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Test: Zenith - Defy Skyline Skeleton

Zenith: Defy Skyline Skeleton
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Ein Jahr nach der Lancierung der Defy Skyline stellte Zenith bei der erstmals in Singapur stattfindenden LVMH Watch Week die skelettierte Version dieser einzigartigen Uhr vor, die mit einer atemberaubenden Anzeige der Sekunde und deren Zehntel ausgestattet ist. Wir durften die Uhr inzwischen testen. Ein Augenschmaus und Vergnügen.
Wer von der viel gescholtenen Schnelllebigkeit unserer Tage noch nicht genug hat, dem sei die Defy Skyline Skeleton empfohlen. Schon der erste Blick auf die laufende Uhr macht einen rasend – im positiven Sinne natürlich. Was treibt wohl diesen flinken Zeiger da auf dem Counter bei sechs Uhr an, fragt man sich. Die kleine Zehn in dessen Zenit, so man sie denn entdecken kann, legt die Vermutung nahe, dass er vielleicht einmal in zehn Sekunden das Hilfszifferblatt umrundet.
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"Die Defy Skyline wurde im vergangenen Jahr als jüngste Erweiterung innerhalb der einzigartigen futuristischen Defy-Kollektion vorgestellt, konzipiert für eine immer schnelllebigere Welt, in der jeder Bruchteil einer Sekunde entscheidend sein kann", lautet die Erklärung von Zenith dazu. Man könnte einen Wettbewerb daraus machen, wer es wohl am besten schafft, über die Stoppfunktion seiner Handy-App mit der Zehn-Sekunden-Anzeige der Defy gleichzuziehen. Manchmal funktioniert es, meistens nicht. Die Mechanik ist dem vermeintlich präzisen Touch mit dem Finger auf das Smartphone-Display zumeist überlegen.

Die schnelle Sekunde und die Schnelllebigkeit unserer Zeit

Die Ganggenauigkeit der Defy Skyline Skeleton über den Zehn-Sekunden-Counter zu überprüfen, macht dagegen bestenfalls von einem Tag auf den anderen Sinn. Wir stellen mithilfe des beim El Primero 3600 eingeführten Sekundenstopps die Uhr entsprechend ein und schätzen auf dem Counter bei sechs Uhr am nächsten Tag eine Abweichung von einer reichlichen Sekunde ab. Optisch präzise erfassen, kann das Auge das aber nicht. Dazu ist der Zeiger viel zu schnell. Auf der elektronischen Zeitwaage geht die Uhr bei Vollaufzug knapp fünf Sekunden vor, nach 24 Stunden Gangdauer ohne zwischenzeitlichen Aufzug ist es nur noch eine Sekunde. Das Fehlen eines »normalen« Sekundenzeigers bei der Defy Skyline Skeleton zeigt, dass Zenith es durchaus auch mal gelassen angehen und nicht nur durch die Zeit jagen kann.
Blaue Runde: Rotor mit Zenith-Stern im Kaliber El Primero 3620. © Zenith
Bei einem Blick durch das obere Saphirglas sind die guten Vorsätze allerdings gleich wieder entschwunden. Allein das technisch skelettierte Zifferblatt verbreitet eine gewisse Unruhe. In der Anmutung eines vierzackigen Sterns stellt es eine Anspielung auf das »Doppel-Z«-Logo der Marke aus den 1960er-Jahren dar. Dadurch kann man auch den schnellen Schwingungen des Oszillators zwischen zehn und elf Uhr ungehindert zusehen, und im Eiltempo des Zehn-Sekunden-Zeigers rotiert unterhalb des geöffneten Counters bei sechs Uhr ein Zehn-Sekunden-Zahnrad. Als Ausgangspunkt für die sechsmal höhere Umlaufgeschwindigkeit der kleinen Sekundennadel tickt schräg gegenüber oberhalb von neun Uhr die Hemmung aus Silizium im Fünf-Hertz-Rhythmus des Kalibers El Primero 3620. Der Kraftschluss erfolgt ausgehend vom Ankerrad beziehungsweise dessen Trieb über eine Räderübersetzung zu jenem Zahnrad, auf dessen Welle der schnelle Zeiger sitzt.

