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Hands-on: Nomos Glashütte Tangente Update

Nomos Glashütte: Tangente Update Nachtblau am Handgelenk
© NOMOS Glashuette
2018 hat Nomos Glashütte seinen Klassiker Tangente mit einer schlauen Datumsanzeige namens Update ausgestattet. Der Test des brandneuen Modells in Nachtblau zeigt, ob es sich beim hauseigenen Datum um ein bloßes Update oder ein echtes Upgrade handelt.
Früher die Tangente Datum eine Handaufzugsuhr mit Fensterdatum bei der Sechs, unterhalb der kleinen Sekunde. Wer das Datum einstellen wollte, musste mangels einer Schnellschaltung die Zeitanzeige so viele Tage vordrehen, bis die Anzeige im Fenster stimmte. Das war mühselig, selbst wenn man den Trick kannte, die Zeiger immer nur von etwa 21 Uhr über Mitternacht vor- und anschließend wieder zurückzustellen. Diese Uhr gibt es nicht mehr. Sie wurde im Jahr 2018 durch ein Modell mit dem damals neuen Manufaktur-Handaufzugskaliber DUW 4101 ersetzt. Hier sitzt das Datum weiterhin bei sechs Uhr, ist aber größer dargestellt und lässt sich über die Krone vorwärts und rückwärts korrigieren. Ebenfalls 2018 präsentierte Nomos die Tangente Neomatik 41 Update, der nun eine noch elegantere Version mit dunkelblauem Zifferblatt folgt. Sie besitzt ebenfalls das patentierte Nomos-Datum, allerdings in einer ganz anderen Gestaltungsvariante: Es gibt kein Datumsfenster, oder besser gesagt: 31 von ihnen. Jeweils zwei umrahmen den aktuellen Tag auf einer dezenten Skala am Zifferblattrand. Die dahinter liegende Scheibe ist bei der Tangente Neomatik 41 Update Nachtblau neongrün und leuchtet im Dunkeln.
Gelungen: Das neongrüne Datum auf dem eleganten tiefblauen Zifferblatt verleiht der Uhr Frische. © NOMOS Glashuette
Durch diese Konstruktion entfällt das herkömmliche Datumsfenster, das gerade bei flachen, eleganten Uhren doch einen deutlichen Eingriff in die Zifferblattgestaltung darstellt. Sicher: Ein Fensterdatum lässt sich leichter ablesen. Aber das Datum ist schließlich eine zweitrangige Funktion, was die etwas größere Mühe durchaus rechtfertigt. Der Vorteil, dass sich nicht noch ein Datumsfenster unter die kleine Sekunde drängt, überwiegt sicherlich für viele Uhrenfans. Und die Korrekturmöglichkeit in beide Richtungen übertrifft die Funktionalität etablierter Großserienkaliber und der meisten Manufakturwerke.
Transparent: Das Manufakturkwerk tickt hinter einem Saphirglasboden. © NOMOS Glashuette

