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Uhren als Wertanlage: Interview mit Prof. Dr. Oliver Hoffmann

Professor Oliver Hoffmann
© Privat
Ob als Anlageobjekt, Statussymbol oder aus Leidenschaft – Luxusuhren sind so begehrt, wie nie zuvor. Aber es herrscht erstaunlich viel Unkenntnis bei denjenigen, die sich für ein Uhreninvestment interessieren. Soweit zumindest die Erfahrungen von Prof. Dr. Oliver Hoffmann, über die er mit dem UHREN-MAGAZIN spricht.
Herr Hoffmann, woher rührt Ihre Idee, ein Buch über »Uhren als alternatives Investment« zu schreiben? Sind sie selbst Uhrensammler?Ich beschäftige mich seit über 17 Jahren mit dem Thema. Da erschien es mir eine gute Idee, mein Wissen zusammenzutragen und in einem wissenschaftlich fundierten Buch zu veröffentlichen, zumal ich festgestellt habe, dass es in diesem Bereich sehr wenige Veröffentlichungen gibt. Uhren und in Uhren zu investieren ist eine Herzensangelegenheit für mich – als Sammler würde ich mich hingegen nicht bezeichnen, ich habe nie mehr als drei Uhren gleichzeitig in meinem persönlichen Besitz. In meinem Beruf muss ich immer bereit sein, etwas zu verkaufen.Welche Erwartungshaltung darf der Leser an dieses Buch haben und was darf er absolut nicht erwarten?Er kann ein fundiertes Buch erwarten, welches ihm vermittelt, wie Uhren zu ihrem Wert kommen, welche Faktoren dabei bestimmend sind und wie grundlegende Wertmechanismen funktionieren. Hingegen sollte er keine Blaupause erwarten, was man kaufen muss um eine gute Rendite zu halten. Das Buch soll zum Nachdenken anregen und dem Interessenten die Möglichkeit geben, seine eigene Strategie zu entwickeln.Eine scheinbar profane Frage, die unsere Leser immer wieder stellen, lautet: »Wenn ich eine Uhr besitze, die ich verkaufen möchte, wie bekomme ich heraus, was sie wert ist? Oder anders gefragt, woher weiß ich, was ich für die Uhr verlangen kann?« Was würden Sie unserem Leser antworten?Es gibt viele Möglichkeiten, um sich einen ersten Preisüberblick zu verschaffen. Ich würde immer aktuelle Auktionsergebnisse großer, internationale Häuser, wie zum Beispiel von Christie’s, recherchieren und dann schauen, was Händler für dieses Modell verlangen. Tendenziell bewerte ich historische Preise immer etwas höher, da aktuelle Angebote meistens schon eine zukünftige Preisentwicklung mit abbilden. Die Veräußerung einer Uhr hängt natürlich von vielen Faktoren ab: Wie schnell man das Geld braucht, wie einfach eine Transaktion sein soll und wie viel persönliches Risiko man tragen möchte. Ich selbst bin immer Freund von Auktionen für die Preisermittlung. Ansonsten lohnt es sich auch, mit einem Uhrenhändler eine langfristige Beziehung aufzubauen.Anders herum gefragt: Wenn ich eine Uhr mit dem Ziel der Wertanlage erwerben will, wie mache ich mich auf den Weg und wie bekomme ich heraus, für welche ich mich entscheiden sollte?Zunächst muss ich mir erst einmal Klarheit über die Strategien, die ich verfolgen will, verschaffen. Käufe aus dem Bauch heraus haben wenig Platz, wenn es darum geht, Uhren als Investment zu sehen. Dem Thema Investmentstrategien habe ich ein eigenes Kapitel im Buch gewidmet. Das ist durchaus komplex. Man sollte nicht unterschätzen dass ein Investment in Uhren mit viel Marktwissen und auch Zeit, die man aufwenden muss, verbunden ist. Grundlegend kann man sagen, dass die Uhren, welche zu ihrer Zeit besonders innovativ sind und dem Kunden einen hohen technischen oder sozialen Nutzen bieten, ein gutes Investment sein können. Der Kauf einer Uhr selbst ist dann relativ unkompliziert, da er ja nicht staatlich reguliert ist. Ein grundlegender Hinweise: Man sollte immer auf die Seriosität des Handelspartners achten sowie auf eine lückenlose Dokumentation.Wenn ich eine Uhr als Wertanlage betrachte, wie verhält sie sich im Vergleich zu anderen Anlageformen?Uhren haben viele Vorteile, aber auch ihre Grenzen. Sie sind als Anlageform leicht zu lagern und zu versichern, relativ unempfindlich und können in einem gut organisierten und inhaltlich strukturierten Markt gehandelt werden. Jedoch sind Ihnen als physische Objekte auch Grenzen gesteckt. Eine Transaktion ist meistens teurer und schwieriger als bei digitalen Gütern, das zu erwartende Potenzial auch nie so hoch wie bei Aktien oder anderen risikoreichen Anlageformen, die stärker in unser Wirtschaftsleben integriert sind als das Nischenfeld Uhren. So darf man bei einer Uhr keine Verzehnfachung des Wertes innerhalb eines Jahres erwarten. Bei Aktien hingegen ist dies durchaus möglich. Uhren bieten dafür eine stärkere Absicherung nach unten, da sie einen physischen Wert haben, der anderen Anlageformen fehlt.Wenn