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Uhren "Made in Glashütte" - was bedeutet die neue Verordnung?

Glashütte: Kaliber
© PR
Mitte Februar hat endlich eine lang ersehnte „Glashütteverordnung“ den Bundesrat passiert. Ab sofort sind damit Uhren aus der sächsischen Kleinstadt im Osterzgebirge mit der Herkunftsangabe „Glashütte“ geschützt. Mit der Verordnung erlangt der Schutz der geographischen Herkunftsbezeichnung „Glashütte“ für Uhren einen Sonderstatus sowohl gegenüber dem EU-Recht als auch gegenüber dem deutschen Markengesetz. Der Schutzstatus ist vergleichbar mit dem Schutz der Schweizer Uhren. Aber während „Swiss Made“ für die gesamte Schweiz gilt, gilt „Glashütte“ nur für den sehr eng begrenzten geografischen Raum der Stadt Glashütte selbst und für die Zulieferung und Veredlung die Ortsteile Bärenstein und Lauenstein der Stadt Altenberg im Freistaat Sachsen sowie für einige Veredlungsschritte die Landeshauptstadt Dresden.
Bei der Glashütte-Verordnung handelt es sich nach „Solingen“ für Messer seit 1938 erst um die zweite geografische Ursprungsbezeichnung, deren Schutz in Deutschland in einer eigenen Verordnung festgelegt ist. Für die Hersteller vor Ort, vor allem aber auch für deren Kunden bietet die neue Verordnung eine rechtliche Grundlage und besseren Schutz.
Das Regelwerk beschreibt das Herkunftsgebiet sowie den Begriff der Uhr, definiert deren Herstellung und ist damit ein Beispiel für den Erfolg traditioneller, aber stetig weiterentwickelter Handwerkskunst. Mehr als zehn Jahre haben die Uhrenhersteller für die Glashütte-Verordnung gekämpft. Alle zuvor gefällten Urteile etablierten die sogenannte Glashütte-Regel nur zwischen verschiedenen Prozessparteien. Das ändert die neue Glashütte-Verordnung im Bundesgesetzblatt grundsätzlich. Ab sofort gelten die Qualitätsanforderungen für die Benutzung der Herkunftsbezeichnung Glashütte für alle Produzenten und Vertreiber von Zeitmessgeräten in Deutschland. Dies wertet das Prestige der Bezeichnung „Glashütte“ erheblich auf.

Was bedeutet die Herkunftsbezeichnung "Glashütte" bei Uhren nun genau?