Flaches Manufakturkaliber

Einen Bruch mit der Tradition hat sich Nomos ebenfalls geleistet: Mit den Uhrwerken der neuen Generation – zu erkennen am Kürzel DUW für „Deutsche Uhrenwerke“ – sind die Mitglieder der Modellfamilie Tangente nicht mehr zwangsläufig Handaufzugsuhren. Das gilt auch für die Testuhr, die vom Automatikkaliber DUW 6101 mit beidseitig aufziehendem Zentralrotor angetrieben wird. Das 35,2 Millimeter große Uhrwerk baut – wie zum Beispiel auch das Eta 2892 – nur 3,6 Millimeter hoch und bietet dennoch diverse technische Finessen wie die patentierte Datumsschaltung, aber auch die stabil unter einer Brücke gelagerte Unruh. Das Schwing- und Hemmungssystem mit temperaturgebläuter Unruhspirale hat Nomos selbst entwickelt und 2014 unter dem Namen „Nomos-Swing-System“ vorgestellt. Zu den weiteren Vorzügen des Manufakturwerks gehören eine Reglage in sechs statt der üblichen fünf Lagen sowie, neben anderen ansprechenden Verzierungen, eine vergoldeter Reliefschriftzug auf der Schwungmasse. Einziges Manko: Die Feinstellung erfolgt bei diesem flachen Werk nicht über eine Stellschraube, sondern etwas unelegant durch direktes Verschieben des Rückers. Was das Gangverhalten angeht, so zeigte sich unsere Testuhr sehr verlässlich: Bei der elektronischen Messung ergab sich ein guter Tagesdurchschnitt von – 0,7 Sekunden, beim mehrwöchigen Tragetest waren es meist null oder +1 Sekunde, wenn man die Uhr rund um die Uhr am Arm behielt. Lag sie nachts und teilweise auch tagsüber flach auf der Kommode, so erhöhte sich der Vorgang auf drei bis vier Sekunden, was immer noch ein sehr guter Wert ist. Abzüge im strengen Chronos-Testschema gab es lediglich für die deutliche Abweichung zwischen den Lagen, die maximal elf Sekunden betrug. Sosehr man sich auch über die geringe tägliche Abweichung freut – die Optik der neuen Modellvariante gefällt noch mehr.
© Nomos Glashütte
Die Kombination aus dunkelblauem Zifferblatt und neongrünen Datumsfeldern scheint gewagt, bietet aber genau das richtige Maß an Frische und Individualität. Der Rest ist wie gewohnt klar gegliedert, die Zeigerlängen gut gewählt und die Proportionen ausgewogen. Dass die Zeiger und Indexe nicht leuchten, hat bei Nomos Tradition und passt zur schlichten, eleganten Tangente – genauso wie die schlanke Form sämtlicher Anzeigen, die die Ablesbarkeit ein wenig einschränken, aber die Herkunft der Marke aus Werkbund und Bauhaus unterstreichen.

Gehäuse und Armband

Auch das geradlinige „topfförmige“ Gehäuse mit seinen dünnen, abgewinkelten Bandanstößen ist von diesen Designschulen inspiriert. Die Bandanstöße sind auf der Unterseite scharfkantig; das merkt man allerdings nicht beim – absolut komfortablen – Tragen der Uhr, sondern lediglich, wenn man den Zeitmesser vom Arm nimmt und mit dem Finger über die Rückseite streicht. Die Edelstahlschale, die vorn und hinten flache Saphirgläser trägt, misst 40,5 Millimeter im Durchmesser und nur 7,8 Millimeter in der Höhe. Ein Widerspruch? Nicht bei Nomos: Die Proportionen stimmen einfach. Beim Armband gab es bereits im Jahr 2015 ein, naja: Update. Hier hat die Marke ihre sehr einfache, grob mit dem Markenschriftzug gestempelte Dornschließe durch eine feinere, sauber polierte „Flügelschließe“ ersetzt. Einen aufwendig aus dem Vollen gefrästen Dorn besaß bereits das Vorgängermodell, aber die Gesamtqualität des Verschlusses ist nun deutlich höher, bis hin zur sehr gleichmäßigen Namensgravur auf dem verbreiterten Bügel.
Aufgewertet. Die sogenannte Flügelschließe ersetzte 2015 die sehr einfache Dornschließe © Nomos Glashütte
Das Armband selbst besteht nach wie vor aus „Horween Genuine Shell Cordovan“-Pferdeleder, besitzt allerdings nicht mehr die einfachen Schnittkanten, sondern das Oberleder wird nun unter das Unterleder gebogen und dann vernäht. Geblieben sind die absichtlich derbe, unregelmäßige Anmutung des Unterleders und leider auch die Anfälligkeit des Oberleders für Kratzer, Abrieb und Knickspuren durch die Schließe. Auch die lose Lederschlaufe zum Einfädeln des überstehenden Bandendes war im Falle der Testuhr auf der Rückseite grob vernäht und verklebt. Diese Dinge fielen uns bei Nomos-Tests immer wieder auf. Dass die Manufaktur dennoch an ihren speziellen Lederbändern festhält, scheint zu bedeuten, dass sie den meisten Uhrenfans gefallen – oder zumindest kein Missfallen erregen. Wir können uns bei einer 3.200-Euro-Uhr nicht so recht damit abfinden. Trotzdem lässt sich die eingangs gestellte Frage „Update oder Upgrade?“ ganz klar mit Letzterem beantworten: Nomos hat durch seine neue Kalibergeneration die Tangente mit Datumsanzeige deutlich verbessert und durch den Verzicht auf ein Datumsfenster auch noch eine harmonischere Zifferblattgestaltung erreicht. Sieg auf ganzer Linie – ein echtes Upgrade.

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