Hands-on: Seiko Prospex 1968 Diver’s Re-creation

Die japanische Retro-Taucheruhr unter der Lupe

1968, drei Jahre nach Erscheinen der ersten Seiko-Taucheruhr (Referenz 6217-88x, wasserdicht bis 150 Meter), schufen die Ingenieure der japanischen Manufaktur eine Taucheruhr mit Schnellschwingerkaliber (Referenz 6159-700x). Dieses Modell mit 300 Metern Wasserdichtheit, einteiligem Gehäuse, verschraubter Krone bei vier Uhr und – ­damals noch beidseitig drehbarer – Lünette war die weltweit erste Taucheruhr, deren ­Sekundenzeiger dank fünf Hertz Unruhfrequenz zehn Schritte in der Sekunde machte.

Seiko: 1968 Automatic Diver’s Re-creation Limited Edition (SLA025)
Seiko: Prospex 1968 Diver’s Re-creation (SLA025)

Zum 50. Geburtstag dieses mechanischen Meilensteins lancierte Seiko im Jahr 2018 eine auf 1.500 Exemplare limitierte Neuauflage namens Prospex 1968 Diver’s Re-creation (Referenz SLA025J1). Das 44,8 Millimeter große und 15,65 Millimeter hohe Edelstahlgehäuse besitzt wie das historische Vorbild polierte Flanken, während die Oberseite der Bandanstöße und der völlig flache Gehäuseboden satiniert sind. Wahrscheinlich werden nicht allen Luxusuhrenliebhabern die nach wie vor durchbohrten Bandanstöße gefallen. Allerdings erleichtern sie einerseits den Bandwechsel und bleiben andererseits aufgrund der oben und unten stark abgeschrägten Gehäuseflanken unsichtbar, solange die Uhr am Handgelenk liegt.

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Das makellose Polieren der Flanken gelingt Seiko durch die sogenannte Zaratsu-Technik, und die auf diese Weise behandelten Flächen härtet die Manufaktur im selbst entwickelten DiaShield-Verfahren. Dieses bringt die Oberfläche laut Seiko auf die doppelte bis dreifache Härte und schützt sie so vor kleineren Kratzern und Korrosion.

Auf der Unterseite der stark abgeschrägten Flanke zeigen sich die durchbohrten Bandanstöße
Auf der Unterseite der stark abgeschrägten Flanken zeigen sich einwandfrei polierte Flächen und durchbohrte Bandanstöße

Zifferblatt und Zeiger sind fast identisch mit dem Original von 1968: Die teils runden, teils eckigen Stundenindexe werden wie die drei Zeiger mit Seikos eigener Leuchtmasse LumiBrite gefüllt und kontrastieren auf diese Weise angenehm mit dem mattschwarzen Zifferblatt. Besonders individuell – aber dabei originalgetreu – gibt sich der Sekundenzeiger mit seinem roten, nicht leuchtenden Punkt neben der nachleuchtenden Spitze. Kurz gesagt: Die Referenz SLA025J1 ist eine detailgetreue Nachbildung des Originalmodells. Wie schon 1968 besitzt sie ein einteiliges Gehäuse und einen flachen Boden, der allerdings heute die individuelle Limitierungsnummer xxxx/1500 trägt.

Zum Vergleich: die Seiko Hi-Beat Diver von 1968
Historischer Vorgänger: die Seiko Hi-Beat Diver von 1968

Mit einem Durchmesser von fast 45 Millimetern und einem Gewicht von 147 Gramm (trotz recht weichen Silikonbands) ist die Uhr am Handgelenk sehr präsent. Wer jedoch große Uhren gewohnt ist, wird das Tragegefühl als angenehm empfinden. Außerdem verspricht das neue Armband eine größere Haltbarkeit als frühere Prospex-Uhrenbänder.

Uhrwerk aus eigener Fertigung

Die Prospex 1968 Diver’s Re-creation erhält ihre Energie vom Manufakturkaliber 8L55. Es wird von Seikos Uhrmachern im Shizuku-ishi Watch Studio im nordjapanischen Morioka montiert, in dem auch die Highend-Produkte der Untermarke Grand Seiko entstehen. Das erklärt die Genese des Kalibers 8L55: Es ist ein Derivat des 2009 eingeführten Grand-Seiko-Kalibers 9S85, wird jedoch anders veredelt und hat deutlich weniger strenge Gangtests zu bestehen.

