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Lesedauer 7 Min.

Die springende Stunde

Uhren mit springender Stunde sind im Kommen. Durch den Verzicht auf einen Stundenzeiger geben sie den Designern Spielraum für ungewöhnliche Zifferblattgestaltungen von Minimalismus bis zum Zelebrieren von Handwerkskunst.
Cartier Privé: Tank à guichets
© Cartier

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg kommen erste Uhren mit springender Stunde auf den Markt. Es ist die Zeit, in der sich die Armbanduhr auch bei den Männern durchzusetzen beginnt. Galten sie zuvor fast durchweg als Schmuckstück für Damen und wurden von vielen Herren sogar als „unmännlich“ abgelehnt, hatten sie sich im Krieg als nützliche Begleiter erwiesen. Im Schützengraben war nicht die Zeit, umständlich eine Taschenuhr hervorzukramen, also wanderte die Uhr ans Handgelenk. In den frühen Zwanzigern kam dazu, dass man das wieder anlaufende Leben genießen wollte. Somit waren bei den Herrenarmbanduhren bald eine Vielzahl an Gehäuse- und auch Anzeigeformen gefragt – auch solche, die ganz auf Zeiger verzichteten. 

In den 1920er-Jahren beginnt die Stunde zu springen

Erste Entwürfe für Modelle mit digitaler Stunden- und Minutenanzeige gab es schon 1915 beim Bieler Hersteller Spori-Dubois. Ob sie schon im Krieg verwendet wurden, ist nicht bekannt; die Soldaten trugen in erster Linie Armbanduhren mit Schutzgitter vor dem Glas. Doch in den 1920er-Jahren kommen die ersten bekannteren Hersteller auf den Trichter mit der Digitaluhr. So kombiniert Audemars Piguet bereits 1921 eine springende Stunde mit zentralem Minutenzeiger und kleiner Sekunde. Und der immer vor Ideen sprühende Louis Cartier kreiert 1928 eine Digitalversion seiner berühmten rechteckigen Tank aus dem Jahr 1917. Die Tank à guichets (das französische Wort für Schalter oder Fensterchen) zeichnet sich durch ein auf allen Seiten geschlossenes, rechteckiges Metallgehäuse mit Krone bei zwölf Uhr aus. An seiner Vorderseite befinden sich zwei Fenster: in der oberen Hälfte ein kleines quadratisches für die Stunden, unten ein kreissegmentartig gebogenes für die Minuten.

Cartier Privé: Tank à guichets aus Platin

Cartier Privé: Tank à guichets aus Platin

© Cartier

Cartier: Die Wiederkehr der Tank à guichets

Solche zeigerlosen Uhren bieten bald auch andere Hersteller an. Was die Technik angeht, gibt es einen Unterschied zwischen Stunden und Minuten: Während die Scheibe für letztere sich kontinuierlich dreht, bleibt die Stundenscheibe 60 Minuten lang fest an ihrem Platz, um dann plötzlich um eine Position weiterzuspringen. Dieser augenblicklich benötigte Kraftaufwand ist das technische Merkmal aller Uhren mit springender Stunde und macht es zu einer kleinen, aber nicht zu unterschätzenden Komplikation. Um die zum Schalten benötigte Kraft auf einen Schlag zur Verfügung zu haben, entnimmt das Uhrwerk für 60 Minuten kontinuierlich etwas Energie vom Federhaus und speichert sie in kleinen Federn. So steht sie im gegebenen Moment, nach der Auslösung durch den Mechanismus, für den Schaltvorgang zur Verfügung.

2025 hat Cartier das Modell wiederbelebt. Eigens für die Tank à guichets aus der Collection privée hat die Marke das Kaliber 9755 MC mit Handaufzug entwickelt, mit springender Stunde und schleppender Minute. das speziell für diese Uhr entwickelt wurde. Wie beim Vorbild von 1928 befindet sich die Krone am oberen Gehäuserand. Neben den drei Modellen mit „lächelnder“ Minutenindikation, die in Gelbgold, Roségold und Platin erhältlich sind, gibt es eine vierte Variante mit schräg versetzten Anzeigen, ebenfalls aus Platin und auf 200 Exemplare limitiert.

