Outdoor-Testreportage: Mechanik gegen Smartwatch
Mit der Mühle-Glashütte Sea-Timer BlackMotion und der Garmin Marq Adventurer in den Alpen
Die Chronos-Redakteure Jens Koch und Alexander Krupp bewegen sich gerne in der freien Natur. Um die Mühle-Glashütte Sea-Timer BlackMotion und die Garmin Marq Adventurer auf ihre Outdoor-Qualitäten zu testen, haben sie ihr Hobby für einen Tag zum Beruf gemacht. Wie schlagen sich Mechanik und Elektronik im Außeneinsatz?

Uhrentest in den Bergen
Was gibt es Schöneres, als im Sommer oder Herbst unter strahlend blauem Morgenhimmel zu einer ausgedehnten Wanderung aufzubrechen? Natürlich steht und fällt alles mit der Wahl der passenden Route. Diesmal soll es eine mehrstündige Tour mit wechselnder Landschaft und leichter Steigung sein. Idealerweise liegt eine gemütliche Almhütte in der zweiten Hälfte der Strecke oder an deren Endpunkt. Bei der Planung kombinieren wir unsere eigene Ortskenntnis des Ostallgäus mit Erfahrungsberichten befreundeter Bergfexe und entscheiden uns dazu, von Halblech bei Füssen durch das idyllische Ammergebirge bis zur Kenzenhütte zu laufen. Für den Rückweg liebäugeln wir mit dem Almbus, der mehrmals täglich zwischen Halblech und der Kenzenhütte verkehrt.

Wenn die Chronos-Redaktion ins Gelände geht, nimmt sie selbstverständlich Armbanduhren mit. Dieses Mal hat sie sich eine ungewöhnliche Kombination überlegt: Alexander Krupp (in Rot) trägt das mechanische Arbeitstier Sea-Timer BlackMotion von Mühle-Glashütte, während Jens Koch (in Blau) die vielfältigen smarten Funktionen der elektronischen Garmin Marq Adventurer (ursprünglich eingeführt als Marq Expedition) auf ihre Praxistauglichkeit prüfen will. Die Uhren verfolgen ganz unterschiedliche Ansätze – und passen damit zu den Vorlieben der Tester.

Für Team Mechanik tritt die Mühle-Glashütte Sea-Timer BlackMotion an
Beim Mühle-Träger verläuft die Vorbereitung auf die Wanderung kurz und schmerzlos – und zu 100 Prozent analog: die Kiste mit den Wander- und Freizeitkarten durchwühlen, bis man ein Exemplar mit der gewünschten Alpenregion in Händen hält; darin den Wanderparkplatz in Halblech und die Kenzenhütte suchen und anschließend im Wegegewirr des Ammergebirges eine möglichst direkte Route wählen; den Rucksack mit ausreichend Proviant und einigen medizinischen Basismaterialien für Notfälle befüllen; und zu guter Letzt die für den Test bestellte Armbanduhr anlegen.

Alexander Krupp hat die Sea-Timer BlackMotion gewählt, die das sächsische Familienunternehmen Mühle-Glashütte 2019 zum 150-jährigen Firmenjubiläum vorgestellt hat. Ihr Edelstahlgehäuse ist bis 300 Meter wasserdicht und zudem titancarbidbeschichtet, sodass ihm leichtere Kollisionen mit Steinen oder Brückengeländern nichts anhaben können. Deck- und Bodenglas bestehen aus Saphir; auch hier sind also keine Kratzer zu befürchten. Außerdem bietet die 2.200 Euro teure Uhr eine beidseitig drehbare Lünette, die sich auf den Minutenzeiger ausrichten lässt, um kürzere Zeitintervalle wie zum Beispiel einzelne Wegetappen zu timen. Auf das 150-jährige Bestehen der Glashütter Uhrenmarke weist der blau eloxierte Jubiläumsrotor hin, den Mühle zusammen mit der hauseigenen Spechthalsregulierung auf das bekannte Automatikkaliber Sellita SW 200 aufbaut.

