Hands-on: Sinn EZM 1.1
Wie gut ist der Einsatzzeitmesser EZM 1.1 von Sinn?
Die Einsatzzeitmesser (EZM) von Sinn Spezialuhren sind für professioneller Anwender konzipiert. In Zusammenarbeit mit ihnen entwickelt Sinn diese Uhren für die Bedingungen, die in den Einsätzen von Piloten, Tauchern, Feuerwehrleuten, Spezialeinheiten von Polizei und Marine herrschen.

Im Herbst 2017 legte Sinn seinen ersten Einsatzzeitmesser neu auf, der EZM 1 von 1997 kehrte als EZM 1.1 in einer auf 500 Exemplare limitierten Auflage zurück. Da juckt es im Handgelenk: Diese Uhr muss man einfach anfassen, tragen und in ihrem Dienst beobachten – auch wenn der ganz normaler Alltag ist und nicht der Einsatz bei der Zentralen Unterstützungsgruppe Zoll (ZUZ), für die der EZM 1 konzipiert wurde.
Dieses Hands-on beinhaltet:
- Wie gut lässt sich der Sinn EZM 1.1 stellen und bedienen?
- Maße und Gewicht
- Welchen Komfort kann ein Einsatzzeitmesser bieten?
- Alles klar? Die Ablesbarkeit
- Der Chronograph im Einsatz
- Fazit
- Sinn EZM 1.1 – Daten auf einen Blick
Hohe Verantwortung, bestes Material: Die Messlatte liegt hoch
Dort steht der EZM dem Zoll in brenzligen Situationen zur Seite: “Immer dann, wenn eine Gefahr für Leib und Leben der eingesetzten Zollbeamten besteht, wird die Spezialeinheit der Zollverwaltung eingesetzt. Als Einsatzbeamter am Standort Köln sorgst du bundesweit für den Schutz deiner Kolleginnen und Kollegen bei Einsatzmaßnahmen”, beschreibt die Generalzolldirektion die Anforderungen an Bewerber.

Und weiter: “Als speziell ausgebildeter Beamter stellst du nicht nur dein Wissen über taktische Verfahrensweisen bereit, sondern verfügst auch über modernste Spezial- und Schutzausstattung, Waffen und Einsatzfahrzeuge.”
Die Messlatte für den EZM 1.1 liegt also hoch. Jetzt zeigt es sich, wie gut die Uhr ihren Job erledigt.
Wie gut lässt sich der Sinn EZM 1.1 stellen und bedienen?
Der ersten Herausforderung begegnet der EZM 1.1 souverän und mit Bordmitteln: Das Kautschukband ans Handgelenk anzupassen, ist mit dem mitgelieferten Werkzeug plus Schere kein Problem. Beim Aufziehen der Uhr liegt die Krone griffig in den Fingern, beim Verschrauben danach hakelt sie allerdings. Eine Sache des Trainings? Möglich. Der Punkt bleibt jedenfalls unter Beobachtung.

Erstmal geht es ans Stellen der Zeit: Einsteiger wird irritierten, dass es keinen Sekundenzeiger gibt. Und die Markierung für die 59. bis erste Minute geht in einem Doppelindex auf – passt das zu einem Einsatzgebiet mit hoher Verantwortung, in dem auf Mensch und Material jederzeit Verlass sein muss?
Die Datumsanzeige im Fenster schaltet jedenfalls sauber, und die Schnellverstellung über die Krone fühlt sich gut an. Das gilt auch für die Chronographen-Drücker: Sie mögen den kräftigen Push und rasten hör- und spürbar.
Maße und Gewicht
Am Arm ist der EZM 1.1 schlicht präsent. Dafür sorgt neben seinen – markanten, aber nicht übertriebenen – Maßen von 43 Millimetern im Durchmesser und 16,4 Milllimetern in der Höhe das satte Gewicht: 123 Gramm am Leder- und 163 Gramm am Kautschukband. Behindert er damit nicht im Einsatz?
Welchen Komfort kann ein Einsatzzeitmesser bieten?
Nein. Der EZM 1.1 trägt sich an beiden Bändern bequem, und das, obwohl ihm das Kautschukband außer Gewicht auch Volumen gibt. Dafür sorgt das Gehäuse: Seine abgerundeten Formen und der Aufbau mit Krone und Drückern links sorgen dafür, dass nichts in den Handrücken drückt und man in der Eile nirgends hängenbleibt.

