CPO Certified Pre-Owned: Was sind die Vorteile von gebrauchten Luxus-Uhren?

Welche Bedeutung hat CPO für Juwelier Rüschenbeck? Ein Gespräch mit Sales Director Andreas Haude

Neben den spezialisierten Online-Plattformen investieren auch Hersteller und Juweliere immer stärker in den Handel mit Gebrauchtuhren. Das Stichwort heißt CPO – Certified Pre-Owned, also Uhren aus Vorbesitz, deren Echtheit zertifiziert ist. Darüber, wie das bei Juwelier Rüschenbeck läuft, sprachen wir mit Sales Director Andreas Haude.

Juwelier Rüschenbeck: Andreas Haude, Sales Director
Andreas Haude: „Wir kaufen vor allem Uhren an, die bis zu 30 Jahre alt sind.“

Juwelier Rüschenbeck & CPO – das steckt dahinter: Interview mit Andreas Haude

Herr Haude, seit einiger Zeit ist CPO in aller Munde. Welche Bedeutung hat dieser Markt für Rüschenbeck?

Wir haben vor drei Jahren begonnen, uns mit CPO zu beschäftigen, und eine kleine Abteilung aufgebaut, die sich auf dieses Thema konzentriert. 2019 haben wir in Hamburg die erste reine CPO-Boutique eröffnet. Wir kaufen vor allem Uhren an, die bis zu 30 Jahre alt sind. Bei älteren ist es schwierig, Ersatzteile zu erhalten, um eine Gewährleistung zu bieten.

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Woher stammen die Uhren?

Die weitaus meisten aus Privatbesitz. Das Volumen ist in den letzten zwei Jahren sprunghaft gestiegen. Wir kaufen eine Uhr entweder online oder indem der Verkäufer sie in eines unserer Geschäfte bringt. Im ersten Fall gibt man seine Uhr auf der Plattform rueschenbeck.de ein und lädt Bilder hoch. Die Uhr wird dann von uns per Post versichert abgeholt. In unserer Serviceabteilung begutachten wir ihren tatsächlichen Zustand und legen den endgültigen Preis fest. Im Geschäft wiederum ist immer ein Experte anwesend, der die Uhr live begutachtet und dann relativ schnell zu einem Ergebnis kommt. Auch die Kombination aus beidem ist denkbar: Wenn sich jemand online mit einem Verkaufsangebot meldet, kontaktieren wir ihn innerhalb von 24 Stunden, in der Regel per Telefon, und vereinbaren einen Termin, zu dem er die Uhr in eines unserer Geschäfte bringen kann.

Was für Uhren würden Sie nicht ankaufen?

Uhren mit unklarer Herkunft oder solche, bei denen nicht originale Teile verwendet wurden, sowie Mariagen, bei denen Teile aus unterschiedlichen Modellen der Marke kombiniert wurden. Wir kaufen auch keine Uhren, für die kein wirtschaftliches Interesse besteht.

Kaufen Sie ganz neue Uhren?

Ja. Es gibt immer mal wieder Fehlkäufe oder ein Geschenk, das dem Beschenkten nicht gefallen hat. Für uns ist das interessant, weil der Aufarbeitungsprozess entfällt, wenn die Uhr nur einen oder wenige Tage getragen wurde.

Juwelier Rüschenbeck: CPO-Boutique Hamburg
Stilvolles Ambiente: Rüschenbecks CPO-Boutique in Hamburg (Bild: Phillip Zwanzig)

Ich denke vor allem an Uhren, die stark gehypt sind. Zu Boomzeiten wollen manche ja ihre neue Uhr sofort mit Gewinn weiterverkaufen. Die Marken sehen es sicher nicht gern, wenn so ein Modell bei Ihnen auftaucht, oder?

Wenn so eine Uhr einwandfreie Papiere hat, spricht prinzipiell erst einmal nichts dagegen. Aber wir versuchen nicht aktiv, solche Uhren zu bekommen.

Wie sieht der Prozess des Aufarbeitens aus?

