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Uhrenreise Schwarzwald 2023: Zu Besuch bei Hanhart, Junghans, Lehmann und Matthias Naeschke

Die erste Station der dreitägigen Schwarzwaldreise war das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen
© WatchTime
Die Uhrenreise Schwarzwald ist ein echtes Erlebnis für Mechanik-Fans. Seit 2018 besuchen wir jedes Jahr im Juli nicht nur wichtige Hersteller in dieser traditionsreichen Uhrmacherregion, sondern auch spannende Uhren- und Automuseen.

Station #1 der Uhrenreise Schwarzwald: Deutsches Uhrenmuseum

Die vom 18. bis zum 20. Juli stattfindende Reise startete in einem Hotel nahe dem Stuttgarter Flughafen, von wo aus uns ein komfortabler Kleinbus zum Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen brachte. In der beeindruckenden Ausstellung präsentiert die Universität Furtwangen einen Querschnitt durch die Geschichte der Schwarzwälder Uhrenfertigung: Von frühen Turmuhren über Schilder-, Kuckucks- und Armbanduhren bis hin zur Atomuhr ist hier alles vertreten, was die Zeitmessung der letzten rund vier Jahrhunderte geprägt hat.
Zu den umfangreichen Exponaten des Deutschen Uhrenmuseums gehört auch ein historischer Uhrmacherarbeitsplatz, wie er in vergangenen Jahrhunderten in vielen Bauernhäusern zu finden war © WatchTime
Abgerundet wird die einmalige Sammlung durch Astrolabien, Orchestrien und andere Musikuhren sowie die Nachbildung einer historischen Uhrmacherwerkstatt. Der Besuch des Deutschen Uhrenmuseums bildete eine gelungene Einstimmung auf die kommenden drei Tage, in denen die neun Reiseteilnehmer tiefe Einblicke in die Arbeit ganz unterschiedlich aufgestellter Uhrenmarken gewinnen konnten.
Die Reiseteilnehmer dürfen Hand anlegen: Eva Renz vom Deutschen Uhrenmuseum erklärt die Funktionsweise der Pfeifen in Kuckucksuhren © WatchTime

Station #2 der Uhrenreise Schwarzwald: Hanhart

Nach einem Mittagessen in Furtwangen mit angeregten Gesprächen fuhren wir ins nahe gelegene Gütenbach, wo der Stoppuhren- und Chronographenspezialist Hanhart seit fast 90 Jahren seinen Hauptsitz hat. Was viele nicht wissen: Das deutsche Unternehmen war 1882 im schweizerischen Diessenhofen als Uhrengeschäft gegründet worden und erst später in den Schwarzwald gezogen.
Hanhart-Uhrenatelier: Ein kleines Uhrmacherteam bewältigt sowohl die Uhrenmontage als auch Servicearbeiten © WatchTime
In Gütenbach staunten die Reiseteilnehmer über die historischen Maschinen, die in der Komponentenfertigung für Hanhart-Stoppuhren zum Einsatz kommen. Diese Uhrengattung war es, die Hanhart über verschiedene Krisen rettete und auch heute noch ein wichtiges Standbein des Unternehmens bildet. Im Armbanduhren-Atelier geht es schon moderner zu. Hier fertigt ein kleines, junges Team die meist im Fliegeruhren-Stil gehaltenen Armbanduhren, mit denen Hanhart während der letzten Jahre immer erfolgreicher wird. Diese waren dann auch die Stars der folgenden Produktvorlage, bei der sich schnell Favoriten - und auch Kaufabsichten - herauskristallisierten.
Die heiße Schlacht am Uhrenbuffet: Die Produktvorlage bei Hanhart dauerte ungewöhnlich lange © WatchTime
Nach der ungewöhnlich langen Produktvorlage, bei der wir alle aktuellen Hanhart-Uhren ausführlich begutachten und an den Arm legen konnten, ging es zum gemütlichen Gasthof Drei Könige in Sulgen nahe der Junghans-Stadt Schramberg. Hier nächtigte unsere kleine Gruppe aus Uhrensammlern, Mechanik-Fans während der dreitägigen Reise und hier wurden am ersten Abend bei einem schwäbisch-üppigen Menü lange, angeregte Gespräche über die Eindrücke des ersten Tages ausgetauscht.
Ein voller Erfolg: Den vor einigen Jahren neu eingeführten "Bundeswehr-Chronographen" 417 ES bietet Hanhart jetzt auch am dreireihigen Stahlband an © WatchTime