Dank gewölbtem Boden und nach unten, in Richtung Arm gezogenen Bandanstößen liegt das Gehäuse gut an. Kommt es doch zu handfestem Kontakt, greift die Sinn-eigene Technologie: Die Edelstahloberfläche ist tegimentiert (gehärtet) und so vor Kratzern geschützt.
Alles klar? Die Ablesbarkeit des Sinn EZM 1.1
Den Tag über zeigt sich, dass Sinn beim EZM-Konzept großen Wert auf die Ablesbarkeit legt: Gehäuse und Glas erweisen sich als erfreulich wenig anfällig für Reflexionen. Auf dem Zifferblatt sind das Datum, Logo und das Symbol für die Ar-Trockenhaltetechnik rot. Der dunklere Farbton nimmt sie optisch zurück, sodass sie nicht von den weißen Zeitanzeigen ablenken. Zu dieser Klarheit steht der Doppelindex für die 59. und erste Minute – wie gesagt – auf den ersten Blick im Widerspruch. Aber, und das ist kein Versuch, etwas schönzureden, hier hilft tatsächlich die Übung. Das Auge gewöhnt sich daran, die linke Kante des Doppelindexes als 59. Minute, die rechte Kante als erste Minute und den Zwischenraum als volle Stunde zu lesen. Zudem bietet der Marker bei der Zwölf Orientierung, wenn nur Zeit für einen schnellen Blick ist. Der fehlende Sekundenzeiger fällt nicht ins Gewicht, weil man sich im Alltag kaum daran orientiert. Kommt es doch auf die Sekunde an, ist es meist eh ein Fall für den Chronographen.
Der Chronograph im Einsatz
Aber Achtung, der Chronograph sorgt im Einsatz für eine Überraschung: Seine Drücker sind durch die Positionierung links auch im Verhältnis zueinander umgekehrt angeordnet, als man das gewohnt ist. Start/Stopp steht hier unten, die Nullstellung oben. Das ist dem Tragekomfort geschuldet, für den das gedrehte Werk wurde, damit Krone und Drücker links stehen können. Auch hier braucht es etwas Übung, um die Uhr unter Ablenkung oder Eile fehlerlos bedienen zu können. Zeitspannen bis zu einer Stunde kann man mit der gegen den Uhrzeigersinn skalierten Drehlünette als Countdown messen.

Ist der Chronograph gestartet, gehört das Feld dem Stoppvorgang. Denn der schmale Sekundenzeiger und der Minutenzeiger mit der Pfeilspitze zeigen die gestoppte Zeit im Zentrum an. Für diese maximale Ablesbarkeit hat Sinn eigens das Automatikwerk Eta-Valjoux 7750 umgebaut, weil das Lemania 5100 vom Vorgänger EZM 1 nicht mehr zu bekommen ist.
Fazit: So gut ist der Sinn EZM 1.1
Also bietet Sinn mit dem EZM 1.1 einen Valjoux-Chronographen für knapp unter 5.000 Euro. Ist das ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis? Ohne Modifizierung wird es natürlich deutlich günstiger, dann sind die Chronographen unter 2.000 Euro zu haben, auch von Sinn. Dafür muss man dann aber auch auf die limitierte Auflage, das Saphirglas und die Temperaturresistenz-Technologie verzichten. Sie garantiert das Funktionieren des EZM 1.1 bei Temperaturen zwischen minus 45 und plus 80 Grad Celsius. Solche Extrembedingungen, bei denen die Uhr über der Kleidung getragen wird, kommen natürlich nicht im Alltag vor, trotzdem kann die Sicherheit beruhigend sein.