ich eine Uhr als Wertanlage betrachte, woher weiß ich, ob es die richtige Anschaffung ist, sprich, ob (genau) diese Uhr auch ihren Wert behält beziehungsweise im Wert steigt?Dies mit hundertprozentiger Sicherheit zu wissen, ist wie bei jeder Anlageform unmöglich. Es gibt jedoch eine ganze Reihe von Anzeichen und Faktoren, die es wahrscheinlich machen, dass eine Uhr ihren Wert behält oder in der Zukunft sogar weiter ausbaut. Entscheidend ist dabei ihre Bedeutung in einem technisch-sozialen Kontext, in den auch Markenwert, Ästhetik und sozialer Nutzen einfließen. Wenn dann noch hinzukommt, dass die Uhr einen entsprechenden physikalischen Wert besitzt, intrinsische Faktoren, wie besondere technische Lösungen oder Komplikationen integriert, und den richtigen, wertstabilen Markennamen trägt, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass, wenn man eine solche Uhr zu einem guten Preis kauft, sie auch ihren Wert halten beziehungsweise ausbauen kann. Ein großer Teil des Gewinns liegt natürlich auch immer im intelligenten Einkauf.Welche Rendite kann man von einer Uhr als Anlageobjekt denn überhaupt erwarten?Da der Begriff Rendite natürlich immer auf Jahre abgestimmt ist, ist es schwer zu sagen welchen Wertzuwachs man in einem Jahr erwarten kann. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man für ein Uhrenportfolio von etwa 100 Uhren, die man gut ausgewählt hat, ungefähr eine Rendite von zehn bis zwanzig Prozent erzielen kann.Kommen wir mal zu den Uhrenmarken. Welche Marken oder auch Modelle sind besonders wertstabil? Und warum? Und sind sie das auch in Zukunft?Hier drängen sich natürlich die drei großen Marken auf, welche ich auch in meinem Buch ausführlich behandle, und die den Uhrenmarkt derzeit dominieren: Patek Philippe, Audemars Piguet und Rolex.
Jede der drei Marken verfolgt eine eigene Strategie für die Werthaltigkeit ihrer Uhren. Deswegen sind diese drei Marken für ein Portfolio, welches wertstabil sein sollte, auch gut geeignet. Letztendlich leitet sich Wertstabilität neben den Produkteigenschaften auch sehr aus der Aufarbeitung der eigenen Historie der Uhrenmarke ab. Hier leisten alle drei Marken sehr gute Arbeit. Daher ist es auch in Zukunft sehr wahrscheinlich, dass gerade Modelle dieser Marken wertstabil bleiben. Jede dieser Marken hat Modelle, die derzeit sogar sehr gehypt sind und große Wertzuwächse generieren können, wie die Patek Philippe Nautilus, die Audemars Piguet Royal Oak oder die Rolex Submariner. Wie nachhaltig dies ist, wird sich zeigen.
Rolex Submariner: Auf Grund ihrer begrenzten Verfügbarkeit bei gleichzeitig hoher Nachfrage wird sie rund 80 Prozent über dem Listenpreis, der bei 7.550 Euro liegt, gehandelt. © Protected by Copyright
>> Mehr über Rolex als Wertanlage erfahren Sie in diesem ArtikelWann erreicht eine Uhr ihren »besten Wert«? Ist es so wie beim Rotwein – je älter, desto besser? Oder gilt hier eine andere Gesetzmäßigkeit?Sicherlich »nein« im Hinblick auf das »je älter, desto besser«. Uhren sind soziale Objekte. Ihr Wert hängt stark mit der Bemessung dieses Wertes durch soziale Faktoren ab. So kann eine jüngere Sammlergeneration zum Beispiel mit Taschenuhren nur noch weniger anfangen. Dementsprechend sind diese in ihrer Wertposition auch seit Jahren gesunken, bis auf herausragende Exemplare. Generell ist es so, dass immer die Modelle gerade besonders begehrt sind, welche die aktuelle Altersschicht mit maximiertem Einkommen mit ihrer Jugendzeit verbindet, derzeit hauptsächlich die 1970er/1980er-Jahre. Dies wird sich mit den Jahren weiter nach vorn verschieben. Wir haben das gleiche Phänomen im Classic Car-Markt häufiger beobachtet.Gibt es einen optimalen Verkaufszeitpunkt für wertbeständige Uhren?Ich denke, dieser Punkt lässt sich zu hundert Prozent nur historisch bestimmen. Wobei es relativ gute Indikatoren gibt, wenn Werte anfangen zu kippen. Einer davon ist zum Beispiel das Handelsvolumen. Wenn eine Marke oder ein Modell nur noch wenig gehandelt wird, werden die Preise, welche aktuell aufgerufen werden, wohl nicht mehr lange bezahlt werden. Ich selbst arbeite hier mit einem Potenzialwert, welcher neben verschiedenen Faktoren genau dies berücksichtigt.Wie sollte man eine Uhr behandeln, damit sie wertstabil bleibt? Ab in den Tresor?Man sollte jede Uhr gut und respektvoll behandeln, allein weil so viel Handwerk in ihr steckt. Grundsätzlich ist natürlich die Lagerung in einem Tresor zu bevorzugen, wobei die Freude am Tragen, meiner Meinung nach, Teil der Rendite ist. Daher ist ein vernünftiges und verantwortungsvolles Tragen einer Uhr durchaus akzeptabel. MaRi

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