„Für die Hersteller aus Glashütte ist das ein echter Durchbruch. Der Gesetzgeber erkennt die besondere Qualität der Glashütte-Uhren an. Dieser Ritterschlag für die Uhrenindustrie in Glashütte hebt sie weit über andere Produkte hinaus auf eine Stufe oberhalb von Made in Germany“, erklärt Rechtanwalt Dr. Wolfgang Straub, der den Entstehungsprozess der Verordnung zusammen mit seiner Partnerin Dr. Carola Onken eng begleitet hat. Mit einem Urteil des Landgerichts München I vom 27. Januar 1993 wurde die „Glashütte-Regel“ festgelegt, wonach 50 Prozent der Wertschöpfung aus Glashütte stammen müssen, damit eine Uhr so gekennzeichnet werden darf. Diese Entscheidung legte die Grundlage für die nun beschlossene Verordnung zur Herkunftsbezeichnung Glashütte, nach der1. eine Uhr im Herkunftsgebiet hergestellt ist, wenn in den wesentlichen Herstellungsstufen zusammen mehr als 50 Prozent der Wertschöpfung im Herkunftsgebiet erzielt wurde, und2. die Montage und das Ingangsetzen des Uhrwerks, die Reglage, die Montage des Ziffernblatts, das Setzen der Zeiger und das Einschalen des Uhrwerks vollständig im Gebiet der Stadt Glashütte im Freistaat Sachsen erfolgt sind.
„Im globalen Wettbewerb sind bekannte Markennamen oft das entscheidende Kriterium beim Kauf eines Markenprodukts. Hinzu kommt der Wunsch vieler Verbraucher, regionale Hersteller und traditionelles Handwerk zu fördern. Häufig stehen geografische Angaben zudem für eine besondere Produktqualität. Die Glashütteverordnung sollte anderen Herstellern industrieller Erzeugnisse Mut machen, den Schutz der geografischen Herkunft festzuschreiben und im Markt auch durchzusetzen“, betont Partnerin Dr. Carola Onken von KLAKA Rechtsanwälte, die einen Uhrenhersteller aus Glashütte regelmäßig beim Schutz seiner Markenrechte berät und vertritt.Der Schutz durch die Glashütte-Verordnung gilt für ganz Deutschland. Er wirkt gegen jede unberechtigte Verwendung in Deutschland, also auch gegen missbräuchlich gekennzeichnete Importe und inländische Erzeugnisse, welche die Voraussetzungen von Produktionsort und Wertschöpfung nicht erfüllen. Der Schutz gilt auch, wenn nur ein kleiner Teil der Herstellung in Glashütte stattgefunden haben sollte. Wer gegen die Verordnung verstößt, riskiert Unterlassungsklagen von Konkurrenten (nicht nur aus Glashütte) und Wettbewerbsverbänden.
Wir haben verschiedene Glashütter Uhrenhersteller nach Ihrer Meinung zur neuen Glashütte-Verordnung gefragt und folgende Antworten erhalten:Wempe Glashütte i/SA:
„Wir als familiengeführtes Unternehmen haben die Initiative zum Schutz der geografischen Herkunftsangabe „Glashütte“ von Beginn an befürwortet und Gunter Teuscher, Geschäftsführer Produktion Wempe Glashütte i/SA, hat sich bei der Erarbeitung der Verordnung sehr stark eingebracht. Wir haben großen Wert daraufgelegt, dass die Chronometerprüfung in Glashütte als Element der Wertschöpfung in das neue Regelwerk integriert wird. Wir freuen uns sehr, dass durch die Herkunftsbezeichnung „Glashütte“ unsere Kundinnen und Kunden jetzt die Sicherheit haben, eine Uhr „Made in Glashütte“ gekauft zu haben. Durch die Glashütte-Verordnung werden die Arbeitsplätze in der Uhrenindustrie der gesamten Region gesichert. Sie setzt außerdem ein Zeichen für den Erhalt einer traditionellen Handwerkskunst, die seit 1845 im sächsischen Glashütte angesiedelt ist.“Thilo Mühle, Geschäftsführer Mühle-Glashütte GmbH:
„Endlich ist es soweit. Grundsätzlich gibt es nun eine Verordnung, welche Rechtsicherheit schafft, für alle anwesenden Unternehmen und auch für alle, welche nach Glashütte kommen wollen. Dies ist sehr zu begrüßen, da bis heute ja nur ein Urteil zwischen zwei Parteien als Grundlage gedient hat. Für uns bedeutet dies keine Umstellung, da wir ja schon seit langer Zeit im Sinne der jetzt beschlossenen Verordnung arbeiten. Was ich noch etwas kritisch sehe, ist die Raumschaft. Man nimmt immer das „Swiss Made“ also Grundlage, was die gesamte Schweiz betrifft. In der neuen Verordnung ist die Raumschaft mit Glashütte, Altenberg und einigen Unternehmen in Dresden eingegrenzt worden. Heute sicher ausreichend, aber wie sich die Zulieferindustrie in zehn oder zwanzig Jahren entwickelt, weiß keiner. Mir persönlich ist das zu eng gefasst, was ich bei Beratungen auch immer gesagt habe. Wir haben auch eine Verantwortung für die nächsten Generationen.“Uwe Ahrendt, CEO Nomos Glashütte:
„Die neue Verordnung bedeutet ein Mehr an Prestige für diesen besonderen Ort und sie ist eine Anerkennung für das, was hier seit 1845 geleistet wird. Nomos Glashütte übererfüllt die Bedingungen der Verordnung längst, fertigt alle elf Uhrwerke selbst in eigener Manufaktur vor Ort – mit einer Fertigungstiefe von bis zu 95 ProzentChristine Hutter, CEO und Founder Grossmann Uhren GmbH:
Moritz Grossmann: Christine Hutter © www.photo-krueger.de Tel.+491703110100
„Die Herkunftsbezeichnung Glashütte wirkt als Gütesiegel unter Sammlern und Uhrenkennern weltweit. Wir können uns vorstellen, dass die gesetzliche Normierung auf hohen Zuspruch unter Uhrenfans stößt. Dass diese Regelung nun als Verordnung vom Bundesrat beschlossen wurde, begrüßen wir sehr, da es die Bedeutung des Qualitätssiegels nochmals unterstreicht und verbindlich macht. Nicht zuletzt aufgrund der Tradition von Moritz Grossmann und seiner Bedeutung für die Glashütter Uhrenindustrie haben wir uns bewusst für den Standort Glashütte entschieden. Nicht nur für Glashütte, sondern auch für die Uhrmacherkunst weltweit hat Moritz Grossmann historische Bedeutung. Dass die Herkunftsbezeichnung nun auch vom Bundesrat beschlossen wurde, unterstreicht nochmals die Wertigkeit und die Qualität der in Glashütte und damit auch der bei Moritz Grossmann GmbH gefertigten Uhren. Bei Moritz Grossmann fertigen wir alle unsere Uhrwerke zu 85 Prozent selbst. Hinzu kommt, dass wir eine von wenigen Manufakturen weltweit sind, in der die Zeiger per Hand gefertigt werden. Auf jeder unserer Uhren befindet sich der Schriftzug Glashütte/SA. Wir sind stolz darauf, in Glashütte zu produzieren und möchten, dass dies erkennbar wird.“Wilhelm Schmid, CEO A. Lange & Söhne:
„Wir begrüßen die Verordnung zum Schutz der Herkunftsbezeichnung „Glashütte“ und die in ihr zum Ausdruck gebrachte Würdigung der sächsischen Feinuhrmacherei, die hier seit über 175 Jahren zuhause ist. Die Regelung schafft Rechtssicherheit und setzt ein starkes Signal für die Uhrenstadt und alle Menschen, die sich täglich dafür einsetzen, dass „Made in Glashütte“ ein internationales Qualitätssiegel bleibt.“Die Swatch Group-Marken Glashütte Original und Union Glashütte haben zur Kenntnis gegeben, sich derzeit nicht zur Thematik zu äußern. MaRi

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