Die Uhrenmarke Junghans und ihr Macher
Als die Uhrenmarke Junghans vor dem Aus stand, kam Matthias Stotz. Mit großem Engagement brachte er das Schramberger Unternehmen wieder auf die Beine.

“Leben ist das, was passiert, während man gerade andere Pläne macht” – dieser Satz könnte extra für Matthias Stotz erfunden worden sein. Dass gerade er durch so viele Wechselbäder gegangen ist, scheint eine Laune des Schicksals zu sein. Der Mann wirkt heute wie ein Fels in der Brandung und scheint nicht gerade ein wankelmütiger Geist zu sein. Und eigentlich hätte für Stotz von Anfang an alles klar sein müssen: Die Familie betrieb in Freiburg ein Juwelier- und Uhrengeschäft, in vier Generationen lernten die Söhne das Uhrmacherhandwerk. Das schien zunächst auch der Weg von Matthias zu sein, der, 1969 geboren, als Schulkind durchaus einiges mit einem Uhrwerk anzufangen wusste – es zu zerlegen, und auch wieder zusammenzubauen.
Eine praktische Ausbildung führte zur Uhrmacherei
“Alle in der Familie haben erwartet, dass ich Uhrmacher lerne und in das Geschäft eintrete”, erzählt Stotz heute. Gerade deshalb verweigerte er diesen Weg erst einmal. Uhren sollten später trotzdem seinen beruflichen Werdegang prägen. Studieren wollte der junge Stotz irgendetwas Technisches. Zunächst folgte er dem Rat seiner Familie, erst einmal eine praktische Ausbildung zu machen und meldete sich an der Fachschule Villingen-Schwenningen für den Ausbildungsgang Feinmechanik an. Doch der war bereits belegt. Der Schulleiter empfahl einen Ausbildungsbeginn im Fach Uhrmacherei, ein späterer Wechsel zur Feinmechanik sei dann immer noch möglich. Zu dieser Zeit besuchte Stotz auf der Baselworld in der Schweiz den Stand der Académie Horlogère des Créateurs Indépendants (AHCI), die auch heute noch alle unabhängigen Uhrmacher von internationalem Rang unter ihrem Dach vereint. Und ab dem Moment war es um ihn geschehen.

“Ich sah zum ersten Mal Uhrwerke mit Tourbillons und wusste sofort, dass ich auch so einen Mechanismus entwerfen und bauen musste”, erinnert sich Stotz. Er beschloss, diese Konstruktion als sein Gesellenstück in Angriff zu nehmen, sehr zur Verwunderung seiner Lehrer, die ein Tourbillon – wir schreiben das Jahr 1989 – nur von einem Gangmodell aus dem Jahr 1903 kannten, das vor Jahren eine Schülerin angefertigt hatte. Die Quarzkrise feiert ihren Höhepunkt, und ihre bittere Ernte war eingefahren: das Fehlen einer ganzen Uhrmachergeneration, die die Konstruktion mechanischer Werke, geschweige denn die von Komplikationen, beherrschte.
Ein Tourbillon legte den Grundstein für die Karriere
Stotz setzte sich durch und baute sein Tourbillon. Damit legte er den Grundstein für seine gesamte Karriere. “Ich habe mich noch nie irgendwo beworben”, erklärt er. Erst reichte sein Gesellenstück als Referenz, später sein Ruf in der Branche. Seine Kenntnisse in der Uhrenkonstruktion erweiterte er während seiner Zivildienstzeit in der feinmechanischen Abteilung der Universitätsklinik Freiburg – was eigentlich nicht ganz zu seinem Aufgabenfeld gehörte. “Da standen all die schönen Maschinen zur Metallbearbeitung herum. Ich musste meine Kollegen überzeugen, dass wir eine Kleinstserie von vier Uhren bauen”, erinnert sich Stotz mit leichtem Lächeln.
Eine schwere Krankheit fordert Stotz zum Umdenken auf
Diese jugendliche Leichtigkeit des Seins endete jäh mit einer Krebsdiagnose. Wieder musste Stotz in die Universitätsklinik Freiburg, dieses Mal als Patient. Es folgte ein neunmonatiger Kampf gegen die Krankheit, aus dem Stotz als Sieger hervorging. Aber dann, kaum verwunderlich nach einer solchen Krise, fragte sich der 22-Jährige, wie er diesem großen Geschenk des Weiterlebens wirklich gerecht werden konnte. Zunächst fing er in Teilzeit bei einem Uhrenservice an, der sich auf die Schweizer Marke Raymond Weil spezialisiert hatte, hauptsächlich, um sich behutsam wieder in das Arbeitsleben einzugliedern.
Hier geht es weiter mit der Geschichte von Junghans und Matthias Stotz.