IWC: Ingenieur
Die Ingenieur von IWC ist begehrt unter den technikbegeisterten Uhrenfans. Wenn Sie planen, sich eine Ingenieur zu kaufen, dann sollten Sie die aktuellen Modelle und die Geschichte der Uhr kennen. Doch so wie die Uhr heute aussieht, gibt es sie erst seit 1975. Ihre Geburtsstunde war jedoch bereits 20 Jahre zuvor: Die Ingenieur gehörte bereits Ende 1954 zur Modellpalette bei IWC. Das einzig spannende an der Uhr damals verbarg sich jedoch in ihrem Innern: den von Albert Pellaton entwickelten Klinkenaufzug. Zudem zeichnete sie sich durch ihren hohen Anspruch an Wasserdichte, Magnetfeldschutz und Gangpräzision aus. Mitte der 1970er-Jahre legte dann Gérald Genta Hand an und verpasste der Ingenieur ihr ikonenhaftes Gehäuse.

Die Geschichte der IWC Ingenieur beginnt in den 1950er-Jahren
1954/55 kommt die Ingenieur in zwei Varianten auf den Markt. Die Referenz 666 A zeigt Stunde, Minute und Zentralsekunde, die 666 AD fügt dem ein Fensterdatum hinzu. Das automatische Kaliber 852 der 666 A und das Schwesterkaliber 8521 der 666 AD sind Werke eines gewissen Albert Pellaton, des seit 1944 bei der IWC tätigen Technischen Direktors. Ausgestattet mit dem Pellaton-Aufzug, einem patentierten Aufzugssystem, das Pellaton entwickelte, stecken die Kaliber der ersten Ingenieur-Uhren unter einem Weicheisenmantel, der der Magnetfelabschirmung dienen soll. So wird ein Magnetfeldschutz bis 80.000 Ampere pro Meter (A/m) magnetischer Feldstärke erzielt. Damit erreichte die Ingenieur mehr als das 16-fache der Resistenz, die die Schweizer Norm für antimagnetische Uhren forderte. Darüber hinaus war die Ingenieur bis zehn Bar wasserdicht und dank Leuchtmasse auf Stundenmarkierungen und Zeigern nachtablesbar – unter den Uhren der 1950er-Jahre eine Seltenheit.

Man bekommt die Ingenieur nicht nur in Edelstahl mit Stahlband, sondern auch in Gold mit Lederband. Die Preise: 1957 kostete eine Stahl-Ingenieur als Automatikuhr mit Datum 520 Deutsche Mark, eine massive Golduhr (18 Karat) 1.330 Deutsche Mark. Als Seltenheit gelten die Uhren mit Gehäusen aus 14-karätigem Gold und Edelstahlboden – sie kosteten 770 Deutsche Mark, ein vertretbarer Aufpreis zum reinen Stahl. Heute werden die Modelle je nach Zustand und Gehäusematerial zwischen 4.000 und bis zu 8.000 Euro gehandelt.
Gérald Genta entwickelt die IWC Ingenieur “Jumbo”
Mitte der 1970er-Jahre beginnt die Ingenieur ein neues Leben: Gérald Genta, Anfang des Jahrzehnts Schöpfer der Audemars Piguet Royal Oak, überführt die Uhr in die Form, die bis heute am deutlichsten für die Ingenieur steht. Ihr mehrteiliges Gehäuse nimmt eine Tonneau-Form an und bleibt dennoch rund. Die Lünette mit den charakteristischen fünf Vertiefungen für das Öffnungswerkzeug umschließt ein Zifferblatt, das fortan die so genannte Millimeterpapier-Struktur trägt. Typisch für das Design von Gérald Genta verfügte auch sie über ein integriertes Band, das sich zu einer optischen Einheit mit dem Gehäuse fügt. Mit ihrer Größe von knapp 40 Millimetern fiel die IWC Ingenieur für damalige Verhältnisse groß aus – bis heute trägt das erste Modell in der neuen Formensprache daher den Beinamen “Jumbo”. Die Energie lieferte in der Automatikversion das Kaliber 8541B, doch die neue Ingenieur ist beispielsweise als Referenz 3003 auch mit Quarzwerk zu haben.

Noch immer wurde das Uhrwerk von einem Käfig aus Weicheisen umschlossen, der Magnetismus bis 80.000 A/m vom Kaliber 8541ES fernhielt. Doch mitten in der Quarzkrise der Uhrenindustrie liefen die Verkäufe schlecht – nur knapp 1.000 Stück produzierte IWC von der ersten Ingenieur im Genta-Design. Heute erreicht die Uhr je nach Zustand Preise von bis zu 10.000 Euro – und zählt auch dank der kleinen Auflage zu den seltensten Modellen der Uhrengeschichte. Die damaligen Einstiegspreise lagen deutlich darunter: Für 2.800 Deutsche Mark wechselte die Ingenieur in Edelstahl den Besitzer, in der Bicolor-Version aus 14-karätigem Gold und Edelstahl für 5.360 Mark. Die Serie ergänzte eine Gelbgold-Version in 18 Karat – sie schlug mit ihrem Preis von 18.300 Mark jedoch auch ein größeres Loch in das Ersparte.
1983: IWC Ingenieur SL “Skinny”
1983 wurde die Ingenieur SL flacher und kleiner, deutlich weniger als 40 Millimeter im Durchmesser sprachen nun den Uhrenträger an. Die neue Version, wegen ihrer schlanken Maße auch “Skinny” genannt, brach mit einer Tradition: dem Manufakturkaliber. Erstmals setzte IWC in dieser Serie ein Eta-Basiskaliber ein. Das Automatikwerk Eta 2892 wurde in Schaffhausen veredelt und lief fortan unter der Kaliberbezeichnung “375”. Kein Unbekannter tat derweil Dienst im Hause IWC – viele der Gehäuse aus den 1980er-Jahren entwickelte Lothar Schmidt, heute Inhaber von Sinn Spezialuhren zu Frankfurt, mit.
1989: IWC Ingenieur 500.000 A/m
1989 sprengte die Ingenieur alle Grenzen. Basierend auf einer Zusammenarbeit mit dem Militär entwickelte man Werkstoffe, die ein Serienuhrwerk extrem magnetfeldresistent machen. Dabei wird das Eta 2892 in vielen Details aufwendig umgebaut. Mit der Ingenieur 500.000 A/m bot IWC nun eine Uhr mit enormem Schutz gegen Magnetfelder – und das, ohne noch ein Weicheisengehäuse nutzen zu müssen.

