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Luxussportuhren in Stahl

Audermars Piguet: Royal Oak 1972
© Audermars Piguet
Die beliebtesten Uhren sind aus Stahl, besitzen ein integriertes Stahlband sowie ein exklusives Manufakturkaliber - und sind oft zu Ikonen gereift.

Audemars Piguet Royal Oak

Die Royal Oak gehört zu den großen Ikonen der Uhrenwelt. Sie war 1972 die erste sportliche Luxusuhr aus Stahl. Am Anfang noch etwas zögerlich angenommen, hat sie sich bis heute zum wichtigsten Modell von Audemars Piguet entwickelt. 1972 gestaltete Gérald Genta die Royal Oak für die Schweizer Manufaktur. Der bekannte Uhrendesigner sollte später auch die Patek Philippe Nautilus, die IWC Ingenieur und die Bulgari Bulgari zeichnen. Charakteristisch für die Royal Oak sind die achteckige Lünette auf einem runden Gehäuse, die acht deutlich sichtbaren sechseckigen Schrauben, das einzigartige Tapisserie-Dekor auf dem Zifferblatt und das integrierte Metallband.
Mit 39 Millimetern besaß der Zeitmesser einen für den damaligen Geschmack sehr großen Gehäusedurchmesser, der ihm den Spitznamen „Jumbo“ einbrachte. Zudem war die Uhr extrem teuer, obwohl sie aus Stahl bestand: In Deutschland kostete sie 2.900 Mark. Das war mehr, als man für die meisten Golduhren ausgeben musste. Ihren Namen erhielt die Royal Oak in Rückbesinnung auf Karl II. von England: Der König soll sich 1651 vor seinen Verfolgern auf einer Eiche, später Royal Oak genannt, versteckt haben. Die Royal Navy taufte später einige ihrer Kriegsschiffe auf diesen Namen. Diese sogenannten HMS Royal Oaks besaßen im Rumpf Kanonenöffnungen mit achteckigen Rahmen, die schließlich zum Vorbild für die Lünette des Uhrenmodells wurden.Der hohe Preis resultierte aus zahlreichen technischen Details: von den Schrauben, deren Schlitze exakt kreisförmig auf der Lünette ausgerichtet waren, über die rund 250 verschieden polierten Kantenbrechungen am Gehäuse und am integrierten Stahlband bis hin zum damals flachsten automatischen Werk mit 21-karätigem Goldrotor und Datum. Angetrieben wurde das erste Modell vom flachen Automatikkaliber 2121, das von Jaeger-LeCoultre 1967 für Vacheron Constantin, Patek Philippe und Audemars Piguet entwickelt worden war und das später auch die Nautilus antrieb. Passend zum Anspruch einer sportlichen Uhr war die Royal Oak bis 100 Meter wasserdicht. Dafür sorgten die durchgehenden, sichtbaren acht Schrauben, die Gehäuseschale und Lünette zusammenhielten.
Das neu entwickelte Kaliber 4302 der aktuelllen Royal Oak © Audemars Piguet
Trotz des hohen Preises und der ungewöhnlichen Größe ließ sich die erste Serie von 1.000 Exemplaren nach einiger Zeit verkaufen. Bald wurde der Ruf nach mehr laut. Der spätere Erfolg übertraf dann allerdings alle Erwartungen. Heute stellt die Royal Oak die mit Abstand wichtigste Uhrenlinie von Audemars Piguet dar und wurde zu einer umfangreichen Kollektion ausgebaut.
Die neue Royal Oak, Ref. 15500ST, kam 2019 auf den Markt © Audemars Piguet
2019 stellte Audemars Piguet ein neues Basismodell in der Royal-Oak-Linie vor: Die Referenz 15500 mit 41 Millimetern Durchmesser kostet in Stahl 20.600 Euro und ersetzt die 2005 vorgestellte Referenz 15300 mit Kaliber 3120. Das Automatikkaliber 4302 ist ebenfalls neu. Mit 32 Millimetern fällt es deutlich größer aus und mit 4,8 Millimeter etwas höher. Es arbeitet mit modernen 28800 Halbschwingungen pro Stunde und kommt auf komfortable 70 Stunden Gangreserve.Die Royal Oak Jumbo mit 39 Millimetern und dem gleichen Kaliber 2121 des 1972er Modells ist ebenfalls noch im Programm; sie kostet 26.000 Euro.