Station #3 der Uhrenreise Schwarzwald: Junghans

Junghans ist die Schwarzwälder Uhrenmarke schlechthin. 1861 - damals noch als Strohwarenfabrik - gegründet, hat das spätere Uhr-Unternehmen die Stadt Schramberg und die Uhrenfertigung im Schwarzwald stark geprägt und für die Entstehung eines großen Lieferantennetzwerks gesorgt. Diese Geschichte, aber auch die Schwarzwälder Uhrenhistorie im Allgemeinen ist eindrucksvoll im Terrassenbau-Museum auf dem Junghans-Gelände dargestellt. Hier begrüßten uns die Firmeninhaber Dr. Hans-Jochem Steim und sein Sohn Hannes Steim, die Junghans 2009 aus der Insolvenz retteten und wirtschaftlich wieder auf einen gesunden Weg brachten.
Junghans-Inhaber Dr. Hans-Jochem Steim (Mitte) begrüßt die Reisegruppe vor dem legendären Terrassenbau, in dem einst Uhrmacher arbeiteten und der heute als Museum dient © WatchTime
Nach der Führung durch das Terrassenbau-Museum gab uns Brand Manager Thomas Fiedler Einblicke in die Uhrenfertigung bei Junghans. Unter Reinraumbedingungen werden von einem ausschließlich weiblichen Team Mechanik- und Quarzuhren hergestellt. Bei Letzteren kann Junghans zahlreiche eigene Entwicklungen in der Funk- und Solartechnik vorweisen, die für Langlebigkeit und Präzision sorgen.
Kittel, Hauben, Luftschleusen: In der Uhrenmontage von Junghans herrschen Reinraumbedingungen! © WatchTime
Wie gut eine Uhrenreise auch geplant ist - es gibt durchaus Raum für Überraschungen: Als spontane Draufgabe auf das geplante Programm gab uns Dr. Hans-Jochem Steim noch eine Führung durch das in seinem Besitz befindliche Gut Berneck. Dieses 1911 von Arthur Junghans am Hang über Schramberg erbaute Wohnhaus diente während der letzten Jahre verschiedenen Zwecken und soll nun in Windeseile renoviert und schon am 10. September feierlich wiedereröffnet werden.
Seit 2022 feiert Junghans das 50-jährige Jubiläum des Einsatzes als offizieller Zeitnehmer der Olympischen Spiele 1972 mit einer Sonderausstellung im Terrassenbau-Museum © WatchTime

