beachtliche Schlagwerkuhrenkollektion um die Grande Sonnerie Referenz 6301P. Sie verfügt über Grande Sonnerie, Petite Sonnerie und Minutenrepetition auf drei Tonfedern. Als Grande Sonnerie schlägt die Uhr zu jeder Viertelstunde selbstständig die Stunden und Viertelstunden, wird Petite Sonnerie gewählt, schlagen zu jeder Viertelstunde nur die Viertelstunden und lediglich zur vollen Stunde dann auch die Stunden. Mit einem Schieber zwischen den unteren Bandanstößen kann der Träger zwischen Grande Sonnerie, Petite Sonnerie und Stille wählen. Unabhängig von der Stellung des Schiebers lässt sich mit dem Drücker in der Krone jederzeit die Minutenrepetition auslösen, die dann die Stunden, Viertelstunden und Minuten schlägt. Das Manufakturkaliber GS 36-750 PS IRM besteht aus 703 Teilen und misst stattliche 37 Millimeter im Durchmesser. Beim Schlagwerk konnte die Manufaktur auf die 2014 präsentierte Grandmaster Chime zurückgreifen, die komplizierteste Armbanduhr von Patek Philippe. Die springende kleine Sekunde wurde von der im gleichen Jahr vorgestellten Chiming Jump Hour Referenz 5275 übernommen. Zur Reibungsreduzierung besitzt der Mechanismus Teile aus Silizium.
Mit dem in die Krone integrierten Drücker lässt sich die Minutenrepetition der Patek Philippe Sonnerie Ref. 6301P auslösen © Patek Philippe
Patek-Philippe-Kaliber GS 36‑750 PS IRM der Sonnerie Ref. 6301P © PR
Der Schieber zur Auswahl der Schlagart der Patek Philippe Sonnerie Ref. 6301P © Patek Philippe
Die ungewöhnliche Taktfrequenz von 25.200 Halbschwingungen pro Stunde (3,5 Hz) ist entstanden, weil das Entwicklungsziel 72 Stunden Gangreserve und drei Hertz übererfüllt wurde und die Federkraft ausreichte, um einen Wert zu erhöhen. Patek hat sich für eine höhere Ganggenauigkeit entschieden und die Unruhschwingung auf 3,5 Hertz angehoben. Die beiden Federhäuser für Gangwerk und Schlagwerk nehmen einen großen Teil des Werks ein. Die Grande Sonnerie hält ebenfalls lange durch: 24 Stunden lang kann sie jede Viertelstunde schlagen. Die verbleibende Federkraft geben die beiden symmetrischen Gangreserveanzeigen links und rechts an. Auf dem Zifferblatt weisen aufgesetzte Breguetziffern aus Weißgold die Stunde. Das 44,8 Millimeter große und 12 Millimeter hohe Gehäuse besteht aus Platin, eine besondere Herausforderung für eine Schlagwerkuhr. Neben dem Saphirglasboden durch den man das aufwendig verzierte Werk betrachten kann, wird auch ein massiver Platinboden für Traditionalisten mitgeliefert. Für die komplizierte Grande Sonnerie verlangt die Schweizer Manufaktur Patek Philippe 1,2 Millionen Euro.
Patek Philippe: Minutenrepetition Ref. 5750P_001 Advanced Research © Patek Philippe
Für sein im Dezember 2021 lanciertes Modell Minutenrepetition Ref. 5750P “Advanced Research” hat Patek Philippe das bestehende Manufakturkaliber R 27 PS mit Minutenrepetition und kleiner Sekunde als Basis genommen und verbessert. Ziel war es, den Klang der Schlagwerkuhr zu verstärken und das Ergebnis zugleich unabhängig vom Material des Uhrengehäuses zu machen. Betätigt man die Repetition durch den Schieber auf der Gehäuseseite, schlagen zwei Hämmer aus Platin gegen die Tonfedern. Deren Schwingungen werden an den Klanghebel und von diesem an die Saphirglasplatte übertragen, wodurch der Klang verstärkt wird. Neu ist, dass die Tonfedern wie das gesamte Klangsystem vom Werk getrennt sind. Mehr Informationen über die Minutenrepetition Ref. 5750P “Advanced Research” erhalten Sie hier.