Wie bei privaten Ausflügen fühlt sich der Redakteur auch diesmal gut vorbereitet. Der Karte hat er entnommen, dass Halblech auf rund 800 und die Kenzenhütte auf knapp 1.300 Höhenmetern liegen. Es handelt sich also um eine Tour mit leichter Steigung, eher weit als steil. Die tatsächliche Länge der Strecke kann er sich aus der Karte nur annähernd erschließen und die voraussichtliche Gehzeit dementsprechend grob schätzen. Es dürften zwischen zehn und 15 Kilometer sein. Das sind je nach Gelände und Tempo drei bis vier Stunden. Wer es genauer wissen will, muss moderne Techniken bemühen …
Für Team Smartwatch tritt im Test die Garmin Marq Adventurer an
Die Garmin Marq Adventurer mit hauseigenem Betriebssystem, die Jens Koch für die Tour gewählt hat, verfügt über Funktionen, die keine mechanische Uhr je haben wird. Vor allem die vorinstallierten topografischen Karten von ganz Europa, die farbig auf dem Display dargestellt werden, und die genaue Positionsbestimmung über GPS machen sie für die Wanderung perfekt. Auf dem Garmin Connect Portal lässt sich die Route von Halblech zur Kenzenhütte auf Landkarten planen. 10,61 Kilometer sollen es sein und 562 Höhenmeter.

Die Strecke kann der Wanderer nun über das Handy (auf dem die Garmin-Connect-App natürlich auch installiert und der Nutzer mit seinem Account angemeldet sein muss) an die Uhr übermitteln. Die errechnete Gehzeit beträgt drei Stunden, 32 Minuten und 18 Sekunden. Die Zeiten für den Sonnenauf- und -untergang gibt die Uhr ebenfalls an. Die Uhr noch einmal voll aufladen, bevor es losgeht. Proviant und Wasser gibt es noch nicht digital, das muss natürlich noch in Rucksack.
Auf der Autofahrt sieht man schon die Gipfel der Ammergauer Alpen samt kleiner Schneefelder und Schloss Neuschwanstein. Am Startpunkt unserer Wanderung, dem Parkplatz in Halblech, wählen wir auf der Garmin als Aktivität Wandern und die geplante Strecke aus und starten die Aktivität. Nun zeigt die Uhr auf der farbigen Karte, wo unsere Route verläuft und wo wir uns befinden.

Die Garmin mit ihren fünf Drückern lässt sich natürlich nicht intuitiv bedienen; etwas Zeit zum Vertrautmachen sollte man schon einplanen. Aber wenn man das einfache Prinzip verstanden hat, geht die Bedienung leicht: Links oben schaltet man die Beleuchtung für einige Sekunden ein, mit den beiden Drückern darunter bewegt man sich in Menüs rauf und runter, oben rechts wählt man den Menüpunkt aus, und mit dem Drücker rechts unten kommt man eine Menüebene beziehungsweise zur Uhrzeitansicht zurück. Wenn man sich nun noch merkt, dass mit dem Drücker rechts oben das Menü mit den Aktivitäten aufgerufen wird und auch eine Aktivität gestartet und gestoppt wird, dann kommt man schon ganz gut zurecht.

Zu Fuß in die Idylle
Wir wandern an einem Flusslauf bergauf, vorbei an einer alten Sägemühle. Neben der Karte mit Route und Standort kann man sich bei der Garmin durch verschiedene Anzeigen schalten: verbleibende Distanz, Höhenprofil mit zurückgelegten und verbleibenden Höhenmetern, Dauer der Tour und voraussichtliche Ankunftszeit, Zeit seit dem Start und zurückgelegte Entfernung, Geschwindigkeit, Puls. Fürs Wandern bringt die Anzeige der Herzfrequenz nicht sehr viel, aber beim Laufen kann es sinnvoll sein, in bestimmten Herzfrequenzbereichen zu trainieren.
An einer Weggabelung entscheiden wir uns, dem schmalen Pfad zu folgen, der am rechten Ufer des Flusses entlang führt und später wieder auf unseren Weg stößt. Wir verlassen also die geplante Route und bekommen nun zwar die Entfernung vom geplanten Weg angezeigt, aber natürlich keine sinnvolle Ankunftszeit mehr. Immerhin sehen wir so, dass wir uns nicht allzu weit von der ursprünglichen Strecke wegbewegen.


