Hands-on: Tudor Heritage Black Bay S&G

Ist sie die derzeit coolste Bicolor-Uhr?

„Bicolor-Uhren sind sowas von Achtziger.“ Könnte dieser Satz von Ihnen stammen? In den letzten Jahrzehnten setzten Uhren, die Gold und Edelstahl kombinierten, ordentlich Staub an. Sie wirkten altbacken und old-fashioned. Warum eigentlich? Die Frage ist berechtigt, zieht uns der Retro-Trend bei Uhren doch bereits seit mindestens drei Jahren in seinen Bann. Vielleicht liegt es daran, dass die Materialkombination bei den meisten Marken nach einem Produkt aus dem Kaugummiautomaten aussieht.

Tudor Heritage Black Bay S&G
Tudor Heritage Black Bay S&G

Als ich die Heritage Black Bay S&G während der Baselworld 2017 das erste Mal in den Händen hielt, beschlich mich sofort das Gefühl, dass Tudor mit diesem Modell die Bicolor-Uhr von ihrem angestaubten Image befreien kann. So bestellte ich das Modell für einen Tragetest in die Watchtime.net-Redaktion. Ob sich mein Bauchgefühl bestätigt hat, lesen Sie hier.

Anzeige

Die Design-Ursprünge der Tudor Heritage Black Bay S&G

Die Heritage Black Bay S&G ist Teil der Taucheruhrenkollektion der Marke. Seit über 60 Jahren stellt Tudor Uhren dieser Kategorie her, beginnend mit der Vorstellung der Tudor Submariner Referenz 7922 im Jahr 1954.

Tudor: Oyster Prince Submariner Referenz 7922 von 1954, Foto: Tudor
Tudor Oyster Prince Submariner Referenz 7922 von 1954, Foto: Tudor

Auch bei seinem Bicolor-Modell lehnt sich Tudor an ausgewählte Design-Merkmale verschiedener Generationen seiner Taucheruhr an. So sind das Deckglas und das mattschwarze Zifferblatt der Heritage Black Bay S&G wie bei der ersten Taucheruhr gewölbt. Das sorgt für einen Lupeneffekt, der die Ablesbarkeit noch erhöht. Im Unterschied zu den frühen Taucheruhren der Marke mit Deckgläsern aus Plexiglas setzt Tudor bei der Heritage Black Bay S&G natürlich ein kratzfestes Saphirglas ein. Die große und besonders griffige Aufzugskrone, die unter Tudor-Fans als „Big Crown“ bekannt ist, kam erstmals 1958 in der Referenz 7924 zum Einsatz.

Aufzugskrone der Tudor Heritage Black Bay S&G
Die Aufzugskrone der Heritage Black Bay S&G wird auch als “Big Crown” bezeichnet

Ab 1969 zeigte die zweite Generation der Tudor-Taucheruhren die Zifferblattgestaltung, die auch die Heritage Black Bay S&G so unverwechselbar und charakterstark macht: Die markanten balkenförmigen Stundenindexe und die sogenannten „Snowflake“-Zeiger bieten viel Fläche für viel Leuchtmasse, die die Uhr im Dunkeln extrem gut ablesbar macht. Aber auch am Tag reicht ein flüchtiger Blick aufs Handgelenk, um zu wissen, wie spät es ist.

Die Nachtablesbarkeit der Tudor Heritage Black Bay S&G
Die Heritage Black Bay S&G ist im Dunkeln sehr gut ablesbar.

Das Zifferblatt der Tudor Heritage Black Bay S&G

Das Zifferblatt zeigt viele Details, die entscheidend dazu beitragen, dass der Bicolor-Look der Uhr so gut funktioniert. Zum einen wäre da der mattschwarze Zifferblattgrund – nicht glänzend, einfach nur mattschwarz. Im Kontrast dazu stehen die goldenen Details, die für das richtige Maß an Eleganz sorgen. Die Minuterie, das Tudor-Logo sowie die Fassungen für Zeiger und Indexe greifen die Goldakzente von Lünette, Krone und Armband auf und sorgen für ein stimmiges Gesamtbild.