Die Royal Oak Concept Supersonnerie von Audemars Piguet besitzt die klarste und lauteste Minutenrepetition der gesamten Branche © Audemars Piguet
Die erste Armbanduhr mit Repetitionsschlagwerk war ein Modell von Audemars Piguet, das 1892 gefertigt wurde. In nennenswerten Stückzahlen tauchen Minutenrepetitionen fürs Handgelenk ab etwa 1910 auf. Damit gehört Audemars Piguet zu einer der wenigen Marken, die seit ihrer Gründung ununterbrochen Uhren mit Schlagwerken fabriziert haben. 2015 präsentierte die Marke eine Weiterentwicklung in Form einer sehr klaren und lauten Minutenrepetiton. Mehr zur Royal Oak Concept Supersonnerie erfahren Sie hier.Sonnerie au Passage à la Meistersinger2021 feierte die für ihre Einzeigeruhren bekannte Uhrenmarke Meistersinger ihr 20-jähriges Bestehen mit dem Modell Bell Hora. Bei diesem schlägt zu jeder vollen Stunde einen Glockenton und kündigt so dem Träger eine neue Stunde an.
Meistersinger: Bell Hora © MeisterSinger
Meist zählen Uhren mit der sogenannten Sonnerie au Passage die Zeit mit ihrem Läutwerk – also für jede Stunde ein Glockenschlag. Bei der Bell Hora jedoch wird exakt zu jeder vollen Stunde nur ein Mal die Klanggabel geschlagen. Mit Hilfe des Drückers oberhalb der Krone kann das Zeitsignal auch ausgeschaltet werden. Eine schwarze Markierung zeigt an, ob das Schlagwerk aktiv ist oder nicht. Das 43 Millimeter große Edelstahlgehäuse beherbergt das Automatikkaliber Sellita SW 200, das um den Stundenschlag erweitert wurde. Kostenpunkt: ab 3.690 EuroMinutenrepetition aus KeramikHublot stellt mit der Big Bang Integral Tourbillon Cathedral Minute Repeater die erste Komplikationsuhr ihrer Art, deren Gehäuse aus Keramik besteht. Der Grund liegt vor allem in der Schwierigkeit, mit einem Resonanzkörper aus Keramik einen sauberen, gleichbleibenden Klang zu erzeugen.
Hublot: Big Bang Integral Tourbillon Cathedral Minute Repeater (je 291.000 Euro) © Hublot
Hublot hat das Problem gelöst und bietet die neue Uhr 18-mal in schwarzer und ebenso oft in weißer Keramik an. Die 43 Millimeter großen Uhren werden vom hochkomplizierten Manufaktur-Handaufzugskaliber HUB801 angetrieben, das nach Vollaufzug 80 Stunden läuft.Minutenrepetition mit Chronograph in der Omega SpeedmasterDas Handaufzugswerk Kaliber 1932 entstand in Zusammenarbeit von Omega und Blancpain. Es verfügt über eine Minutenrepetition sowie eine Stopppfunktion und weist eine Gangdauer von 60 Stunden auf. Omega stellt es nach sechsjähriger Entwicklungszeit 2022 erstmals in der Speedmaster Chrono Chime vor.
Omega: Speedmaster Chrono Chime © Omega
Die Chronographenfunktion ist in die Konstruktion des Werks integriert und stoppt die Zeit auf die Zehntelsekunde genau. Dafür musste die Frequenz der Co-Axial-Hemmung – die sonst auf 21.600 bis 28.800 Halbschwingungen ausgelegt ist – auf 36.000 Halbschwingungen pro Stunde angehoben werden. Außerdem mussten die Uhrmacher den ohnehin schon komplizierten Chronographenmechanismus um drei Nocken erweitern, zwei Sicherheitsfunktionen zum Schutz vor Schäden durch falsche Handhabung einbauen und einen Schleppzeiger zur Messung von Zwischenzeiten integrieren. Wie für die Uhrwerke von Omega üblich, ist auch dieses Kaliber als Master Chronometer zertifiziert und besitzt folglich einen Magnetfeldschutz bis 15.000 Gauß.