Die abwechslungsreiche Wegführung – mal im schattigen Wald, mal in der Sonne – erlaubt auch, die Ablesbarkeit der Garmin kritisch zu betrachten: Bei starker Sonneneinstrahlung kann man sie sehr gut ablesen, und auch im Schatten erkennt man alles schnell. In vollständiger Dunkelheit muss allerdings über den Drücker die Beleuchtung aktiviert werden. Ein riesiger Vorteil gegenüber anderen Smartwatches wie der Apple Watch ist das farbige Memory-in-Pixel-Display, das im Gegensatz zu TFT oder OLED nur einen Bruchteil der Energie benötigt. Es leuchtet nicht selbst und verbraucht nur Strom, wenn ein Pixel seine Information ändert. Daher zeigt die Garmin immer Infos an, während herkömmliche Smartwatches die meiste Zeit nur einen schwarzen Bildschirm zeigen. Und eine Akkuladung hielt in unserem Test über 14 Tage, trotz einiger Aktivitäten mit GPS. Dagegen muss die Apple Watch offiziellen Angaben zufolge schon nach 18 Stunden wieder an die Steckdose.
Mechanisch unterwegs
Der Kontrast des von uns gewählten analogen Uhrenzifferblatts ist bei Garmin recht hoch, aber mit den aufs Wesentliche reduzierten Schwarz-Weiß-Anzeigen der Mühle kann die elektronische Uhr nicht mithalten. Die Zeit lässt sich in jeder Lichtstimmung gut erkennen. Das nicht ganz so kriegsentscheidende Datum wurde dagegen ganz dezent – und erfreulicherweise mit schwarzer Scheibe – ausgeführt.

Überhaupt erweist sich die mechanische Sea-Timer BlackMotion als angenehmer Wegbegleiter: Das Gehäuse gehört zwar mit 44 Millimetern Durchmesser zu den größeren seiner Art, besitzt aber rundum weiche, angenehme Formen und fällt mit 12,5 Millimetern nicht zu hoch aus. Die verschraubte Krone ist sehr groß und griffig, drückt jedoch dank ihrer Platzierung bei vier statt drei Uhr niemals in den Handrücken – eine positive Eigenschaft, die sich schon bei unserer Wanderung, aber vor allem beim Joggen und Radfahren bemerkbar macht.
Zum markanten Gehäuse passt ein breites Armband mit 22-Millimeter-Bandanstoß und stämmiger Dornschließe, das sich aber von Anfang an sehr bequem trägt und nicht erst weichgeknetet werden muss. Das Armband ist dank Textiloberseite und Kautschukunterfutter beinahe genauso wasserfest wie das bis 300 Meter druckfeste Gehäuse, sodass ihm Schweiß, wie er bei sportlichen Aktivitäten zwangläufig entsteht, nichts anhaben kann. Mehr noch: Wir legen die an diesem warmen Tag aufgeheizte Uhr für einige Minuten ins kalte Flusswasser. Das gibt schöne Fotos und belegt, dass die Sea-Timer BlackMotion trotz der starken Abkühlung weder Wasser eindringen lässt noch beschlägt. Auch das Armband saugt sich nicht voll: Als wir den Zeitmesser aus dem Fluss holen, perlt das Wasser einfach ab.