Station #4 der Uhrenreise Schwarzwald: Lehmann

Den Nachmittag des zweiten Reisetages verbrachten wir bei der Uhrenmarke Lehmann und dem Mutterunternehmen Lehmann Präzision im nahe gelegenen Hardt. Hier produziert Markus Lehmann mit beeindruckender Fertigungstiefe eine kleine, feine Uhrenkollektion, die sich durch ungewöhnliche technische wie gestalterische Lösungen auszeichnet.
Topmoderne Arbeitsplätze: Bei Lehmann arbeiten die Uhrmacher unter Überdruckdüsen, die Staub wegblasen © WatchTime
Gehäuse, Zifferblätter, Zeiger, Indexe, tragende Werkteile und sogar die Faltschließen der Uhren entstehen im eigenen Haus, darüber hinaus hat Lehmann vor einiger Zeit eine eigene Galvanikabteilung aufgebaut, um Komponenten wie Zifferblätter in der gewünschten Qualität einfärben zu können. Mikrogravuren, die auf Maschinen von Lehmann Präzision ausgeführt werden, zieren Werkoberflächen und ausgewählte Zifferblätter.
Feine Zifferblattgravuren, die auf hauseigenen Präzisionsmaschinen ausgeführt werden, gehören zu den Markenzeichen von Lehmann © WatchTime
Bei der anschließenden Begutachtung der Kollektion tätigte einer der Besucher einen lange geplanten Kauf: Seit seiner Teilnahme an unserer allerersten Uhrenreise Schwarzwald im Jahr 2018 war er mit dem Erwerb einer Lehmann-Uhr schwanger gegangen - und schlug nun, fünf Jahre später, endlich zu. Diesen Kauf und die spannenden Momente des zweiten Reisetages feierten wir gebührend bei einem gemeinsamen Abendessen in lauer Sommerluft auf der Terrasse eines Schramberger Lokals.
Markus Lehmann (rechts) freut sich über das Interesse und das technische Verständnis der Reiseteilnehmer © WatchTime

Station #5 der Uhrenreise Schwarzwald: Autosammlung Steim

Um die vielen uhrmacherischen Eindrücke der ersten beiden Tage etwas aufzulockern, besuchten wir am Vormittag des dritten Tages die museal aufbereitete Autosammlung der Junghans-Inhaberfamilie Steim. In dem modernen zweistöckigen Bau präsentiert sich alles, was Räder hat - vom Oldtimer über den Formel-1-Rennwagen bis hin zu Feuerwehrfahrzeugen aus verschiedenen Epochen.
"In Amerika war man damals schon viel weiter", kommentiert unser Museumsführer die farbenfrohen und komfortabel ausgestatteten US-Karossen der 1950er Jahre © WatchTime
Perfekt restauriert: Dieser Wagen aus den 1910er-Jahren lag nach einem Unfall mehrere Jahrzehnte lang 25 Meter tief im Zuger See © WatchTime
Matthias Naeschke (links) erklärt unserer Gruppe eine seiner Flötenuhren © WatchTime

Station #6 der Uhrenreise Schwarzwald: Matthias Naeschke

Danach ging es ins Städtchen Haigerloch, wo Matthias Naeschke und sein Sohn Sebastian im ehemaligen Gasthof Rose die Großuhrenmanufaktur Matthias Naeschke betreiben. Hier entstehen Wand-, Stand- und Tischuhren in Handarbeit, und die Uhrengehäuse werden von der hauseigenen Schreinerin gefertigt. Eine Spezialität des ausgebildeten Musikers sind Flötenuhren, die zur vollen Stunde oder auf Abruf per Stiftwalze und verschieden gestimmte Pfeifen wechselnde Melodien spielen.
Hier wird gewerkelt: In ihrem Atelier tüfteln Matthias und Sebastian Naeschke (rechts) teilweise an völlig neuen Lösungen © WatchTime
Die Großuhrenmanufaktur stand erstmals auf dem Programm unserer Uhrenreise Schwarzwald und bildete eine spannende Abwechslung zu den bekannteren Armbanduhrenherstellern. Hier trafen wir auf eine ganz eigene Welt aus kleinen Automatenfiguren, Mozartklängen und bedächtig schwingenden Pendeln. Spannung und Entspannung zugleich machten sich bei der Gruppe bemerkbar, die in den vergangenen Tagen schon so viel über den Uhrenbau im Schwarzwald erfahren hatte.
Vielschichtig: Die kunstvollen Großuhrengehäuse von Matthias Naeschke entstehen in der eigenen Schreinerei © WatchTime
Mit diesen Eindrücken geht eine Uhrenreise zu Ende, die bei ihren Teilnehmern - und den begleitenden Redaktionsmitgliedern - immer wieder für Überraschung gesorgt hat. Überraschung über die Fertigungstiefe mancher Marken, über so manche Anekdote aus ihren Firmengeschichten und über das Maß an Handarbeit, das in den verschiedenen Produkten steckt.
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