Wie funktioniert das Schlagwerk?

Bei einer Uhr mit Schlagwerk existiert neben dem Gehwerk ein zweiter Räderwerkmechanismus, der die angezeigte Zeit auf Abruf oder automatisch hörbar macht. Dabei schlägt ein Hammer entweder auf Glocken, auf den inneren Gehäuserand oder auf Tonfedern. In der Regel wird die Zeit bei Schlagwerksuhren erst hörbar, wenn der Träger einen Drücker beziehungsweise Schieber am Gehäuserand betätigt. So wird die Repetition ausgelöst und die Uhr zum Klingen gebracht. Dabei spannt sich eine Feder, die die Kraft kurzzeitig speichert. Die Feder muss dabei stark genug gespannt sein, um die komplette Zeit schlagen zu können. Wenn der Träger den Drücker oder Schieber nicht vollständig bedient, reicht die Kraft für das Schlagen der Zeit nicht aus. Um das zu verhindern, gibt es eine sogenannte Alles-oder-nichts-Schaltung, auch Vollzieher genannt – eine spezieller Schlagauslösehebel, der dafür sorgt, dass das Schlagwerk nur beim vollständigen Drücken des Auslösehebels in seiner Gänze schlägt. Bei allen Schlagwerkuhren muss ein Mechanismus dafür sorgen, dass die Zeit gleichmäßig und langsam geschlagen wird. Das geschieht mit der sogenannten Fliehkraftbremse, dem Windfang. Der Windfang ist ein Rad mit zwei Armen. Beim schnellen Drehen schleifen die Arme an der Platine und begrenzen so die Drehzahl. Da sich die Geschwindigkeit nur schwer regulieren lässt und der Windfang viel Platz benötigt, verwenden manche Hersteller ein Spitzankerrad, das einen Anker mit einem Gewicht am Ende oder eine Feder bewegt. Die Federlänge oder der Abstand des Gewichts zum Lagerpunkt kann über Exzenter eingestellt und die Ablaufgeschwindigkeit somit reguliert werden.

Schlagwerkuhren mit besonderen Klängen

Ein besonders luxuriöses Schlagwerk ist das Carillon (Glockenspiel), das mit mindestens drei oder vier Tonfedern oder sogar mit der Westminster-Melodie ausgestattet ist und den Viertelstundenschlag in Form eines Dreiklangs wiedergibt.

Carillon

Einige Repetitionsuhren verfügen über drei Tonfedern. Ihre Bezeichnung Carillon stammt aus dem Französischen für Glockenspiel, dabei erklingt für jede Viertelstunde die Abfolge von drei Tönen. Wie ein Carillon klingt, hören Sie hier:
Der Westminster-Schlag bezeichnet eine bestimmte Tonfolge für den Viertelstundenschlag. Sie entspricht der Melodie des Schlagwerks der Turmuhr des Londoner Westminster, auch bekannt als Big Ben. Um diese Melodie erklingen zu lassen, sind vier oder fünf Hämmer nötig, die auf entsprechend viele Tonfedern schlagen – eine Komplikation, die nur von sehr wenigen Uhrenherstellern beherrscht wird. Kompliziert daran ist, dass bei jeder Viertelstunde nicht nur eine zusätzliche Sequenz gespielt wird, sondern sich alle Sequenzen auch bei jeder Viertelstunde ändern. Bei der ersten wird „gis, fis, e, h“ geschlagen, bei der zweiten Viertelstunde dann „e, gis, fis, h“ und zusätzlich „e, fis, gis, e“. Wie der Westminster-Schlag klingt, hören Sie hier:

Die Hybris Mechanica à Grande Sonnerie von Jaeger-LeCoultre lässt den vollständigen Westminster-Schlag erklingen. Wie sich das anhört, erleben Sie im nachfolgenden Video:

2019 lancierte Jaeger-LeCoultre mit dem Master Grande Tradition Gyrotourbillon Westminster Perpétuel eine weitere Uhr mit Westminsterschlag. Das Modell ist hochkompliziert und verfügt neben dem Schlagwerk über ein Gyrotourbillon und einen ewigen Kalender. Integriert in den Klangmechanismus ist eine Funktion zur Reduzierung der Pausen, d.h. auch dann, wenn keine Viertelstunde geschlagen wird (bzw. nicht alle Viertelstunden), entsteht keine unangenehme Wartezeit, sondern die Klänge für Stunden, Viertelstunden und Minuten erfolgen direkt nacheinander.
Jaeger-LeCoultre: Master Grande Tradition Gyrotourbillon Westminster Perpetuel © Jaeger-LeCoultre
Die Bulgari Octo Roma Carillon Tourbillon schlägt ebenfalls die Viertelstunden mit Westminster-Melodie. Die 2021 vorgestellte Minutenrepetition mit drei Tonfedern ist mit einem Tourbillon ausgestattet. Die drei Tonfedern sind direkt am Gehäusekörper befestigt, um eine möglichst effektive Klangübertragung zu gewährleisten.
© Bulgari
Das 44 Millimeter große Gehäuse der Octo Roma Carillon Tourbillon besteht aus Platin, um eine möglichst klare Klangdiffusion zu ermöglichen. An den Flanken sollen drei Rillen den Ton verstärken. Der Boden besitzt ebenfalls Rillen die ein Titangitter schützt. Der Drücker auf der linken Seite aktiviert die Minutenrepetition. Dafür verantwortlich ist das Manufakturkaliber BVL428 mit Handaufzug. Es ist 8,35 Millimeter hoch, besteht aus insgesamt 432 Komponenten und verfügt über eine Gangreserve von 75 Stunden.

Viertelstundenrepetition und Fünf-Minuten-Repetition

Bei der Viereltstundenrepetition werden zuerst die Stunden mit einem tiefen Ton geschlagen, dann die Viertelstunden mit einem Doppelton hoch-tief. Präziser als die Viertelstundenrepetition gibt die Fünf-Minuten-Repetition die Zeit an. Die vollen Stunden werden zuerst mit einem einfachen Ton geschlagen, danach folgen Doppeltöne für das Fünf-Minuten-Intervall.

Was ist eine Minutenrepetition?