Nicht nur die Hemmung, auch die Spirale und die Unruh wurden aus alternativen Werkstoffen wie Niob-Zirkon 25 gebaut, einer eisen- und nickelfreien Legierung – mit immensem Aufwand. Was an der Technologie hochspannend war, ließ sich in der Praxis jedoch nicht umsetzen: Die Kosten für diese Entwicklung waren extrem hoch, erwies sich doch das Material der Unruhspirale nach der Montage und einem Testlauf nur bei einem Bruchteil der produzierten Stücke als stabil. Anfang der 1990er-Jahre fand die Produktion der IWC Ingenieur 500.000 A/m bereits ein Ende, nach gerade einmal 3.000 gebauten Exemplaren. Heute zählt diese IWC Ingenieur zu den seltenen Modellen, die ihre Liebhaber nach und nach für sich einnimmt.
Anfang der 1990er-Jahre: IWC Ingenieur mit Quarzwerk und mechanischem Chronographenaufbau
Mit den Mecaquarz-Werken erschien die IWC Ingenieur Anfang der 1990er-Jahre. Mit dem Kaliber 633, hergestellt von Richemont-Konzernschwester Jaeger-LeCoultre, kombinierte sie nun zwei Schrittschaltmotoren mit einem mechanisch funktionierenden Chronographenaufbau – und mit einem Wecker. Auch die mechanischen Uhren wurden nun von Jaeger-LeCoultre-Werken angetrieben, hier kam unter der Bezeichnung “887” das Kaliber 889/2 zum Einsatz. Die Modelle aus der Zeit sind heute mit etwas Glück für Beträge um 2.000 Euro erhältlich. Ein Chronometerzeugnis belegt eindrucksvoll ihre Präzision.

Bis heute hat sich am klassischen Design der IWC Ingenieur wenig verändert – wohl aber an der Größe. Die einst als groß empfundene “Jumbo” wurde im Lauf der Zeit zum kleinen Modell, Materialien wie Titan (etwa beim IWC Ingenieur Doppelchronograph Titan) oder Keramik (IWC Ingenieur Automatic AMG Black Series Ceramic) hielten in den letzten zehn Jahren Einzug in die Uhr für Ingenieure. 2005 erschien eine Ingenieur Automatic, die deutlich an Gérald Gentas SL erinnerte und mit dem hauseigenen Kaliber 80110 ausgestattet war. 2008 dann erinnerte eine Vintage-Kollektion an die Wurzeln des Modells, sie zitierte den Stil der IWC-Uhr vor Gérald Gentas “Jumbo”.

2013 ließen sich die Designer bei IWC für ihr Techniker-Modell vom Karbonfahrgestell eines Formel-1-Rennwagens inspirieren: Bei der Ingenieur Automatic Carbon Performance bestehen sowohl das 46 Millimeter große Gehäuse als auch das Zifferblatt aus Kohlefaser. Das macht die Uhr extrem leicht; das Material ist jedoch nicht so kratzfest wie Stahl.
Hier sehen sie das offizielle Video von IWC zur Ingenieur:
2016: IWC Ingenieur dreimal neu mit neuem Manufakturkaliber 69370
Zum 74. Goodwood Members’ Meeting stellt IWC drei neue Ingenieur-Modelle vor, die in limitierter Auflage erscheinen und mit dem neuen automatischen Manufakturkaliber 69370 arbeiten. Die Ingenieur Chronograph Edition “74th Members’ Meeting at Goodwood” im 42 Millimeter großen Rotgoldgehäuse gibt es genau 74-mal, sie kostet 20.500 Euro.

Die Ingenieur Chronograph Edition “Rudolf Caracciola” im 42-Millimeter-Stahlgehäuse erscheint in der Auflage von 750 Exemplaren zu je 7.850 Euro.

Und die Ingenieur Chronograph Edition “W 125” in 42 Millimetern, Titan und ebenfalls 750 Exemplaren ist für 7.950 Euro zu haben.

Die IWC Ingenieur heute
Ob dem Zeitgeist geschuldet oder der Ästhetik: Der Glasboden manch aktueller Ingenieur-Modelle wie auch der der Goodwood-Edition lässt den Magnetfeldschutz in den Hintergrund treten. Die Technik geht allerdings zurück zu den Wurzeln der 1950er-Jahre: Mit Pellaton-Aufzug zeigt beispielsweise das Kaliber 80110 eine traditionsbewusst technische Ästhetik, ergänzt den Mechanismus nur um ein optimiertes Schockabsorber-System. Welche Eigenheiten die IWC Ingenieur auch immer haben wird – sie ist ein Klassiker und hat ihren sicheren Platz in der Ahnengalerie der Uhren.
Von Thomas Gronenthal
Fortlaufend aktualisierter Artikel, ursprünglich online gestellt im Dezember 2014.