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Lesedauer 3 Min.

Uhren aus Island

© PR
Man glaubt es kaum: In Island gibt es kein Militär und keine Eisenbahn. Wohl aber eine Uhrenmarke!
Selbst kurz vorm Polarkreis kann man dem Uhrenvirus nicht entfliehen. Auf meinem Kurztrip nach Island staunte ich nicht schlecht, als ich in Reykjaviks Haupt-Einkaufsstraße Laugavegur das Uhrengeschäft von Gilbert entdeckte. Dieser Laden hat nämlich seine eigene Uhrenmarke. Auf einem Schild an der Ladentür hieß es vielversprechend: "Probably the smallest watch manufacturer in the world". Nun, auf jeden Fall dürfte er der nördlichste sein!
Auf der Tür zu Gilberts Uhrenladen heißt es: "Wahrscheinlich der kleinste Uhrenhersteller der Welt" © PR
Als ich den Laden betrat, stand dort allerdings nicht Gilbert, sondern sein Sohn Sigurdur. Er erzählte mir, dass er seit 22 Jahren Uhrmacher ist, sein Vater gar seit 46 Jahren. Sigurdur ist es, dem die Uhrenmarke JS Watch co. gehört, zusammen mit einem Freund, Julius Steinar Heidarsson. (Übrigens: In Island gibt es keine Nachnamen wie bei uns, sondern nach dem Vornamen kommt der Vatersname. Sigurdur heißt mit vollem Namen Sigurdur Björn Gilbertsson, weil sein Vater mit Vornamen Gilbert heißt; Gilbert wiederum heißt Gilbert O. Gudjonsson.) Schon von klein auf liebte Sigurdur Uhren und begann zu sammeln. Einige seiner Stücke sind im Laden ausgestellt: Dazu gehören alte Modelle von Rolex, Girard-Perregaux, IWC, Omega, Tissot und Movado.
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Zur Uhrensammlung von Sigurdur Gilbertsson gehören u. a. Modelle von Rolex, IWC, Omega und Girard-Perregaux © PR
Er begann damit, alte Uhren zu reparieren, "weil sich dafür kein anderer Uhrmacher in Island interessierte". Viele brachte sein Partner Julius aus dem Ausland mit; er ist Pilot und darum handelte es sich vorwiegend um Fliegeruhren. 2003 hatten die beiden die Idee, eine eigene Marke zu gründen. 2005 brachten sie ihr erstes Modell heraus: die Serie 101, benannt nach der Postleitzahl der Altstadt Reykjavik. ("101 Reykjavik" heißt übrigens auch ein Roman, der mit Victoria Abril verfilmt wurde. Darin geht es allerdings nicht um Uhren, sondern ausschließlich um Sex.) Insgesamt bauten sie 100 Stück (warum nicht 101?), alle mit Eta-Kaliber 2824 in Chronometerqualität. Da die Eta aber künftig nur noch Swatch-Group-Marken beliefern will, hat JS Watch die Fühler nach anderen Lieferanten ausgestreckt. Im Herbst kommt eine neue Uhr mit dem A10 von Soprod. Insgesamt produziert JS Watch zwischen 250 und 300 Uhren pro Jahr.
Das erste Modell hieß "101". © © J—n P‡ll Vilhelmsson 2000
Bislang verbaut JS Watch das Eta 2824 in Chronometerqualität © PR
Klassische Beobachtungsuhren dienten Sigurdur als Vorlage für die Serie "1919", benannt nach dem Jahr, in dem in Island die Luftfahrt begann. Diese Uhren haben, wie es für B-Uhren typisch ist, außen Markierungen für die Minuten (05 bis 60), auf dem inneren Ring befinden sich die Stunden, wobei statt der 10 eine 0, statt der 11 eine 1 und statt der 12 eine weitere 0 appliziert sind – so liest man wiederum "101".
Links neben der B-Uhr: Zwei Fliegermodelle der Reihe 1919 von JS Watch Reykjavik © PR