Patek Philippe Nautilus

Die Nautilus ist heute eine der begehrtesten Uhren von Patek Philippe – und das will bei der Manufaktur mit dem höchsten Ansehen etwas heißen. Als Patek die Nautilus 1976 vorstellte, war sie vier Jahre nach der Royal Oak von Audemars Piguet die zweite Luxussportuhr in Stahl. Sie positionierte sich preislich noch einmal höher, und die erste Referenz 3700 kokettierte sogar in Anzeigen mit diesem Image: „Eine der teuersten Uhren der Welt ist aus Stahl“, hieß es da.Auch die charakteristische Form sorgte für Aufsehen: Die Lünette war weder ganz rund noch ganz eckig, sondern ein Achteck mit nach außen gewölbten Seiten. Mit 42 Millimetern Durchmesser war die Nautilus zudem ihrer Zeit weit voraus und überragte die Royal Oak um drei Millimeter. Gérald Genta, der auch die Royal Oak von Audemars Piguet gestaltet hatte, kam 1974 mit dem Entwurf der Nautilus aus eigenem Antrieb zu Patek Philippe. Die Inspiration zur ungewöhnlichen Gehäuseform mit abgerundeter achteckiger Lünette und der Gehäuseaufbau mit einem Scharnier auf der einen und einem Verschluss auf der anderen Seite stammte von einem Schiffsbullauge. Für Charakter und Wiedererkennbarkeit sorgten auch die Querstreifen auf dem Zifferblatt und das integrierte Metallarmband. Patek Philippe baute zu dieser Zeit fast ausschließlich elegante Golduhren und aufwendige uhrmacherische Komplikationen wie ewige Kalender und Minutenrepetitionen.
Die erste Patek Philippe Nautilus erschien 1976 © Patek Philippe
Trotz anfänglicher Zweifel, ob so eine große und sportliche Uhr zur Marke passen würde, stellte die Manufaktur die Uhr unter dem Namen Nautilus zwei Jahre später vor. Der Name stammt aus dem berühmten Roman „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“ von Jules Verne. Die Bullaugen von Kapitän Nemos Unterseeboot Nautilus hatten in manchen Darstellungen eine ähnlich ovale Form. Der Bullaugenvergleich passt nicht nur optisch, denn wie bei einem Schiffsfenster dienen die Flanken zum Verschrauben der Lünette mit dem Gehäuse. Dadurch gab es neben der Krone nur eine einzige Öffnung. Das Werk wurde zusammen mit dem Zifferblatt nach vorn herausgenommen. Diese Konstruktion war notwendig, um die Wasserdichtheit von 120 Metern zu erreichen. Mit dem Namen Nautilus betonte Patek Philippe also eine wichtige Eigenschaft der Uhr: die für damalige Verhältnisse sehr hohe Wasserdichtheit. In Anzeigen war dann auch über die Nautilus an zwei entsprechend ausgerüsteten Handgelenken zu lesen: „Sie passt zum Taucheranzug ebenso gut wie zum Smoking.“
Die aktuelle Nau tilus, Referenz 5711, ist sehr gefragt © Patek Philippe
In der ersten Referenz 3700 tickt das gleiche Jaeger-LeCoultre-Automatikwerk wie in der ersten Royal Oak. Bei Patek Philippe lief es unter dem Namen Kaliber 28-255.
Das Kaliber 324 SC treibt die heutige Nautilus an © Patek Philippe
Aufwind bekam die anfangs schleppende Nachfrage 1981 durch eine 37 Millimeter große Herrenuhr. Als weitere kleinere Modelle gebaut wurden, nannten Sammler die Ur-Nautilus analog zur Royal Oak ebenfalls Jumbo. Sie wurde 1990 eingestellt und erzielt auf Auktionen Spitzenpreise. Das heutige Dreizeigermodell mit der Referent 5711 stellt eine der gesuchtesten Uhren überhaupt dar. Wer nicht zu den wenigen gehört, die für 27.550 Euro ein Modell direkt vom Konzessionär ergattern können, zahlt über 64.000 Euro für eine Uhr aus zweiter Hand. Damit ist die 5711 die begehrteste neue Uhr überhaupt und ihr Aufschlag prozentual sogar noch höher als der der Rolex Daytona.

