Testreportage: IWC Ingenieur und Mercedes-AMG GT
Mit der IWC Ingenieur Perpetual Calendar Digital Date-Month im Mercedes-AMG unterwegs
IWC und AMG arbeiten schon länger zusammen. Wir überprüfen, ob die Speerspitzen der Ingenieur-Kollektion und der AMG-Flotte zusammenpassen. Unterwegs mit dem ewigen Kalender mit Chronograph und dem mit 639 PS stärksten Mercedes.

Affalterbach, home of speed. Wir stehen vor dem verglasten Showroom auf dem AMG-Gelände. Eine kleine Gruppe ehrfürchtig dreinblickender Chinesen folgt ihrem Guide in die Produktionshallen, wo die großen Triebwerke von Anfang bis Ende von jeweils einem Mechaniker handmontiert werden: „One Man – One Engine“, auf diesen Gegenentwurf zur Fließbandarbeit ist AMG besonders stolz. Uns erinnert das an Schweizer Uhrenmanufakturen. Die Plakette mit der Unterschrift des Monteurs trägt jeder Motor wie einen Orden auf seiner Karbonuniform. Auch der neben uns abenteuerhungrig wartende blaue GT 63 S präsentiert sie stolz auf seinem Vierliter-V8.

Also danke, Niki Hörle, dass du die Kraft von 639 Pferden in diesen Motorblock gepfercht hast! Gut, die zwei Turbolader helfen auch, aus dem GT 63 S den stärksten Mercedes zu machen. Dazu passt der zweite Superlativ, den wir am Arm tragen: Die Perpetual Calendar Digital Date-Month mit Chronograph und ewigem Kalender ist die komplizierteste IWC Ingenieur. Warum eine Ingenieur? Die Linie steht für die Erde und ist daher der Zusammenarbeit mit AMG zugeordnet, während die Pilot’s Watches für Luft und die Aquatimer für Wasser und für andere Partner stehen.

Majestätischer Hai
Fotograf und Fotoassistent rollen den Wagen hin und her, um ihn fürs Shooting in Szene zu setzen. Er wirkt schon im Stand schnell, wie ein majestätischer blauer Hai: großes Maul, schmale Augen, verchromte Kiemen und ein langer, eleganter Vorderwagen. Der Heckabschluss fällt trotz der über fünf Meter Länge etwas massiver aus. Aber auch hier sorgen schmale Rücklichter und der weit hochgezogene Diffusor mit vier integrierten Endrohren für Dynamik.
Und die IWC? Sie mischt ebenfalls elegante und sportliche Elemente: Das klassisch-zeitlose Gehäuse, die Leuchtpunkte und die Form der Indexe erinnern an die ersten IWC-Ingenieur-Modelle der 1950er Jahre. Die schwarzen, breiten Zeiger, das schiefergraue Zifferblatt mit Sonnenschliff und die Tachymeterlünette sorgen für Sportlichkeit. Und die Ingenieur bringt noch etwas technischen Look ein: die zweistelligen Ziffern für Datum und Monat und das offene Zentrum dieser Anzeigen, das sogar etwas von der Mechanik durchblicken lässt. Das funktioniert gut, und da die Kalenderangaben wie die Chronographenzähler als Kreise gestaltet sind, sieht das Zifferblatt harmonisch aus.

Start frei!
Jetzt geht es endlich los! Den Achtzylinder gestartet: Der röhrt und grummelt tief vor sich hin, ein Klang, der auch in Zeiten von fortschreitender Elektromobilität seine wohlige Wirkung nicht verfehlt. Im Comfort-Modus geht es luftgefedert und entspannt vom Hof. Auf der Landstraße zeigt der GT im Modus Sport+, was er kann: Dank Allrad in supersportigen 3,2 Sekunden von null auf hundert sprinten, vom Hinterachs-Sperrdifferenzial gestützt und getrieben von unglaublichen 900 Newtonmetern brachial aus Kurven herausbeschleunigen und mit der Hinterachslenkung Kurven durcheilen, als wäre der Wagen für die Rennstrecke gemacht. Tatsächlich hat er auf der Nürburgring-Nordschleife mitrasanten 7:25,41 Minuten einen neuen Rekord für Viersitzer aufgestellt. Zur Einordnung: Das ist auf dem Niveau des Supersportwagens Lamborghini Aventador. Die Spitze von 315 km/h konnten wir wegen Regen und Verkehr nicht austesten, bis 280 geht es aber raketenmäßig ab. Die Traktion ist dabei unglaublich. Es sei denn, man aktiviert den Drift-Mode. Die Prozedur dafür ist so kompliziert wie bei einem Airbus-Start und sollte aus Sicherheitsgründen auch auf einem so gut abgeriegelten Gelände wie einem Flughafen stattfinden. Denn hat man die Knöpfe, Hebel und Menüpunkte in der richtigen Reihenfolge betätigt und ausgewählt, verwandelt sich der GT vom Allradler zum Hecktriebler.