Chronoswiss: Delphis Dracula

Chronoswiss: Delphis Dracula

© Chronoswiss

Mechanikrenaissance mit Chronoswiss: Die Delphis

Mit den 1930er-Jahren geht das Zeitalter der mechanischen Digitaluhren zu Ende und kommt nicht mehr zurück, bis in den Siebzigern die digitalen Quarzuhren den Weltmarkt beherrschen und die mechanische Uhr komplett zu vertreiben scheinen. Doch in den Achtzigern beginnt langsam die Zeit der Mechanikuhrenrenaissance. Zu den Pionieren, die in Deutschland die Schönheit und die anspruchsvolle Technik der mechanischen Uhrmacherkunst wiederbeleben, gehört der Uhrmachermeister Gerd-Rüdiger Lang mit seiner 1982 gegründeten Marke Chronoswiss. Er zelebriert die klassische Horlogerie und erklärt seinen Kunden in einem grünen Buch, das jeder Käufer erhält, worauf es ankommt. Zu seinen herausragenden Modellen gehört seit den neunziger Jahren die Delphis: eine Uhr mit springender Stunde, retrograder Minute und kleiner Sekunde. 2012 verkauft Lang das Unternehmen. Inzwischen ist er verstorben, aber die Delphis lebt in der aktuellen Chronoswiss-Kollektion fort. Zu den aktuellen Modellen gehört die Ende 2024 eingeführte Delphis Dracula: eine Rotgolduhr im typischen Chronoswiss-Gehäuse mit gerändelter Lünette und Zwiebelkrone, mit einem Zifferblatt aus rotem Feueremail vor schwarzem Hintergrund. Für die Technik hat sich Chronoswiss vom Spezialisten La Joux-Perret aus La Chaux-de-Fonds ein exklusives Werk konstruieren und fertigen lassen: das Automatikkaliber C.6004 mit 55 Stunden Gangreserve.

Bulgari: Gérald Genta Arena Retrograde Mickey Mouse

Bulgari: Gérald Genta Arena Retrograde Mickey Mouse

© Bulgari Gérald Genta

Spielereien und Verzierungen: Gérald Genta und Reservoir

Der Verzicht auf den Stundenzeiger schafft Platz auf dem Zifferblatt. Damit bietet sich die Möglichkeit für Spielereien und Verzierungen. So bringt Bulgari 2023 unter dem Label Gérald Genta die Figur von Mickey Mouse, einer Idee des gleichnamigen Uhrendesigners aus den Achtzigern folgend, aufs Zifferblatt und macht ihren rechten Arm zum retrograden Minutenzeiger, während die Stunde in einem runden Fenster springt. Ein Jahr später, jetzt wieder unter dem Markennamen Gérald Genta, folgt ein ähnliches Modell mit Minutenrepetition. Die französische Marke Reservoir setzt die gleiche Idee mit dem kraftstrotzenden Matrosen Popeye um.

 

 

 

 

Reservoir x Popeye Golf

Reservoir x Popeye Golf

© Reservoir

Chopard: Atemberaubende Handwerkskunst

Chopard nutzt die Gestaltungsmöglichkeiten, die die springende Stunde bietet, auf ganz andere Weise: Hier bildet das Zifferblatt die Projektionsfläche für atemberaubende Handwerkskunst. Die neueste Version der L.U.C Quattro Spirit 25 zeigt ein grünes Zifferblatt aus Strohintarsien, bei denen sich Sechseck an Sechseck reiht – wobei die Linien immer in eine andere Richtung zeigen. So entsteht ein Muster, das an die Bilder von M. C. Escher erinnert. Von dem Muster lenken kein zweiter Zeiger, keine Stundenindexe und keine Minuterie ab. Für das kontinuierliche Fortbewegen des Minutenzeigers und das pünktliche Springen der Stundenscheibe sorgt das Chopard-Manufakturkaliber LUC 98.06-L. Obwohl ein Mechanismus mit springender Stunde sehr energieintensiv ist, bietet die L.U.C Quattro Spirit 25 eine Gangreserve von acht Tagen.