Weitere Modelle: Der Chronograph "Islandus" mit Valjoux 7750 mit isländischer Datumsanzeige (LAU = laugadagur, Samstag). Er kostet 600.000 isländische Kronen, das sind rund 3750 Euro. Gar nicht so viel, wenn man das generell hohe isländische Preisniveau bedenkt. Die Einstiegspreislage ist 232.500 Kronen (1450 Euro).
Islandus Chronograph © PR
Die Zifferblätter kaufen Sigurdur und Julius in Deutschland ein: bei der renommierten Firma Cador in Eimeldingen bei Lörrach. Denen liefert JS Watch mitunter exklusives Rohmaterial: etwa Vulkanasche vom Ausbruch des Eyjafjöllajökull 2010 (Vielflieger werden sich erinnern). Die Modelle, die damit ausgestattet sind, gibt es außerdem mit handgraviertem Gehäuse; sie gehören zu den teuersten der Marke.
Isländische Zifferblätter: Vulkanasche vom Eyjafjällajökull © PR
Frisland god front
Das Modell mit Vulkanasche-Zifferblatt heißt Frisland God © PR
Für einen guten Zweck produzieren Sigurdur und Julius auch Künstlereditionen. Sie werden versteigert zugunsten der Organisation Kraftur, die krebskranken Kindern hilft. Letztes Jahr kam eine Uhr unter den Hammer, die JS Watch zusammen mit dem bekannten isländischen Künstler Erró realisierte; aktuell läuft eine Auktion mit Uhren zweier weiterer Künstler aus Island: Tolli und Lina Rut.
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JS Watch mit Erró © PR
JS Watch mit Tolli © PR
JS Watch mit Lina Rut © PR
Wer jetzt denkt, JS Watch ist am Ende der Welt angesiedelt, irrt freilich: Nach Reykjavik kommt die Prominenz der Welt. Das war schon so, als Bobby Fischer 1972 gegen Boris Spasskij Schachweltmeister wurde oder 1987, als sich Reagan und Gorbatschow zu einem (gescheiterten) Gipfel trafen. Hier stritt Rudi Völler mit Waldemar Hartmann über Weißbier. Auf dem Gletschersee Jökulsárlón wurde eine Sequenz des James-Bond-Streifens "Die Another Day" gedreht, und kürzlich stand Tom Cruise hier für "Oblivion" vor der Kamera. Auch Cruise trägt eine Uhr von JS Watch: Die schenkte ihm True North, die Produktionsfirma von "Oblivion", zu seinem 50. Geburtstag im Juli 2012. Es war die Frisland God mit einer Spezialgravur auf der Gehäuseseite (s. Foto). Tom Cruise ist nicht der einzige prominente Kunde von JS Watch: auch Quentin Tarantino, Eli Roth, Elvis Costello und der Dalai Lama zählen dazu.
Auf Sigurdurs Rechner: Skizze der Spezialanfertigung für Tom Cruise © PR
Dankesschreiben von Tom Cruise an Gilbert © PR
Das Foto im Geschäft zeigt Gilbert (ganz links) und Sigurdur (2. v. rechts) mit ihrem Kunden Quentin Tarantino (Mitte) sowie Eli Roth (2. v. links) © PR
Gilberts Geschäft in Reykjaviks Einkaufsmeile Laugavegur © PR
Hier weitere Bilder aus Island:
Auf dem Gletschersee Jökullsárlón wurden 2002 einige Szenen für "Die Another Day" gedreht © PR
Schon von weitem zu sehen: Die Hallgrims-Kirche auf einem Hügel in Reykjaviks Innenstadt ist das zweithöchste Gebäude Islands © PR
Keine Ahnung, wie diese Gesteinsformation an Islands Südküste (bei Vik) heißt. Seven Sisters wäre ein schöner Name, aber den gibt's ja schon. © PR
Blick auf Reykjavik von der Hallgrims-Kirche © PR
Plakette Fischer Spasskij
Plakette an der Laugardalshöll Sports Hall in Reykjavik: Hier fand 1972 das Schachturnier des Jahrhunderts statt: Fischer (USA) gegen Spasskij (UdSSR). Ergebnis: 12,5 : 8,5 © PR
buc

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