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Interview: Blancpain-Chef Marc A. Hayek

Blancpain: Präsident und CEO Marc A. Hayek Chef Blancpain in seinem Büro in Paudex bei Lausanne
© www.mauricehaas.ch
Blancpain-Präsident Marc A. Hayek ist leidenschaftlicher Taucher. Daher war das Jahr 2023, in dem Blancpain den 70. Geburtstag seiner Taucheruhrenikone Fifty Fathoms feierte, ein besonders aufregendes Jahr. Von der berühmten Taucheruhr gab es drei Jubiläumsmodelle – Act 1, 2 und 3 –, außerdem erweiterte die Marke ihre Bekanntheit beim jüngeren Publikum schlagartig durch die Einführung der Blancpain x Swatch Scuba Fifty Fathoms zusammen mit der Schwestermarke Swatch. Im Gespräch mit WatchTime blickt der Blancpain-Chef zurück auf die wichtigen Entscheidungen des Jahres, gewährt bereits Ausblicke auf künftige Neuheiten und verrät, warum ihn hinter den Kulissen andere Modelle noch mehr beschäftigt haben als die Fifty Fathoms.
Herr Hayek, das Jubiläumsjahr, in dem die Fifty Fathoms 70 wurde, geht zu Ende. Wie bewerten Sie das Jahr rückblickend? Stabil bis gut. Wir haben in den letzten Jahren, beginnend mit der Covid-Pandemie, große Herausforderungen zu meistern gehabt, wenn ich etwa an die damals plötzlich ausbleibenden chinesischen Touristen denke. Für mich war und ist sehr positiv, dass wir uns jetzt wieder im normalen Rhythmus bewegen und, je nach Land, wieder auf oder sogar über Vor-Covid-Niveau sind. Und dass wir es geschafft haben, die lokale Kundschaft und Touristen aus näher gelegenen Gebieten noch mehr für unsere Uhren zu begeistern. Es hat sich gezeigt, dass wir doch breite Standbeine haben – sowohl, was bestimmte Märkte angeht, als auch hinsichtlich unserer Kollektion.2023 stand logischerweise die Fifty Fathoms im Mittelpunkt. Sie haben den Geburtstag unter anderem mit den Jubiläumsmodellen Act 1, 2 und 3 gefeiert. Welches kam am besten beim Publikum an? Ich kann da gar keinen Unterschied nennen. Die limitierten Modelle Act 1 und Act 3 sind bereits in den Handel hinein ausverkauft, und auch die Bestellungen der nicht limitierten Fifty Fathoms 70th Anniversary Act 2 – Tech Gombessa (Act 2, Red.) haben unsere Erwartungen übertroffen.
Blancpain: Fifty Fathoms 70th Anniversary Act 3, limitierte Auflage von 555 Stück © Blancpain
Von der MIL-SPEC beziehungsweise Act 3 gibt es genau 555 Exemplare. Wie kamen Sie auf diese Zahl? Die Ziffer Fünf bezieht sich auf den Modellnamen Fifty Fathoms. In der Vergangenheit gab es bereits mehrere auf 500 Stück limitierte Fifty Fathoms, jetzt haben wir uns für 555 entschieden.Ist es denkbar, dass wir die eine oder andere dieser Uhren bald in abgewandelter Form wiedersehen? Ja, sogar mehrere. Wir haben uns entschieden, die Fifty Fathoms künftig auch in einer Gehäusegröße von 42,3 Millimetern anzubieten, also in der Größe der Act 1. Sie ergänzt damit die klassische Größe von 45 Millimetern und die kleine Version von 40,3 Millimetern. Das wird schon früh im Jahr 2024 passieren. Von der Fifty Fathoms Tech wird es eine „zivile“, flachere Variante geben, eine Dreizeigeruhr mit einer auf eine Stunde kalibrierten Lünette. Die Tech wird sich zu einer Linie der Fifty Fathoms Kollektion entwickeln. Die Act 3 dagegen soll etwas Spezielles bleiben. Sie können in naher Zukunft aber durchaus mit Uhren rechnen, die sich von anderen historischen Modellen ableiten.