Das Zifferblatt der Tudor Heritage Black Bay S&G
Das mattschwarze Zifferblatt mit seinen goldfarbenen Akzenten ergibt ein stimmiges Gesamtbild.

Dabei stellt sich mir jedoch automatisch die Frage: Warum musste Tudor bei der Heritage Black Bay S&G unbedingt noch ein Datum „unterbringen“? Die Datumsanzeige ist eine meiner liebsten Zusatzfunktionen und ich nutze sie tatsächlich, aber die weiße Datumsscheibe stört das sonst so stimmige Zifferblatt – wie ein unerwünschter Besucher, der nicht auf der Gästeliste steht. Wenn schon eine Datumsanzeige, dann muss die Liebe zum Detail sich auch bei dessen Gestaltung fortsetzen. Das würde natürlich geringfügig höhere Kosten in der Produktion verursachen – Mehrkosten, die sich lohnen würden.

Das Gehäuse der Tudor Heritage Black Bay S&G

Das Kürzel S&G im Modellnamen der Tudor-Uhr steht für „Steel and Gold“. Zum richtigen Bicolor-Look gehört neben dem warmen Ton des Gelbgolds der Kontrast mit der kühlen Optik des Edelstahls, der beim 41 Millimeter großen Gehäuse der Heritage Black Bay S&G zum Einsatz kommt. Für eine ebenfalls matte Optik satiniert Tudor das Material; die Gehäuseflanken sind poliert. So erhält das Gehäuse sein klares Profil. Die Größe ist ideal für viele Herrenhandgelenke – auch für das von Ex-Fußballstar David Beckham, der das Werbegesicht der Heritage Black Bay S&G ist.

Das Gehäuse der Tudor Heritage Black Bay S&G misst 41 Millimeter im Durchmesser.
Die Gehäuseflanke der Tudor Heritage Black Bay S&G ist poliert.

Die Armbänder der Tudor Heritage Black Bay S&G – jedes Mal anders

Perfekt in das Gehäuse ist das Metallarmband integriert. Seine mittleren Glieder bestehen aus Edelstahl und sind mit 18-karätigem Gelbgold vergoldet. Sie greifen die matte Optik von Zifferblatt und Gehäuse wieder auf. Die Heritage Black Bay S&G mit Metallband kostet 4.650 Euro. Das Design des Gliederarmbands knüpft an Tudor-Metallbänder aus den 1950er- und 1960er-Jahren an, die vernietet statt verschraubt waren und an der Seite die Nietköpfe zeigten. Auch das Bicolor-Band der Heritage Black Bay S&G zeigt dieses Gestaltungsmerkmal. Wer das Metallband kürzen will, sollte wissen, dass die letzten Glieder mit Schrauben gesichert sind. Trotz der Retro-Optik verzichtet Tudor nicht auf moderne Fertigungsmethoden. So befinden sich an der Falt- und Sicherheitsschließe kleine Keramikkugeln, die für einen geringeren Verschleiß sorgen. Es erübrigt sich fast, die hohe Verarbeitungsqualität des Metallbands zu erwähnen: keine scharfen Kanten und eine perfekte Finissierung der einzelnen Glieder sorgen nicht nur für ein angenehmes Tragegefühl, sondern auch für den richtigen Look.

Sehen Sie in der Galerie alle Details zu den verschiedenen Bändern der Heritage Black Bay S&G

Die Heritage Black Bay S&G gibt es mit einem Metall- oder Lederband. Zusätzlich erhält der Käufer ein Textilband mit Dornschließe.
Am Metallband getragen, kommt der Bicolor-Look richtig zur Geltung.
Die Nietköpfe erinnern an frühere Metallbänder von Tudor
Die Keramikkugeln an Metall- und Lederband schützen vor Verschleiß.
Die Heritage Black Bay S&G mit Lederband in Vintage-Optik.
Das Lederband wird mit einer Faltschließe am Handgelenk getragen.
Mit dem Textilband ist der Bicolor-Look der Heritage Black Bay S&G dezenter.
Das Textilband der Heritage Black Bay S&G ist dünn und trotzdem robust.
Das Textilband der Heritage Black Bay S&G wird von einer Dornschließe gehalten.