Klar für den EZM 1.1 spricht der hohe Trage- und Bedienkomfort von Gehäuse, Band und Drückern. Der einzige Abstrich ist hier die hakelige Krone: Das Verschrauben bleibt eine nervige Angelegenheit, kommt aber, wenn die Uhr normal getragen wird, nur noch selten vor.
Auch das Ablesen von Uhrzeit und gestoppter Zeit geht nach etwas Eingewöhnung schnell und genau. Dazu tragen auch die sorgfältige Verarbeitung und Gestaltung der Uhr bei, die Reflexionen vermeiden und die Zifferblatt-Elemente benutzerfreundlich priorisieren.
Als Extra bietet das Zifferblatt neben Klarheit auch Understatement: Nur wer sich etwas auskennt, weiß, dass dahinter ein Chronograph steckt, dessen Werk nicht von der Stange kommt.
Mit dem EZM 1.1 bietet Sinn in der Nachfolge des EZM 1 eine Uhr für besondere Einsätze oder Ansprüche. Sie ist durchdacht und hochwertig gemacht, was sich im Preis niederschlägt. Wer allerdings entsprechende Anforderungen stellt, bekommt mit dem EZM 1.1 einen adäquaten Zeitmesser für sein Geld. Direkt bei Sinn ist er übrigens nicht mehr zu haben, bei den Partnern der Marke kann man ihn aber noch bestellen. gb
Die Daten des Sinn EZM 1.1 auf einen Blick:
- Gehäuse: Edelstahl, Tegiment-Härtung
- Saphirglas oben
- verschraubter Boden
- Ar-Trockenhaltetechnik: erhöhte Funktions- und Beschlagsicherheit
- Temperaturresistenz-Technologie: funktionssicher von minus 45°C bis plus 80°C
- Durchmesser: 43 Millimeter
- Höhe: 16,4 Millimeter
- Gewicht: 123 Gramm mit Leder-, 163 Gramm mit Kautschukband
- wasserdicht bis 20 Bar
- Uhrwerk: Eta-Valjoux 7750, Automatik
- Sinn-eigener Umbau auf zentrale Anzeige von Chronographensekunde und -minute (SZ01)
- Auflage: 500 Exemplare
- Preis mit Leder- und Silikonband: 4.850 Euro

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Auch ich konnte nicht widerstehen und habe einen EZM 1.1 “ergattert”. Die bisherigen Erfahrungen?: Die Dornschließe des Lederbandes mit einfachem Drahtdorn schlackerte doch ziemlich. Ein dickerer Federsteg von Seiko-Divern verbesserte den Halt deutlich. Das optische und das Massen-Verhältnis zwischen Faltschließe am Silikonband und dem Uhrgehäuse ist eher überproportioniert. Optisch macht da die optional erhältliche Schmetterlingsfaltschließe mehr Sinn. Kratzbeständigkeit und Ablesbarkeit sind perfekt, ungewohnt immer wieder der Blick auf die Uhr und die scheinbar fehlenden Drücker und Krone 🙂 Interessant wäre eigentlich mal ein intimerer Blick auf die Werkkonstruktion und evtl. auch mal ein Vergleich mit anderen “Anbietern” von Lemania 5100 – Nachfolgern (Tutima, Damasko etc.) Die Sinn-Lösung ist ja wohl ein modularer Aufbau, Tutima hat alles ins Werk integriert? Spannende Fragen ! Das Preis-Leistungs-Verhältnis geht für mich gerade noch so in Ordnung, bekommt man doch für das gleiche Geld auch den “großen Bruder” EZM 10. Und japanische Anbieter wollen jetzt schon 8.000 USD für das Modell EZM 1.1. Also habe ich wohl alles richtig gemacht.
P.S.: ein ganz großes Lob an die tollen und engagierten Service-Leute von Sinn! Schnell, freundlich und unkompliziert !