Zusammen mit dem Leistungsüberfluss und deaktivierter Traktionskontrolle bedeutet das jede Menge Spaß: Schon bei halb gedrücktem Gaspedal geht die Fuhre quer. Bei Trockenheit lassen sich die 315er Breitreifen so in kürzester Zeit pulverisieren. Womit der GT 63 S am meisten beeindruckt? Dass er beides beherrscht: einerseits racemäßig Kurven zu räubern und andererseits die ganze Familie samt Gepäck ausreichend bequem in den Urlaub zu bringen. Dabei gibt es nicht nur die modernsten Sicherheitsassistenten, sondern auch Luxusextras wie Ambientelicht mit wählbarer Farbe, belüftete Massagesitze und Beduftungsanlage. Der Duft heißt „AMG #63“, kein Scherz!

Technischer Look
Auch der Innenraum gibt sich luxuriös, mit aus dem Vollen gefrästen Aluminiumschaltern und Luftausströmern sowie feinem Leder, alles penibelst verarbeitet. Und auch Technikliebhaber kommen auf ihre Kosten: Das exzellente Head-up-Display projiziert wichtige Informationen vor den Fahrer, der Panoramabildschirm lässt sich über TouchFlächen auf Lenkrad und Mittelkonsole bedienen und die Karbon-Zierleisten feiern das Leichtbaumaterial aus dem Rennsport. Nur eine eigene analoge IWC-Uhr integriert der GT-Viertürer nicht in sein Cockpit – im Gegensatz zu einigen anderen aktuellen AMG-Modellen wie dem Über-Geländewagen G 63, die eine runde Uhr mit IWC-Logo besitzen. Aber das Innenraumdesign stammt größtenteils aus dem GT-Zweitürer, und dort gibt es zu wenig Platz. Vielleicht muss bei einem für die Rennstrecke konzipierten Wagen auch keine analoge Zeitanzeige sein. Auf dem Track stehen andere Daten wie die Drehzahl im Vordergrund. Gut also, dass wir selbst eine IWC mitgebracht haben. Und die passt hervorragend zu dem technisch-luxuriösen Ambiente: Das leichte Titangehäuse wirkt dank der polierten Oberflächen nicht ganz so dunkel und warm wie sonst für das Material typisch. Das schwarze Kalbslederband, wie alles an der Uhr sorgfältig verarbeitet, umfasst den Arm fest und angenehm wie die AMG-Sitze den Körper.
Auch die Ablesbarkeit ist dank Leuchtmasse auf Zeigern und Zifferblatt ausgezeichnet wie beim Head-up-Display. Mit dem Flyback-Chronograph lassen sich Rundenzeiten stoppen, die Tachymeterskala ermittelt die Durchschnittsgeschwindigkeit, und der ewige Kalender muss erst im Jahr 2100 manuell korrigiert werden, weil dieses Säkularjahr nach unserem Gregorianischen Kalender entgegen dem sonstigen Vierjahresrhythmus kein Schaltjahr ist. Bis dahin kennt die Uhr alle Monatslängen und ist eine der wenigen dieser Gattung, die sich einfach ablesen lassen, denn Datum und Monat zeigt sie mittels je zwei Scheiben besonders groß an.

Motorschau
Dafür braucht es einen Motor, der zwar nicht so viel Drehmoment liefert wie der des GT 63 S, dessen Qualitäten und Ingenieurleistung aber dafür in der komplexen Mechanik liegen. Das Kaliber 89801 basiert auf dem ersten in Schaffhausen konstruierten Manufaktur-Chronographenwerk, das IWC 2007 vorstellte. Es fasst die Stunden und Minuten der Stoppzeit auf dem Totalisator bei der Zwölf zusammen, die sich daher intuitiv wie die Uhrzeit ablesen lassen. Die Flyback-Funktion erlaubt ein Starten einer neuen Messung, ohne die Chronographenzeiger vorher stoppen und zurückstellen zu müssen. Die Energie für 68 Stunden Laufzeit generiert das Werk über eine Schwungmasse und einen beidseitigen Klinkenaufzug. Um die Kraft für die großen Scheiben zu sammeln, zweigt eine Momentschaltung bei jedem Datumswechsel um Mitternacht etwas zusätzliche Energie ab, speichert diese und nutzt sie am Monatsende, um punktgenau die Monats- und Datumsscheiben weiterzuschalten, wenn wie Ende Februar Tage übersprungen werden müssen. Das komplexe Werk besteht aus 474 Teilen, davon 51 reibungsmindernde Lagersteine. Damit alles perfekt funktioniert, werden alle Teile wie bei AMG von Hand zusammengesetzt.

Exklusivität
Dass der immense Aufwand bei AMG und IWC seinen Preis hat, dürfte klar sein. Beim GT 63 S gesellen sich zum Grundpreis von enormen 167.000 Euro jede Menge verführerische Extras, sodass der Endpreis leicht die 200.000-Euro-Marke überspringt. Da fällt die Gefahr, einem ähnlich konfigurierten Wagen zu begegnen, nicht nur wegen der Variantenvielfalt gering aus. Bei IWC erhöht neben dem Preis, der mit 39.500 Euro ebenfalls eine gewisse Hürde darstellt, die Limitierung auf 100 Exemplare im Titangehäuse die Exklusivität. Sind die beiden das Geld wert? Natürlich gibt es auch tolle Autos und Uhren, für die man weniger bezahlen muss. Aber die Kombination aus genialer Ingenieurkunst, perfekter Verarbeitung und den Spitzenleistungen im Dreikampf aus Sport, Eleganz und Komfort bekommt man nicht günstiger. So schön kann Luxus sein!

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Uhren von IWC in der Datenbank von Watchtime.net