Doch eines muss klar sein: Trotz ihrer Wasserdichtheit von 200 Metern ist diese Uhr nicht für den Besuch am Baggersee gedacht. Gold ist ein weiches Material, das verkratzen kann. Wer seine Uhr also nicht mit der nötigen Fürsorge trägt, sollte lieber zum ebenfalls erhältlichen Lederband mit Faltschließe greifen. Dieses wirkt als habe es schon ein paar Jahre auf dem Buckel und passt damit zum Retro-Look der Heritage Black Bay S&G. Es eignet sich besonders für diejenigen, die sich erst einmal vorsichtig an das Thema Bicolor heranwagen wollen. Natürlich schlägt sich die Ledervariante auch im Preis nieder. Mit 3.530 Euro ist diese Version 1.120 Euro günstiger als die Variante mit Metallarmband. Doch mir persönlich ist diese Variante zu dezent. Wer sich für die Bicolor-Uhr entscheidet, der sollte es „durchziehen“ und keine Scheu haben, die Version mit Metallarmband zu wählen. Auch, weil das Tragegefühl des Lederbands weniger komfortabel ist – die Faltschließe trägt im Vergleich zum Band stärker auf, eine Variante mit Dornschließe wäre hier empfehlenswert. Egal, ob Sie sich für das Metall- oder Lederband entscheiden, beiden Versionen liegt ein zusätzliches Textilarmband bei. Dieses ist so dünn und leicht, dass man zunächst glaubt, Uhr und Armband könnten nicht zusammenpassen. Doch ist das Textilband mit Dornschließe erst einmal montiert, stellt sich auch hier sofort ein angenehmes Tragefühl ein. Wenn Sie wirklich die Wirkung der Heritage Black Bay S&G verändern wollen, entscheiden Sie sich für das Metallarmband. So können Sie von der wirkungsstarken Kombination aus Gold und Edelstahl mit dem Textilarmband zu einer zurückhaltenderen Optik wechseln.

Das Uhrwerk der Tudor Heritage Black Bay S&G

Mit ihrem auffälligen Design werden die inneren Werte der Heritage Black Bay S&G fast zur Nebensache. Aber nur fast, denn die Bicolor-Uhr ist mit dem Manufakturuhrwerk Kaliber MT5612 ausgestattet, dessen Basis Tudor seit 2015 verwendet und Stück für Stück mit weiteren Zusatzfunktionen ausgestattet hat. 2017 führte die Marke mit der Heritage Black Bay S&G und der Heritage Black Bay Steel (hier lesen Sie im Hands-on, wie sich dieses Modell schlägt) ein Datum in die Black-Bay-Linie ein. Dass sich dies ohne langes Drehen an der Krone verstellen lässt, dafür sorgt die heute selbstverständliche Datumsschnellkorrektur.

Tudor Manufakturkaliber MT5612
Das automatische Manufakturkaliber MT5612.

Für ein sekundengenaues Einstellen der Uhrzeit verfügt das Uhrwerk über einen ebenfalls zeitgemäßen Sekundenstopp, der greift, sobald die Krone gezogen ist. Die Schwungmasse zieht die Feder in beide Drehrichtungen auf, so dass sie bis zu 70 Stunden Energie liefert. Die amagnetische Siliziumspirale schwingt mit einer Frequenz von 28.800 Halbschwingungen pro Stunde (4 Hertz). Ihre Ganggenauigkeit bestätigt ein Chronometerzertifikat der offiziellen Schweizer Prüfstelle COSC. Bei den Tudor-Uhrwerken steht nicht die feine Finissage mit Perlage oder Genfer Streifen im Fokus; vielmehr geht es darum, robuste mechanische Uhrwerke einzusetzen. Diese Philosophie kommt nicht von ungefähr: Auch die Konzernschwester Rolex folgt diesem Prinzip.

