Uhren mit hoher Gangautonomie
Eins, zwei oder drei… Beim Blick in ein Uhrwerk kann es vorkommen, dass man nicht nur ein, sondern gleich mehrere Federhäuser entdeckt. Ein Ergebnis, das dem Streben nach höherer Gangreserve zu verdanken ist und Uhrmacher vor verschiedene Herausforderungen stellt.

Mehr Komfort und Bedienerfreundlichkeit: Eine Uhr, die nicht täglich aufgezogen werden muss, verspricht dem Besitzer unbeschwerte Tragefreude. Doch nicht nur das hat in den vergangenen Jahren Handaufzugsuhren mit immer längerer Gangreserve auf den Markt gebracht. Es ist auch eine Art Wettbewerb entstanden, Kollektionen mit einer besonders ausdauernden Uhr schmücken zu können.

Denn dieses Thema stellt Konstrukteure und Uhrmacher schon seit Jahrhunderten vor große Herausforderungen. Im Mittelpunkt der Bemühungen steht das Federhaus, denn die Gangdauer umschreibt die Zeitspanne vom Vollaufzug der Zugfeder bis hin zu deren völliger Entspannung. Je mehr Umdrehungen das Federhaus bis zur Entspannung der Zugfeder zurücklegt, desto länger auch die Gangdauer.
Klassischerweise beträgt diese bei den heutigen Armbanduhren rund 50 Stunden, bei historischen Taschenuhren sind es etwa 24 Stunden. Es gibt auch historische “8-Tage-Uhren” – Taschenuhren mit einer Gangdauer von acht Tagen, die durch ein zusätzliches Rad im Räderwerk erreicht wird. Dieses Zahnrad heißt Beisatzrad und ist zwischen Minuten- und Kleinbodenrad platziert. Es vergrößert die Übersetzung vom Federhaus zum Minutentrieb – bis heute ein probates Mittel, die Gangdauer zu erhöhen. Es erfordert eine leistungsstarke Zugfeder.
Ebenfalls längere Gangautonomie schafft eine Idee, die schon Abraham-Louis Breguet (1747–1823) umsetzt: statt einer Zugfeder kommen einfach zwei zum Einsatz. In Breguets Instrument Nr. 3118 gibt es zwei Federhäuser, die separat aufgezogen werden; beide Systeme sind mit Gesperr und Stellung versehen. Abweichend von dieser Konstruktion sind in Breguets Chronometer Nr. 428 zwei Federhäuser nebeneinander geschaltet und werden gemeinsam aufgezogen.
Eine weitere Variante dieser Idee stammt aus dem Jahre 1785. Damals fertigt Henri Louis Jaquet-Droz (1752 – 1791) eine Selbstaufzug-Taschenuhr mit Gewichten und zwei Federhäusern – wobei jedes Federhaus von einem Gewicht separat aufgezogen wird. Auch Alfred Helwig (1886 – 1974), der berühmte deutsche Feinuhrmacher, verbaut in verschiedenen Modellen zwei Federhäuser und konstruiert eine serielle Schaltung, bei der das erste Federhaus die Kraft an das zweite weitergibt.