Rüdiger Bucher, WatchTime, und Marc A. Hayek bei der Präsentation der Fifty Fathoms Act 3 in Cannes, September 2023 © WatchTime
Blancpain war die erste Marke außer Omega, die Bronzegold eingesetzt hat, nämlich bei der Act 3. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Wir haben schon vor Jahren innerhalb der Swatch Group nach einer stabilen Bronze gesucht. Es ging gar nicht konkret darum, eine Goldbronze zu machen. Doch als technische Lösung für eine Bronze, die kaum Patina ansetzt, ergab sich letztlich diese Legierung mit einem hohen Goldanteil von 37,5 Prozent, also neun Karat. Bei der Entwicklung waren Omega und Blancpain jeweils stark beteiligt. Omega hat dann das erste Produkt aus diesem Material gebracht, weil das mit einem Jubiläum verbunden war. Uns war wichtig, dass wir keine Bronze haben, bei der man nach zehn Jahren die Löcher im Grünspan sehen muss. Das finde ich inakzeptabel bei einer wertvollen Uhr. Die Goldbronze ist allerdings auch sehr stabil. Ich mag grundsätzlich schon auch eine Bronze, deren Farbe sich mit der Zeit leicht verändert – ohne dass das Material darunter leidet. Derzeit entwickeln wir noch verschiedene andere innovative Materialien, die wir in den nächsten Jahren einsetzen werden.2023 war auch das Jahr der Einführung der Blancpain-Swatch. Wir haben da einen ähnlichen Hype erlebt wie bei der Moonswatch. Was für besondere Erfahrungen haben Sie rund um den Launch gemacht? Es freut mich, dass wir dadurch mehr Sichtbarkeit und mehr Kontakt zu neuen Kunden erhalten haben, und dass es insgesamt mehr Diskussionen rund um die Marke Blancpain gibt. So schön unsere High-End-Produkte sind: Ihr Preis schließt ja per se einen großen Teil der Menschen als potenzielle Kunden aus. Selbst wenn wir von Blancpain absehen: Allein schon die Schwelle, eine rein mechanische Schweizer Uhr zu erwerben, ist für viele sehr hoch.
Swatch x Blancpain Scuba Fifty Fathoms Atlantic Ocean SO35A100 © Blancpain x Swatch
Mit der Bioceramic Scuba Fifty Fathoms haben wir diese Schwelle deutlich niedriger gesetzt und bieten eine Uhr an, die unheimlich viel zu erzählen hat: ein rein mechanisches Werk mit so wenig Werkteilen; eine Taucheruhr, die kein Gimmick ist, sondern im Grunde eine Instrumentenuhr, in der sich die ganze Geschichte der Entwicklung der Taucheruhren vom Instrument bis hin zum Lifestyleobjekt widerspiegelt. Natürlich haben wir durch diese Uhr unglaublich viele neue Kontakte zu Kunden bekommen und einen massiven Trafficzuwachs gehabt, der uns selbst nach dem Abflauen des ersten Peaks noch auf einem Niveau hält, das etwa doppelt so hoch ist wie vor dem Launch. Und natürlich sind da auch viele potenzielle neue Blancpain-Kunden dabei. Aber mir ist am wichtigsten, dass wir damit die Welt von Blancpain, vom Ocean Commitment, von der Fifty Fathoms und eben von der mechanischen Schweizer Uhr als solcher für einen viel größeren Kreis öffnen.Im Rahmen des Ocean Commitment engagiert sich Blancpain schon lange für Meeresschutzinitiativen. Was sind derzeit die wichtigsten Projekte? Zum einen nach wie vor unsere Unterstützung der Gombessa-Expeditionen von Laurent Ballesta und des World Ocean Summit von The Economist (einflussreiches wöchentlich erscheinendes britisches Wirtschaftsmagazin, Red.). Zum anderen, und das ist für mich ebenfalls sehr wichtig, unsere Partnerschaft mit PADI (Professional Association of Diving Instructors, die weltweit größte kommerzielle Tauchausbildungsorganisation, Red.). Mit ihr erreichen wir Millionen Menschen, auch solche, die in diesem Zusammenhang zum ersten Mal von Blancpain hören. An PADI gefällt mir vor allem, dass sie sich nicht nur an Profitaucher wenden, sondern im Prinzip an jeden. Hier geht es einmal nicht um Wissenschaft, Action oder das Pushen von Limits, sondern darum, Menschen grundsätzlich die Angst vor dem Meer und dem Tauchen zu nehmen und sie an die Schönheit unter Wasser heranzuführen. Darüber hinaus engagieren wir uns in sehr vielen Mikroprojekten, die oft lokal begrenzt sind, welche für uns auch wichtig und mit den größeren Projekten komplementär sind.