Das Einzige, was an dem Armband – und der Testuhr überhaupt – stört, ist die Tatsache, dass sich das Textilband nur schwer durch die beiden Schlaufen fädeln lässt. Das liegt einerseits an der Breite des Armbands und andererseits an dem synthetischen Obermaterial, das Reibungshaftung erzeugt. Ansonsten sind wir mit den Alltags- und Sporteigenschaften der Mühle vollauf zufrieden, genauso wie mit dem Preis von 2.200 Euro.
Fazit zu Garmin Marq Adventurer
Die Garmin Marq Expedition, die mit 100 Metern eine deutlich geringere offizielle Wasserdichtheit aufweist als die Mühle, muss das gleiche Prozedere über sich ergehen lassen. Für ihr Bad im Fluss nehmen wir ihr das schicke Kalbslederband ab und ersetzen es durch das mitgelieferte Pendant aus Kautschuk, das die Optik der Uhr mit einem Schlag von sportlich-elegant zu sportlich-robust ändert. Dank des integrierten Schnellwechselsystems geht das schnell vonstatten.

Die Verarbeitung der Bänder und des 46-Millimeter-Titangehäuses fällt für ein Wearable von einer Nichtuhrenmarke überraschend gut aus und liegt auf Augenhöhe mit Schweizer Uhrenherstellern. Das muss sie aber auch, denn der Preis bewegt sich mit 1.750 Euro ebenfalls auf dem Niveau etablierter Uhrenmarken: Die TAG Heuer Connected Modular und die Montblanc Summit kosten weniger. Allerdings sind die beiden auch nicht so exakt auf einen Aufgabenbereich zugeschnitten wie die Marq mit vorinstallierten Karten, die es neben der Version Adventurer für Bergsteiger und Wanderer auch als Athlete für Läufer, Aviator für Piloten, Captain für Segler, Driver für Rennfahrer und Commander für Militärs gibt – jeweils mit den passenden Karten.

Insofern gibt die Marq die moderne Toolwatch, die genau für den gewünschten Einsatzweck das richtige Werkzeug bietet. Ihre größte Konkurrenz kommt aus dem eigenen Haus: Die Fenix 5 plus kostet mit Saphirglas lediglich 750 Euro, sieht mit ihrer Metalllünette auch schon recht gut aus und bietet fast denselben Funktionsumfang. Die Marq kann hier neben dem Sensor für die Sauerstoffsättigung im Blut (wichtig für die Höhenakklimatisierung) und Kleinigkeiten wie vorinstallierten Skikarten nur das schön gemachte Titangehäuse für sich ins Feld führen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis fällt bei der Fenix also noch deutlich besser aus. Was der Marq Expedition aber in unserem Testzeitraum gelungen ist: Wir haben sie gerne auch außerhalb von sportlichen Aktivitäten getragen und sie viel mehr als hochwertige Uhr denn als elektronisches Wearable wahrgenommen.

Fazit zur Mühle-Glashütte Sea-Timer BlackMotion
Auch mit der Mühle-Glashütte Sea-Timer BlackMotion waren wir bei unserer Wanderung sehr zufrieden – genauso wie im zweiwöchigen Alltagstest. Hier wie auch auf der Zeitwaage zeigte sich, dass die Uhr ganz konsequent sechs Sekunden am Tag vorgeht. Das liegt im Rahmen dessen, was man von einer mechanischen Uhr verlangt – und innerhalb der Mühle-eigenen Standards, die einen durchschnittlichen Gang zwischen null und +8 Sekunden vorschreiben.

Als wir an der urigen, traumhaft gelegenen Kenzenhütte ankommen, zeigt die Mühle 15:34 Uhr. Auf der Garmin lesen wir ab, dass wir aufgrund der zahlreichen Fotostopps 5 Stunden und 12 Minuten gebraucht haben, exakt 13,62 Kilometer gelaufen sind, 533 Höhenmeter überwunden und dabei 1.303 Kilokalorien verbrannt haben. Umso mehr genießen wir nun die wohlverdiente Brotzeit auf der gemütlichen Alm – und anschließend eine halbe Stunde in den von den Wirtsleuten bereitgestellten Liegestühlen. Um 17:30 Uhr bringt uns der letzte Hüttenbus zurück nach Halblech, wo unser Outdoor-Tag endet. Wir sind hochzufrieden. Mit der Wanderung. Dem herrlichen Wetter. Und mit unseren Testuhren.

Text: Alexander Krupp und Jens Koch, Fotos: Olaf und Marc Köster
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