Der Goldfaktor der Tudor Heritage Black Bay S&G

Der Mix aus Edelstahl- und Goldanteilen wirkt ausgewogen, speziell in Kombination mit dem Metallarmband. Besonders erwähnenswert ist der Farbton des Edelmetalls. Das Gelbgold erscheint dunkler als gängige Gelbgoldtöne, fast bronzefarben, und sticht nicht so unbarmherzig ins Auge – vielleicht ein Grund, warum diese Uhr uns nicht verschreckt an den Modegeschmack der Achtziger Jahre erinnert.

Tudor Heritage Black Bay S&G am Handgelenk
Der Goldton der Tudor Heritage Black Bay S&G macht die Uhr so attraktiv.

Fazit – Pros und Kontras der Tudor Heritage Black Bay S&G

Mein Bauchgefühl hat sich bestätigt: Dieses Modell ist die derzeit coolste Bicolor-Uhr auf dem Markt. Einziger Wermutstropfen ist in optischer Hinsicht die Anzeige für das Datum. Die Pros und Kontras im Überblick:

Pro:

  • Optik
    Stimmige Kombination von Edelstahl und Gelbgold,
    Ablesbarkeit und
    Kombinationsmöglichkeiten dank verschiedener Bänder
  • Uhrwerk
    COSC-zertifiziertes Manufakturkaliber mit 70 Stunden Gangreserve
  • Bedienbarkeit
    griffige Aufzugskrone,
    Sekundenstopp und
    Datumsschnellverstellung
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
    Für 4.650 Euro gibt es eine Manufakturuhr mit vergoldeten Bandgliedern

Kontra:

  • spiegelndes Saphirglas
  • Gestaltung der Datumsanzeige

[4431]

Produkt: UHREN-MAGAZIN 6/2019
UHREN-MAGAZIN 6/2019
TUDOR: Das erfolgsgeheimnis der Rolex-Tochter +++ CERTINA: Neue Standards beim Magnetschutz +++ TEST: Tissot - Die Seastar mit Powermatic-80-Kaliber +++ SHOPPING-GUIDE: Die besten Juweliere

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Habe mit Interesse den Bericht gelesen. Eine Frage bleibt: warum geben Sie sich so viel Mühe, den Bericht mit unverständlichen denglischen Begriffen zu verunstalten und damit zu verschlimm-bessern?
    Sie formulieren: “… hier lesen Sie im Hands-on, wie …”.
    Nicht einmal im Internet-Wörterbuch findet man einen sinnvolle Übersetzung hierfür.
    Die deutsche Sprache hat auch dafür gut und allgemein verständliche Begriffe.
    Stattdessen könnte es doch so schön lauten: Erfahrungsbericht, Testbericht, Test usw.
    Freundliche Grüße
    DGS

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. Das Datum ist echt der Supergau. Schade um das schöne Zifferblatt. Wenn dann hätte man eine schwarze Scheibe mit weissen Ziffern wählen sollen. Ohne Datum oder mit schwarzer Scheibe hätte ich die Uhr schon lange gekauft.
    Leider kann man Tudor, wie auch Rolex, nicht kontaktieren. Sie wünschen wohl keine Kommentare oder Anregungen.
    Na ja, die wissen ja wenn ich’s nicht kaufe macht’s eben ein anderer. Schade.

    Auf diesen Kommentar antworten
  3. Tudor, die “Rolex” für Arme ;-). Wussten Sie, dass auch Uhren von Blancpain, z.B. die fiftyfathoms kein entspiegeltes Glas hat, was glauben Sie welchen Sinn das wohl hat?!
    Zur Optik, wenn man eine Marke sucht deren Zifferblatt nach 200€ Uhr aussieht, dann ist man bei Tudor richtig!
    Beim nächsten Besuch beim Konzessionär mal um die Lupe bitten!

    Auf diesen Kommentar antworten
  4. Die Aussage “Tudor, die Rolex für Arme” kann schlichtweg nur von einem Schwachkopf stammen. Ich habe vieles gehört… “Die Rolex für junge”, “Die Rolex für Einsteiger”, usw. Die erste Behauptung dagegen ist einfach nur dumm!

    Gruss, ein Rolexträger (Daytona).

    Auf diesen Kommentar antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte Sie auch interessieren