Auch wenn die erste bemannte Mondlandung fast 56 Jahre zurückliegt, begeistert sie die Menschen unverändert. Die Tatsache, dass die Uhr, die für dieses Megaereignis ausgewählt wurde und dieses problemlos bestand, bis heute gekauft werden kann, hat sie zu einer der bedeutendsten Uhrenikonen gemacht: die Omega Speedmaster, später mit dem Zusatz "Moonwatch" bezeichnet. Aber wie kam es eigentlich dazu, dass die "Speedy" zur NASA-Uhr wurde? Die Geschichte ist im Laufe der Jahre und Jahrzehnte nicht immer korrekt wiedergegeben worden. Doch heute sind die wichtigsten Details alle bekannt. Zur 60. Wiederkehr der offiziellen Ernennung der Speedmaster durch die NASA zur Uhr für ihre Astronauten erzählen wir die Geschichte von Auswahl, Testlauf und Zertifizierung.

Omega Speedmaster ST 105.003, von der NASA 1965 zertifiziert
OmegaDie NASA bestellte Uhren zum Test
Am 25. Mai 1961 kündigte US-Präsident John F. Kennedy in einer Rede vor dem Kongress an, dass noch vor dem Ende des Jahrzehnts ein Amerikaner zum Mond fliegen werde. Das ambitionierte Vorhaben führte zunächst zu den Mercury und Gemini genannten Programmen (1958–1966) und schließlich zum eigentlichen Mond-Programm Apollo (1961–1972). Als das Mercury-Programm, innerhalb dessen u.a. John Glenn zum ersten Amerikaner im Weltall wurde, 1963 beendet wurde, kamen NASA-Astronauten auf ihren Einsatzleiter Deke Slayton mit der Bitte zu, für künftige Missionen mit einer zuverlässigen Armbanduhr ausgerüstet zu werden. Die Idee dahinter war, die Uhren als Backup nutzen zu können, falls durch eine Panne die digitalen Zeitmesser an Bord ausfallen sollten. Bei Slayton rannten sie damit offene Türen ein. 1964 richtete er an verschiedene Uhrenhersteller weltweit eine Anfrage, "hochwertige Chronographen" zu Testzwecken an die NASA zu schicken. Von allen angeschriebenen Uhrenmarken antworteten nur vier, darunter Rolex, Longines-Wittnauer – und Omega.

NASA-Mission Gemini 4 mit Omega Speedmaster, Juni 1965
NASADie Testreihe
Dieser Teil der Geschichte ist lange falsch erzählt worden. Noch bis in die frühen 2010er-Jahre machte die Mär die Runde, die NASA hätte um die 10 Uhren von verschiedenen US-amerikanischen Juwelieren angekauft, um diese zu testen. Das war aber, wie u.a. James Ragan in einem Interview versicherte, nicht der Fall. Ragan war der Ingenieur, der damit betraut wurde, die für die bemannten NASA-Missionen verwendeten Chronographen zu testen. Von den vier Marken, die Uhren eingesandt hatten, hatten nur drei Armbanduhren geschickt. Und von diesen musste sich jede insgesamt elf Tests unterziehen.
Die Testreihe bestand aus folgenden 11 Prüfungen:
- Hohe Temperatur: Die Uhren mussten erst 48 Stunden bei 70°C und dann 30 Minuten bei 93°C in einem Teilvakuum überstehen. Das schafften die Uhren der beiden anderen Marken nicht.
- Niedrige Temperatur: Die Omega wurde 4 Stunden lang bei –18°C tiefgekühlt.
- Vollvakuum: Nach dem Teilvakuum wurde die Speedmaster in einem kompletten Vakuum noch einmal erhitzt und dann sofort auf –18°C abgekühlt.
- Feuchtigkeit: Es folgten zehn 24-Stunden-Zyklen bei 95% Luftfeuchtigkeit und Temperaturen zwischen 25°C und 70°C.
- Korrosion: Um zu sehen, ob es zu unerwünschten Oxidationen kommen würde, setzte man die Omega 48 Stunden lang einer sauerstoffreichen Atmosphäre bei 70°C aus.
- Stoßfestigkeit: Die Speedmaster wurde sechs 40-g-starken Stöße in 6 verschiedenen Richtungen ausgesetzt.
- Beschleunigung: Auf 3 verschiedenen Achsen wurde die Uhr einer progressiven Beschleunigung von 7,25 g für 5 Minuten sowie von 16 g für weitere 30 Sekunden unterzogen.
- Niederdruck: Für 90 Minuten wurde die Uhr bei 70°C, für weitere 30 Minuten bei 93°C einem Niederdruck ausgesetzt.
- Hochdruck: Es folgte für weitere 60 Minuten ein Luftdruck von 1,6 atm.
- Vibration: Um die extremen Bedingungen beim Start einer Trägerrakete nachzuahmen, wurde die Omega zufälligen Vibrationen auf 3 Achsen zwischen 5 und 2.000 Hertz mit einer Beschleunigung von 8,8 g ausgesetzt.
- Lautstärke: Um zu testen, ob auch laute Geräusche die Uhr irritieren könnten, wurde sie schließlich 30 Minuten lang 130 dB bei Frequenzen zwischen 40 und 10.000 Hertz ausgesetzt.

NASA-Testreihe 1965: Die Speedmaster wurde mehreren Stoß- und Vibrationstests unterzogen.
NASA