Vacheron Constantin Overseas

Auch die Ursprünge der Overseas reichen in die 1970er Jahre zurück: Als die Manufaktur Vacheron Constantin 1977 ihren 222. Geburtstags feierte, stellte sie das Modell 222 vor. Im Innern kam wie bei Royal Oak und Nautilus das flache Jaeger-LeCoultre-Automatikwerk zum Einsatz. Die Stahluhr mit integriertem Stahlarmband hatte der junge Deutsche Jörg Hysek gezeichnet. Die Lünette besaß auffällige Ausfräsungen, das Band große sechseckige Mittelglieder. Das Markenlogo, das Malteserkreuz, fand sich neben dem Zifferblatt auch auf der Gehäusevorderseite.
Die erste Overseas erschien 1996 © Vacheron Constantin
Das Markenlogo spielte auch eine große Rolle, als 1996 die Kollektion Overseas auf den Markt kam: Bei ihr gestalteten die Designer die Form der Lünette als Teile des Kreuzes. Zudem besaß sie ein geändertes Metallband.
Die Vacheron Constantin 222 von 1977 bildetet das Vorbild für die Overseas © Vacheron Constantin
2004 überarbeite die Manufaktur das Design, und nun erhielten auch die Bandglieder die Form von halben Malteserkreuzen. 2016 wurden die Proportionen nochmals angepasst. Eine Besonderheit stellt das Bandwechselsystem der aktuellen Overseas dar: Mit wenigen Handgriffen lassen sich die drei mitgelieferten Armbänder aus Edelstahl, Kautschuk und Alligatorleder austauschen.
Die aktuelle Overseas mit den Malteserkreuz Designelementen © Vacheron Constantin
Die Basis stellt die Overseas in 41 Millimetern mit Datum und Automatikkaliber 5100 dar. Mit dem Qualitätssiegel Genfer Punze, 60 Stunden Gangreserve und einer zeitgemäßen Größe von 30,6 Millimetern hat die Stahluhr einiges zu bieten. Für den Preis von 19.900 Euro bekommt man das Modell wie jede Overseas mit drei Bändern.
Manufaktur-Automatikkaliber 5100 © Vacheron Constantin

Girard Perregaux Laureato

Die 1791 gegründete Manufaktur ist vor allem für ihr Tourbillon mit drei Goldbrücken bekannt. 2016 ließ Girard-Perregaux jedoch eine ganz andere, fast vergessene Uhr wiederaufleben: Die Laureato hatte ihren ersten Auftritt 1975 als Quarzmodell. Dem Zeitgeist der 1970er Jahre entsprechend, besaß sie ein leicht tonneauförmiges Gehäuse. Das erste Modell bestand nicht komplett aus Stahl: Die achteckige Lünette aus Gold erklärt auch den lateinischen Namen, der „lorbeerkranzgeschmückt“ bedeutet.
Die erste Girard- Perregaux Laureato aus dem Jahr 1975 © Girard-Perregaux
Wie das Ursprungsmodell erschien auch die neue Laureato in Edelstahl mit einem Durchmesser von 41 Millimetern. Mit 10,88 Millimetern bleibt sie dabei flach. Sie besitzt ebenfalls ein integriertes Metallarmband. Die breiten, H-förmigen Bandglieder sind satiniert, die gewölbten Verbindungselemente poliert. Das Zifferblatt trägt das waffelartige „Clous de Paris“-Muster.
Hinter dem Saphirglasboden tickt das 30 Millimeter große Manufakturkaliber GP01800 mit Automatikaufzug. Es arbeitet mit 28.800 Halbschwingungen und kommt auf eine Gangreserve von 54 Stunden. Mit 11.500 Euro und ist die Laureato die günstigste der hier gezeigten Uhren.
Manufakturkaliber GP01800 © Girard-Perregaux