Extravagantes Gehäuse mit zahlreichen Ecken und Kanten

Die Zehn- und Zehntel-Sekunden-Anzeige resultiert also aus einer direkten Übersetzung und ist kein Extra-Mechanismus wie etwa im El Primero der 9004-er-Baureihe. Entwickelt wurde die Mechanik mit dem El Primero 3600, das 2019 zum 50. Geburtstag des legendären Schnellschwingerkalibers in der limitierten Chronomaster 2 El Primero erstmals gezeigt und schließlich zwei Jahre später mit der Chronomaster Sport in Serie gebracht wurde. Bei diesem Modell umrundet der Chronographenzeiger allerdings aus der Mitte einmal in zehn Sekunden das gesamte Zifferblatt. Diese Konfiguration wurde im El Primero 3620 nun auf die Darstellung einer Kleinen Sekunde adaptiert, bei gleichzeitigem Rückbau der Chronographen-Komplikation.Die Skelettierung wird ausgehend vom Zifferblatt im Uhrwerk fortgesetzt, zumindest teilweise, wobei es zwei Versionen in Blau und Schwarz gibt. Sie gipfelt rückseitig in einem neuen Aufzugsrotor mit Zenith-Stern – hier in seiner modernen Ausführung mit fünf Zacken. Er zieht beidseitig hinter einem mit vier Inbusschrauben befestigten Saphirglasboden auf. Dieser weist wie die Lünette zwölf Kanten auf und adaptiert damit die modellprägende Architektur von der Vorderseite der Defy Skyline.
Schneller Wechsel der Bänder dank eines genial integrierten Systems. © Zenith
Die bis 100 Meter wasserdichte Uhr schöpft ihre Inspiration aus der achteckigen Geometrie der ersten Defy-Modelle der 1960er-Jahre, nun allerdings mit zwölf Facetten an der Lünette, die symbolisch für zwölf Stunden stehen. Während ihre Kanten glänzen, ist ihre obere Fläche in Kreisform edel satiniert. Dieser Rundung folgt der schmale Stundenring mit zwölf applizierten Stabindizes. Zusammen mit den zentralen Zeigern für Stunden und Minuten sorgen sie dank Superluminova SLN C1 auch bei Dunkelheit für eine gute Ablesbarkeit der Zeit, trotz Skelettierung.Die zwölfeckige Lünette sitzt auf einem ebenfalls kantigen Gehäusekorpus in Tonneau-Form mit satinierten und glänzenden Partien. Bei näherer Betrachtung und im weitesten Sinne taucht hier das Oktagon in unregelmäßiger, aber symmetrischer Form, mit gebrochenen und scharf gezogenen Kanten, spitzen und stumpfen Winkeln wieder auf. Eine beeindruckende Komposition, gekrönt – im wahrsten Sinne des Wortes – von einer fünfeckigen Schraubkrone mit Zenith-Stern sowie genialen, fest montierten Bandanschlussstücken.

Fünf Sterne für ein geniales Bandwechselsystem

Diese sind absolut passgenau und optisch beinahe nicht wahrnehmbar an den Kanten bei sechs und zwölf Uhr zwischen den Bandanstößen mit jeweils zwei Inbusschrauben montiert. In die einzigartig integrierten Federstege rasten die Bandenden sicher und komfortabel und doch ganz leicht ein. Gelöst werden die Bandteile über Druckknöpfe in den Anschlusstücken, welche die Federstege nach oben schieben – Technik vom Feinsten, außerhalb des Uhrwerks.
© Zenith
So architektonisch raffiniert wie das Bandwechselsystem ist auch die neue detailreiche Doppelfaltschließe am Kautschukband. Ihre Asymmetrie sorgt für einen ergonomisch guten Sitz am Handgelenk, so dass die Defy nicht nach vorn kippt. Geöffnet wird sie über zwei seitliche Druckknöpfe, wobei das lose Teil des Kautschukbandes über einen Doppeldorn sicher fixiert bleibt. Dieser greift durchdacht in zwei hintereinander liegende Löcher ein, so dass sich das Band beim Öffnen der Schieße auf keinen Fall aus der Arretierung lösen kann – besser ist das in unserer schnelllebigen Zeit. Der Preis der Uhr liegt bei 11.800 Euro. MaRiDieser Artikel erschien zuerst als ausführlicher Test im Uhren-Magazin 02.2023. Die aktuelle Ausgabe finden Sie hier:)