Blancpain Fifty Fathoms 70th Anniversary Act 2 Tech Gombessa © Blancpain
Haben Sie das Gefühl, dass immer mehr Konsumenten nach Aktivitäten für Umwelt oder Klima fragen, dass sie das von einer Marke verlangen? Ja, massiv. Ich bin sicher, für einen Großteil der künftigen Generationen ein authentisches und effizientes Engagement in diese Themen das mit Abstand größte Marketingargument sein wird. Und sie schauen auch genau hin, wie ernsthaft eine Marke dieses Engagement betreibt. Ob man nur kurzfristig ein bisschen Geld ausgibt, um auch zu den „Guten“ zu gehören, also Greenwashing betreibt, oder ob man sich konsequent über viele Jahre hinweg engagiert.Sie sind leidenschaftlicher Taucher. Mit welcher Uhr tauchen Sie am liebsten? Am liebsten tauche ich mittlerweile mit der Fifty Fathoms Act 2 Tech Gombessa. Ich betreibe meistens technisches Tauchen mit einem Rebreather, da kommt es weniger auf die Minute an als auf die Stunden. Und da hilft mir die Tech mit ihrer Drei-Stunden-Skala auf der Lünette wesentlich besser als eine konventionelle Taucheruhr.
Blancpain-Präsident Marc A. Hayek ist ein leidenschaftlicher Taucher © Mark Strickland
Die Fifty Fathoms ist für viele die wichtigste Linie bei Blancpain. Sind Sie mit dieser Situation zufrieden oder ist es ihr Ziel, weitere Hero-Modelle aufzubauen? In der Vergangenheit verlief das bei Blancpain zyklisch. In den 1950- bis 1970er-Jahren stand klar die Fifty Fathoms im Mittelpunkt, danach war es lange die Villeret. Auch, als ich vor etwa 20 Jahren bei Blancpain anfing, war das noch so. Man sieht das auch an den Referenzen: Bei Villeret haben wir etwa 180 gegenüber rund 40 bei der Fifty Fathoms. Die Entwicklung bei Villeret war über viele Jahre stärker. In den letzten Jahren haben wir eher versucht, das wieder etwas ins Gleichgewicht zu bringen. 2023 stand die Fifty Fathoms durch das Jubiläum natürlich im Mittelpunkt, aber ich kann ihnen verraten, dass wir in den letzten Jahren intensiv an neuen Werken für die Villeret gearbeitet haben. Da werden Sie ab 2025 einiges sehen.2025 ist der 190. Geburtstag der Marke Blancpain. Genau. Und den werden wir entsprechend begehen. Es dauert um die fünf bis sieben Jahre, um ein neues Werk mit einer anspruchsvollen Komplikation zu entwickeln. Und davon bringen wir mehrere, auch wirklich Große Komplikationen, wo wir von mehr als 1000 Werkteilen sprechen. Und das sind alles komplett separate Entwicklungen, bei denen keine Schraube gleich ist. Wir starten 2025 mit der kompliziertesten, weitere Neuvorstellungen wird es 2026 und 2027 geben. Insofern war es in den letzten Jahren intern nie ruhig um die Villeret, auch wenn das von außen so ausgesehen haben mag.Blancpain steht ja unter anderem für sehr flache Uhren. Aber eine so komplizierte Uhr braucht dann sicher eine ordentliche Höhe, oder? Sagen wir so: Für das, was alles drinsteckt, wird die Jubiläumsuhr sehr flach sein. Sie wird auch etwas beinhalten, das es bei Blancpain noch nicht gab. Es ist die aufwendigste Blancpain seit der 1735.
Blancpain: Grande Complication 1735 von 1990 © Blancpain
Blancpain: Das Werk der 1735 verfügte u.a. über Minutenrepetition, ewigen Kalender, Schleppzeigerchronograph und Tourbillon © Blancpain
Viele große Uhrenmarken setzen im Vertrieb immer mehr auf eigene Kanäle, sprich: Boutiquen, und reduzieren ihre Präsenz im klassischen Fachhandel. Was planen Sie für Blancpain? Auch wir werden den Anteil unserer eigenen Boutiquen erhöhen und gleichzeitig die Gesamtzahl unserer Verkaufsstellen weltweit verringern. Heute machen unsere eigenen Geschäfte gut zehn Prozent unserer Points of Sales aus, diese Zahl werden wir steigern. Aber wir werden den klassischen Fachhandel als Partner behalten.Meine Frage zum Abschluss: Welche Uhr tragen Sie heute? Die Fifty Fathoms Act 3. Die musste ich einfach haben. Ich trage sie seit der Präsentation, aber nicht nur heute, sondern ich habe mir ein Modell für mich persönlich gesichert, und zwar mit meiner Lieblingsnummer 24.Dann wünsche ich Ihnen, dass das Jahr 2024 für Sie ganz besonders erfolgreich wird! Vielen Dank!Mehr über die Scuba Fifty Fathoms Blancpain x Swatch erfahren Sie hier.Lesen Sie hier, welche Blancpain x Swatch Ed Sheeran bevorzugt.Sie wollen noch mehr über Blancpain wissen? Hier die 5 wichtigsten Fakten zur Marke. 

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