Zu den technischen Errungenschaften der Manufaktur gehören ein im MEMS-Verfahren (Micro Electro Mechanical Systems) gefertigtes Ankerrad mit Ölreservoirs am Ende jedes Zahns, eine Spiralfeder aus der hauseigenen Metalllegierung Spron 610 sowie eine Zugfeder aus Spron 530. Spron besitzt eine hohe Widerstandskraft gegen Temperaturwechsel, Magnetfelder und Stöße. Laut Seiko ermöglicht Spron 530 sechs Prozent mehr Kraftausbeute und damit fünf Stunden mehr Gangautonomie als die Vorgängerlegierung (55 Stunden beim Kaliber 8L55). Dabei bleibt der Schutz vor Korrosion, Abnutzung und Magnetismus gleich, und das Material liefert das nötige Drehmoment, das für die hohe Schwingfrequenz nötig ist. Spron 610 ist dagegen rund doppelt so stoßfest und mehr als dreimal so widerstandsfähig gegen Magnetfelder wie herkömmliche Spiralfederlegierungen.

Automatisches Manufakturwerk: das Seiko-Kaliber 8L55
Automatisches Manufakturwerk: das Seiko-Kaliber 8L55

Die Gangautonomie von 55 Stunden erreichen die Kaliber 8L55 und 9S85 mit nur ­einem Federhaus. Das ist ein hoher Wert für Schnellschwingerkaliber, deren Unruh um ein Viertel mehr Schwingungen vollzieht als bei herkömmlichen Uhrwerken. Zum Vergleich: Das bewährte Eta-Automatikkaliber 2892 läuft bei einer Schwingfrequenz von vier Hertz 42 Stunden. Seiko reguliert das Kaliber 8L55 zwischen –10 und +15 Sekunden, während der Grand-Seiko-Standard für das 9S85 einen sehr engen Bereich zwischen –2 und +4 Sekunden vorsieht. Die Manufaktur hat zwar die Angewohnheit, ihre eigenen Anforderungen deutlich zu übertreffen, aber in Bezug auf die versprochenen Werte der neuen Taucheruhr finden Mechanikliebhaber in jedem Fall Zeitmesser mit einer höheren Präzision.

Stolzer Preis

Das Schnellschwingerkaliber ist auch der wichtigste Grund für den hohen Verkaufspreis von 5.500 Euro. Eine solche Preisgestaltung funktioniert heute vor allem deshalb, weil Seiko in den letzten Jahren seine Fanbasis vergrößern konnte und es mittlerweile schafft, seine Markenwerte, sein reiches historisches Erbe und seine vielfältigen Manufakturleistungen nicht nur dem japanischen, sondern auch ­einem internationalen Publikum zu erklären.

GPHG 2018: Die Seiko Prospex 1968-Diver's-Re-Creation gewinnt in der Kategorie "Sports Watch"
Getragen wird die Prospex 1968 Diver’s Re-creation an einem stark profilierten Kautschukband

Die Prospex 1968 Diver’s Re-creation ­gehört nicht zu den preiswerten Taucheruhren von Seiko, aber sicherlich zu den begehrtesten in Sachen Gestaltung und Uhrwerk. Konstruktion und Verarbeitung sind hochwertig, und das beliebte Retrodesign macht am Handgelenk von Seiko- und Taucheruhrenfans in jedem Fall Eindruck. Der Preis ist hoch, aber der Erfolg scheint den Japanern Recht zu geben: Bisher waren alle historisch inspirierten Taucheruhren-Sondermodelle schnell ausverkauft.

Text: Roger Rüegger, Übersetzung aus dem Englischen: Alexander Krupp

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Für eine Dreizeiger mit Kautschukband heftiger Preis! Da würde ich dann wohl eher zur neuen Omega Diver 300 greifen!