Chopard Alpine Eagle

Die Schweizer Schmuck- und Uhrenmanufaktur stellte 1980 mit der St. Moritz ihre erste Sportuhr vor. Chopard hatte bis dahin vor allem elegante Modelle und Schmuckuhren gebaut. Karl-Friedrich Scheufele schlug damals seinem Vater Karl, der die Marke 1963 übernommen hatte, die Entwicklung einer robusten Uhr vor, die er auch zum Skifahren tragen konnte. Das Ergebnis war die St. Moritz. Chopard verkaufte 50.000 Stück, bevor die Produktion im Jahr 2000 eingestellt wurde.
Die St. Moritz von 1980 war Inspiration für die Alpine Eagle © Chopard
Ähnliches spielte sich nun wieder ab: Karl-Friedrichs Sohn Karl-Fritz überredete den Vater zu einer Neuauflage der St. Moritz. Sie wurde Alpine Eagle genannt, da sie von einer Initiative zum Schutz der Alpen und der Adler begleitet wird. Die Lünette wird von vier Schraubenpaaren gehalten. Das Zifferblatt in „Aletsch-Blau“ zeigt ein geprägtes Strahlenmotiv. Der pfeilförmige Sekundenzeiger hat ein Gegengewicht in Form einer Adlerfeder.
Die neue Chopard Alpine Eagle und ihr Manufakturkaliber 01.01-C © Chopard
Für die Uhr entwickelte Chopard gemeinsam mit dem Spezialisten Voestalpine die antiallergene und und etwas härtere Stahl-Legierung Lucent A223. Das Basismodell in Edelstahl misst 41 Millimeter. Für Vortrieb sorgt das automatische Manufakturkaliber 01.01-C mit Chronometerzertifikat und 60 Stunden Gangreserve. Die Alpine Eagle kostet 12.200 Euro.
Manufakturkaliber 01.01-C © Chopard

A. Lange & Söhne Odysseus

Die 2019 vorgestellte Odysseus ist für die Glashütter Manufaktur A. Lange & Söhne die erste Serien-Stahluhr überhaupt. Als einzige Uhr auf diesen Seiten folgt sie keinem historischen Vorbild. Das liegt natürlich vor allem daran, dass die Marke in den 1970er-Jahren gar nicht aktiv war und erste 1992 wieder gegründet wurde.
Die Odysseus von A. Lange & Söhne ist die neueste Luxusstahlsportuhr © A. Lange & Söhne
Der Entwurf wirkt daher auch etwas weniger ausgefallen. Die runde Gehäuseform, die klassischen Bandanstöße, das Zifferblatt mit Körnung und Rillen: nichts erinnert an die verrückten 1970er Jahre. Für etwas Extravaganz sorgen das breite Stahlband und der facettierte Kronenschutz, in dem Lange geschickt zwei Korrekturdrücker für Datum und Wochentag versteckt. Ansonsten finden sich viele Langetypische Designmerkmale: Das gilt für die lanzenförmigen Zeiger und den Sekundenzeiger mit dem skelettierten Gegengewicht, die Schrift der Skalen, das Großdatum und die polierte Lünette.
Das Manufakturkaliber L155.1 Datomatic hat Lange speziell für die Odysseus ent- wickelt © A. Lange & Söhne
Lange entwickelte das Automatikkaliber L155.1 Datomatic speziell für die Odysseus. Es hat mit 32,9 Millimetern eine passende Größe für die Uhr und arbeitet als erstes Lange-Kaliber mit schnellen 28.800 Halbschwingungen pro Stunde. Um Luftverwirbelungen bei der höheren Frequenz zu minimieren, wird ein glatter Unruhreif mit vier versenkten Regulierschrauben genutzt. Auch die Lagerung der Unruh legte Lange auf Robustheit aus. Statt eines einseitig gelagerten Klobens gibt es eine beidseitig gelagerte Brücke. Der einseitig aufziehende Rotor baut eine Gangreserve von 50 Stunden auf. Bei den Verzierungen bleibt sich Lange treu: Die Unruhbrücke ist mit floralen Motiven von Hand graviert, die Kanten gebrochen und poliert, die Schrauben gebläut, es gibt einen verschraubten Goldchaton sowie eine Dreiviertelplatine. Die Handwerkskunst hat ihren Preis: mit 28.000 Euro liegt die Lange sogar noch etwas über der Patek Philippe Nautilus. jk

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Lang ersehnt und endlich da – die Defy mit Stoppfunktion

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