Die Minutenrepetition schlägt die Stunden mit einem tiefem Ton, die Viertelstunden mit einem Doppelton hoch-tief und die Minuten mit einem hohen Ton. Vacheron Constantin stellt mit dem Modell Les Cabinotiers Minutenrepetition Tourbillon Himmelskarte ein Einzelstück vor, das gleich drei schwierige Komplikationen vereint. Das zugehörige Manufakturkaliber 2755 TMRCC mit Handaufzug findet in einem 45 Millimeter großen und mit 15,1 Millimetern Höhe vergleichsweise flachen Roségoldgehäuse Platz.Das Tourbillon ist vorn, die Rückseite zeigt eine Sternenkarte sowie Sternzeit, Monat und Himmelsrichtungen. Ein Riegel auf der linken Gehäuseseite löst die Minutenrepetition aus. Der Mechanismus ist so abgestimmt, dass die auf zwei kreisförmige Gongs im Stunden-, Viertelstunden- und Minutentakt schlagenden Hämmer einen klaren und harmonischen Klang erzielen. Der über ein zentripetales Schwungrad gesteuerte Schlagregulator ist absolut geräuschlos und sorgt dafür, dass sich der Mechanismus nicht übermäßig abnutzt. Das hochkomplexe Uhrwerk besteht aus 413 Teilen und bietet eine überdurchschnittliche Gangreserve von 58 Stunden.Wie eine Minutenrepetition klingt, hören Sie hier:
Jaeger-LeCoultre vereint bei der Master Grande Tradition Grande Complication eine Minutenrepetition, ein Tourbillon und einen Sternzeitkalender. Damit das Schlagwerk die Stunden, Viertelstunden und Minuten klangvoll ertönen lassen kann, werden die patentierten Tonfedern des Manufaktur-Handaufzugswerkes 945 direkt an das Saphirglas im Gehäuseboden gelötet.
Jaeger-LeCoultre: Master Grande Tradition Grande Complication in Weißgold mit Diamanten © Jaeger-LeCoultre
Das Tourbillon rotiert nicht nur in seinem Käfig, sondern dient zudem als Stundenzeiger der Sternzeitindikation. Dafür umrundet es einmal pro Sterntag, also alle 23 Stunden, 56 Minuten und 4,1 Sekunden, das Zifferblatt. Eine goldene Sonne am Rand des Sternzeitzifferblatts weist das Datum und den Monat. Die Sternkarte zeigt den Nachthimmel der nördlichen Hemisphäre, wie er vom 46. Breitengrad, auf dem die Manufaktur von Jaeger-LeCoultre liegt, zu sehen ist.2022 interpretiert Jaeger-LeCoultre das Modell in zwei jeweils auf fünf Exemplare limitierten Versionen neu: die Master Hybris Artistica Calibre 945 Galaxia aus Rotgold und die Master Hybris Artistica Calibre 945 Atomium aus Weißgold. Was das Besondere an den beiden neuen Modellen ist und wie sich die Minutenrepetiton anhört, zeigt unser Video:Patek Phillipe ergänzte 2020 seine Kollektion um die Minutenrepetition mit Tourbillon, Referenz 5303, bei der der Schlagwerk-Mechanismus von der Zifferblattseite her zu sehen ist. Sie besitzt eine vollkommen offene Architektur, die den komplexen Repetitionsmechanismus mit seinen winzig kleinen, aber doch kraftvollen Hämmerchen und Tonfedern in unverstellter Schönheit zeigt.
Das Tourbillon der Patek Philippe Minutenrepetition mit Tourbillon Referenz 5303 zieht bei sechs Uhr die Blicke auf sich . © PR
Volle Transparenz lautet auch die Devise für das Tourbillon, das bei sechs Uhr die Blicke auf sich zieht. Dirigiert wird das Mini-Konzert vom kunstvoll skelettierten und nach allen Regeln der Genfer Haute Horlogerie finissierten Kaliber R TO 27 PS mit Handaufzug, das seinen Mikrokosmos aus 356 Komponenten in einem 42 Millimeter großen und 12,6 Millimeter hohen Roségoldgehäuse unterbringt. Es versteht sich von selbst, dass auch der Saphirglasboden großes Kino darstellt.

Die flachste Minutenrepetition der Welt

Bulgari lancierte im Jahr 2016 mit der Octo Finissimo Minutenrepetition die bisher flachste Minutenrepetition der Welt. Die Uhr mit 40 Millimeter Durchmesser besitzt ein Titangehäuse mit gerade einmal 6,85 Millimetern Bauhöhe. Die Energiezufuhr für das akustische Zeitsignal besorgt ein Drücker, statt des sonst üblichen Schiebers. Um den Klang der Minutenrepetition zu verbessern und den Resonanzraum zu erweitern, ist das Zifferblatt mit Schlitzen, gleichzeitig als Strichindexe fungieren, versehen. Möglich macht die Komplikation das Handaufzugwerk BVL 362.
+2018 brachte Bulgari seine Octo Finissimo Minutenrepetition in einem Karbongehäuse. Genauer besteht die Uhr aus dünnen Kohlefasersträngen. Das Material ist sehr dicht und eignet sich gut dazu, den Ton, den die Hämmer auf den – am Gehäuse befestigten – Tonfedern erzeugen, nach außen zu bringen. Durch die Verwendung von Karbon wiegt die neue Minutenrepetition nur 47 Gramm und ist somit 40 Prozent leichter als das Vorgängermodell in Titan. Den Antrieb liefert auch hier das Manufakturkaliber BVL 362. Bulgari baut 50 Exemplare des Modells. Wie die Octo Finissimo Minutenrepetition Karbon klingt, hören Sie im nachfolgenden Video:https://vimeo.com/7321141372020 zeigte Bulgari seine ultraflache Repetitionsuhr in sandgestrahltem Roségold. Die Konstruktion bleibt wie gehabt: Durch einen Drücker am linken Gehäuserand wird der Mechanismus in Gang gesetzt. Er lässt die aktuelle Uhrzeit erklingen, indem erst die Zahl der verstrichenen Stunden und Viertelstunden und schließlich die seit der letzten vollen Viertelstunde vergangenen Minuten geschlagen werden. Dank der integrierten Alles-oder-nichts-Vorrichtung hört man nur dann etwas, wenn der Druck ausreichend stark war – so wird vermieden, dass bei zu geringem Drücken eine falsche Uhrzeit zu hören ist.
Bulgari Octo Finissimo Minutenrepetition in sandgestrahltem Roségold: Weltweit stehen nur 50 Exemplare zur Verfügung © Bulgari