Chopard: L.U.C Quattro Spirit 25

Chopard: L.U.C Quattro Spirit 25

© Chopard

Hautlence und die Sache mit der Kugel

Hautlence, die Marke, deren Name aus den Buchstaben ihrer Heimatstadt Neuchâtel besteht, geht bei ihrer Sphere Séries 1 noch einen Schritt weiter. Hautlence hat sich generell ungewöhnliche Zeitanzeigen auf die Fahnen geschrieben. Bei der 2023 herausgebrachten Sphere wird die springende Stunde zur Kugel, eine technisch so anspruchsvolle wie optisch aufregende Lösung. Dafür, dass die Stundenzahlen die richtige Reihenfolge einhalten, sorgen vier Kegelräder im Innern der Kugel, die sich um zwei gekreuzte und um 21 Grad geneigte Achsen bewegen. Die Kugel selbst besteht aus zwei Schalen aus poliertem, blau PVD-beschichtetem Titan. Auch hier ist die retrograde Minute das Mittel der Wahl: Ihr Zeiger benötigt nur einen Halbkreis, an dessen Ende er zur Nullposition zurückspringt. So kann Hautlence die zweite Hälfte des Zifferblatts für die springende Stunde nutzen.

Hautlence: Sphere Series 1

Hautlence: Sphere Series 1

© Hautlence

Bremont: Digitale und analoge Anzeigen ergänzen sich

Auch wenn sich die springende Stunde bei einem offenen Zifferblatt gut mit einer retrograden Minute kombinieren lässt: Die geschlossene Digitalvariante mit Fenstern wird zunehmend auch für andere Marken als Cartier zur reizvollen Alternative. Ein aktuelles Beispiel ist die britische Marke Bremont: Ihre Terra Nova Jumping Hour von 2025 präsentiert sich als Dresswatch in einem kissenförmigen Gehäuse mit polierter Lünette. Neben den Fenstern für die springende Stunde und die laufende Minute gibt es einen prominenten zentralen Sekundenzeiger, sodass sich digitale und analoge Anzeigen gegenseitig ergänzen.

Bremont: Terra Nova Jumping Hour in Edelstahl

Bremont: Terra Nova Jumping Hour in Edelstahl

© Bremont

Preiswert und schön: Maen x Nico Leonard

Und last not least: Wer sich für die rein digitale Version begeistert, aber nicht das Budget für die Cartier hat, sollte einmal bei der schwedischen Marke Maen vorbeischauen. Zusammen mit dem niederländischen YouTuber Nico Leonard hat Maen eine Linie von limitierten Modellen herausgebracht. Sie überzeugen durch ein tonneauförmiges Gehäuse und ein Zifferblatt mit Sonnenschliffdekor, das mal schwarz, mal grün (beide ausverkauft), mal leuchtend rot ausfällt. Trotz des auffälligen Gehäuses und der großen Krone wirkt die Uhr elegant; das zeigerlose Zifferblatt beschränkt sich auf die Fenster für springende Stunde und schwebende Minute. Zusätzlich zum Maen-Schriftzug findet sich das Logo von Nico Leonard als einziges weiteres Element. Mit rund 1.250 Euro ist sie die preiswerteste Uhr in unserer Übersicht.

Maen x Nico Leonard mit rotem Zifferblatt

Maen x Nico Leonard mit rotem Zifferblatt

© Maen

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