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  2. Zunächst stimme ich Dennis zu.
    Außerdem stelle ich mir die Frage, warum ein “Hands On” nach einem Jahr, wo doch Seiko so erfolgreich seine hochpreisigen Uhren, auch in Europa verkaufen soll?
    Klar, die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben, aber der Preis ist doch schon sehr abgehoben. Ich glaube auch nicht, dass der Schnellschwinger den Preis ausmacht, gibt es den doch schon zu lange auf dem Markt – auch von Seiko 😉
    Die Gangreserve ist meines Erachtens auch zu gering, 70 Stunden ist heute die neue Messlatte.
    Das Armband zu der Uhr wirkt einfach mickrig und versuchen Sie mal ein passendes Band im Aftermarket zu bekommen, da ist schnell der Spaß vorbei.
    Auch noch eines, es ist m.W.n noch nicht einmal ein Kautschukband, sondern ein Silikon Band!

    Grüße

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  3. Hallo Herr Ruegger,
    ein “Hands On” mit sehr viel Detailinformationen. Wenn ich mich recht erinnere gab es den ersten Schnellschwinger von Seiko 1967, zuvor war GP schneller 😉
    Auch wäre ergänzend zu erwähnen, dass die Uhr amagnetisch ist, bis 16.000 A/m – so jedenfalls Seiko.

    Ich gebe meinem Vorredner recht. Sollte man es doch in über 50 Jahren geschafft haben, das Werk ohne Probleme zu einem kostengünstigen Preis herzustellen. Zumal u.a. Finissierung und Reglage entsprechend den GS Vorgaben entfallen.
    Natürlich ist das Werk in der Lage die gleiche Leistung im Gangverhalten zu leisten, wie das Schwester Kaliber, nur dazu muss man es nochmals regulieren lassen.
    Was die Verfügbarkeit anbelangt, so können Sie heute noch, 1 Jahr nach Verkaufsstart, die Uhr problemlos im Handel erwerben, teils mit guten Nachlässen.
    Ich denke, Seiko versucht über die LE sich in einem höheren Preissegment zu etablieren- das klappt meiner Meinung nach nur schleppend, ist aber auch abhängig vom Model.
    Aus der Praxis kann ich sagen, dass es leider kein Stahlband für diese Uhr von Seiko gibt und das Silikon Band nur schwer überzeugt. Passt es doch von der Dimension nicht zum massiven Erscheinungsbild des Gehäuses. Auch sollte dem Käufer der Uhr klar sein, dass wenn es zur Revision kommt, ein Zugang zum Werk nur von Oben möglich ist, auch zur Reglage.
    Auch die Beschichtung verhindert ein Aufarbeiten des Gehäuses – einmal Macke, immer Macke.
    Oder Gehäusetausch in Japan.
    Noch ein Wort zur Geschichte. Seiko ist sicherlich ein leistungsfähiges und geschichtsträchtiges Unternehmen.
    Es wäre aber auch schön, Uhren aus dem Hause Seiko zu sehen, die nicht, wie woanders auch, gerade auf der “Reissue Welle” reiten, sondern mit Kreativität und Innovation überzeugen würden.

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  4. Herzlichen Dank für das Feedback. Ich denke, gerade weil die Uhr weiterhin verfügbar ist, macht es durchaus Sinn, den aus dem Englischen übersetzten Artikel zu veröffentlichen. Offiziell vorgestellt wurde die SLA025 ja erstmals an der Baselworld 2018 (22. bis 27. März 2018), die ersten Stücke gelangten im Sommer in den Handel (nicht jeder Hersteller produziert gleich die gesamte Auflage in einem Durchgang, manchmal wird das aufgeteilt).
    Herzliche Grüsse
    rr

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  5. Vielen Dank für das ausführliche Feedback. Das GP-Werk von 1966 ist mir bekannt, mir ist aber keine Taucheruhr bekannt, die vor 1968 mit einem High-Beat Werk ausgestattet wurde. Zur Wahl von den eher moderneren Uhren für Tests: Meine Kollegen in Deutschland haben m.W. bspw. die Samurai und eine PADI-Edition kürzlich getestet, diese Artikel müssten über die Suchfunktion zu finden sein.
    Herzliche Grüsse
    rr

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