Woher weiß das Schlagwerk, wie oft es schlagen muss?

Dafür gibt es drei Stufenscheiben (Staffeln) für Stunden, Viertelstunden und Minuten. Die Staffeln für Viertelstunden und Minuten sind fest mit der Welle des Minutenzeigers verbunden. Über sie wird jede Stunde auch die Stundenstaffel weiterbewegt. Zusammen mit dem Schieber werden die Rechen für Stunden, Viertelstunden und Minuten auf ihre jeweilige Staffel bewegt. Die Stundenstaffel, eine schneckenförmige Scheibe mit zwölf Stufen, wird also von ihrem Rechen abgetastet und benötigt einen entsprechend kurzen oder langen Weg, um vom Federhauskern in seine Ausgangsposition bewegt zu werden. Während dieses Rückwegs hebt das Stundensperrrad über einen Hebel den von einer Feder gehaltenen Hammer von der Tonfeder weg und lässt ihn gegen die Tonfeder schlagen. Sind die Stunden geschlagen, nimmt der Federkern über einen Stift das Viertelstundensperrrad mit.
Bei der neuen Chopard L.U.C Full Strike Sapphire bestehen das komplette Gehäuse inkl. Krone und Boden, sowie  die Tonfedern aus massivem Saphirglas. Saphirglas kommt auch als Resonanzkörper zum Einsatz © Chopard
Dieses bewegt nun den bis zur Viertelstundenstaffel ausgelenkten nierenförmigen Viertelstundenrechen in seine Ausgangslage zurück. Dieser Rechen hat außen zwei Verzahnungen, mit denen er über zwei Hebel leicht versetzt die zwei Hämmer für den Doppelschlag auf beide Tonfedern betätigt. Danach ist der ovale Minutenrechen an der Reihe: Auch er wurde beim Spannen der Feder auf seine Staffel gedrückt. Diese Minutenstaffel besteht aus vier Armen mit je 14 Stufen, da sie ja auf der Minutenwelle befestigt ist, aber nur die Minuten seit der letzten Viertelstunde angeben soll. Der Minutenrechen wird vom Viertelstundenrechen über einen Hebel bewegt und seine äußeren Zähne lassen den Hammer für die hohe Tonfeder anschlagen. Die drei Schlagwerke für Stunden, Viertelstunden und Minuten liegen dabei übereinander. Zum Schluss werden noch die Hämmer weiter von den Tonfedern weggedrückt, womit auch ihre Hebel nicht mehr mit der Schlagwerkschaltung in Eingriff sind. Das ist nötig, damit nicht schon beim Betätigen des Schiebers und damit Spannen der Feder die Hämmer anschlagen.
Chopard: L.U.C Full Strike Sapphire © @federal-studio.com
Bei der Chopard L.U.C Full Strike Sapphire wird die Energie nicht wie bei einem herkömmlichen Minutenrepetitionsmechanismus jedes Mal durch das Betätigen des Auslösehebels erzeugt, sondern sie kommt hier aus einem separaten Federhaus, das direkt über die Krone aufgezogen wird. Dadurch gelingt es, bis zu zwölfmal die komplexeste Uhrzeit, nämlich 12:59 Uhr, zu schlagen. Dieser Kraftakt ist unter anderem dem patentierten Kupplungswippenmechanismus zu verdanken. Er sorgt für die Blockierung des Schlagwerks während der Informationsaufnahme, die die Minutenrepetition steuert, um zu verhindern, dass die Federkraft ungenutzt verbraucht wird. Da das Werk der L.U.C Full Strike Sapphire über eine autonome Energiequelle verfügt, hält das Schlagwerk konsequent den festgelegten Rhythmus ein – unabhängig davon, wie oft es schlägt.

Wie funktioniert eine Minutenrepetition?

Die folgende Bildergalerie gibt Einblick in das Uhrwerk und zeigt, wie ein Stundenschlagwerk, Viertelstundenschlagwerk und ein Minutenschlagwerk aussehen und funktionieren.
1. Stundenschlagwerk mit schneckenförmiger Stundenstaffel und dem Rechen, der das Federhaus aufzieht © PR
2. Viertelstundenschlagwerk mit Staffel und nierenförmigem Rechen, der die beiden Hämmer anschlägt © PR
3. Minutenschlagwerk mit Staffel und Rechen für die hohe Tonfeder © PR
Bei der La Musique du Temps – Les Cabinotiers Grande Complication Schleppzeiger-Chronograph Tempo von Vacheron Constantin wird der Klang der Minutenrepetition von den berühmten Londoner Abbey Road Studios aufgenommen. Das ist Teil einer Partnerschaft, die Vacheron Constantin mit der Londoner Institution pflegt. Bei einer allfälligen Reparatur des Schlagwerkmechanismus kann dies dann helfen, den ursprünglichen Klang exakt wiederherzustellen. Bei der Uhr handelt es sich um die bisher komplizierteste Armbanduhr der Manufaktur. Insgesamt 24 verschiedene Funktionen zählt die Manufaktur bei dem neuen Manufakturkaliber 2756 mit Handaufzug, das aus nicht weniger als 1163 Einzelteilen zusammengesetzt ist. Die damit ausgestattete Tempo – so die Kurzform des Namens der Uhr – gibt es nur einmal auf der Welt.

Was unterscheidet eine Sonnerie von einer Minutenrepetition?

Die Sonnerie (franz. Geläut) ist ein Selbstschlagwerk, das im Grunde die Funktion der Turmuhren nachahmt. Im Gegensatz zur Repetition geben Uhren mit Selbstschlagwerken quasi im Vorbeigehen völlig selbstständig die Zeit an. Sonnerien benötigen einige Bauteile, die in der Minutenrepetition nicht vorhanden sind. Dazu gehört ein zusätzliches Federhaus mit passendem Aufzugsmechanismus. Denn die Kraft kann nicht, wie bei der Repetition, durch das Bewegen des Schiebers jedes Mal erzeugt werden. Zudem benötigt eine Sonnerie einen Drücker zum Umschalten auf Stille, schließlich soll die Uhr nicht unbedingt die ganze Zeit schlagen. Dieser Umschalter wird meist über eine Säulenradschaltung wie bei einem Chronographen gelöst.

Grande und Petite Sonnerie: Uhren mit Selbstschlagwerken

Die Grande Sonnerie schlägt die Stunden mit einem tiefen Ton und außerdem alle 15 Minuten die Viertelstunden. Im Gegensatz dazu erfolgt das Schlagen der Petite Sonnerie nur zur vollen Stunde. Diese Läutwerke sind mit zwei verschiedenen Tonfedern ausgerüstet.Die Zeit auf so kleinem Raum und am Handgelenk erklingen zu lassen, ist etwas ganz Besonderes und symbolisiert die hohe Kunst der Uhrmacherei.Fortlaufend aktualisierter Artikel