Jede Uhr, die ankommt, wird individuell begutachtet. Starke Tragespuren müssen natürlich aufgearbeitet werden. Grundsätzlich gilt: Wenn eine Uhr älter als fünf Jahre ist, wird eine Revision durchgeführt, da wir im Anschluss zwei Jahre Gewährleistung bieten. Wir als Konzessionär vieler Marken sind in der Lage, jeweils nach den Vorstellungen der verschiedenen Hersteller zu revidieren, und haben den vollen Zugang zu den benötigten Ersatzteilen. Dieser wichtige Vorteil fehlt Ihnen, wenn Sie eine Uhr von privat kaufen.

Warum sollte ein interessierter Kunde gerade zu Rüschenbeck gehen?

Der Faktor Vertrauen spielt eine große Rolle. Rüschenbeck existiert seit 1904, man kennt uns, es gibt uns in jeder großen Stadt. Wenn ich jemandem beispielsweise eine fünfstellige Summe überweise, ist es ein Wohlfühlfaktor, wenn ich den Geschäftspartner kenne und weiß, wo ich hingehen kann, wenn etwas nicht funktioniert. Bei uns kann man auch vorbeikommen und sich in Ruhe beraten lassen. Wenn man eine Uhr kaufen möchte, kann man ihre Haptik vor Ort erleben. Man tauscht nicht nur online mit einer unbekannten Person E-Mails aus und läuft Gefahr, hinterher festzustellen, dass man das Geschäft so lieber nicht getätigt hätte.

Sie haben drei Geschäfte nur für die CPO-Uhren. Trennen Sie das komplett von den normalen Läden?

Ja, das wird auch so bleiben. Das erste Geschäft haben wir wie gesagt 2019 in Hamburg am Neuen Wall eröffnet. Dort finden Sie neben den CPO-Uhren im ersten Stock auch unsere eigene Schmuckboutique im Erdgeschoss. In Frankfurt und München dagegen konzentrieren wir uns auf das reine Pre-Owned-Geschäft. Wir suchen übrigens für alle drei Standorte Mitarbeiter, die sich diesem stark wachsenden Segment widmen möchten!

Juwelier Rüschenbeck: Boutique Frankfurt, Vitrinen
Vitrinen mit Uhren aus Vorbesitz in der Frankfurter Boutique

Wie viele Uhren haben Sie in den Läden vorrätig?

Das kommt auf die Größe des Geschäfts an. In Hamburg steht uns mehr Fläche zur Verfügung, da bieten wir etwa 100 bis 120 Uhren an, in Frankfurt und München sind es 50 bis 60 Uhren. Wir werden sicher auch noch in weiteren Städten eine CPO-Boutique eröffnen.

Kann ich mir in Hamburg auch eine Uhr aus Frankfurt oder München anschauen?

Natürlich geht das. Wir haben einen internen Lieferservice, der nur für uns unterwegs ist. Die Uhr ist spätestens nach zwei Tagen dort, wo Sie möchten, zum Beispiel in unserem Rüschenbeck-Geschäft in Düsseldorf, obwohl die Uhr in Hamburg lagert. Es ist ein großer Vorteil, wenn man sich die Uhr vor dem Kauf in Ruhe anschauen kann und sieht, ob sie zu einem passt und ob der Zustand so ist wie beschrieben. Im Vergleich zum reinen Onlinekauf ist das ein weiterer Vorteil.

Was passiert, wenn gleichzeitig jemand im Geschäft und jemand anderes auf der Website dieselbe Uhr kauft?

Zum Glück kommt so etwas nicht oft vor.

Ist es schon einmal vorgekommen?

Ja, einmal, aber da haben wir eine vernünftige Regelung gefunden. Es ging um eine Uhr, die häufiger existiert. Der Online-Kunde hatte den Kaufprozess bereits beendet. Wir konnten dem Kunden im Laden aber versichern, ihm innerhalb von zwei Wochen ein vergleichbares Modell besorgen zu können. Und das haben wir auch geschafft.

Man kann die Uhren auch reservieren lassen. Wie läuft das ab?

Wenn Sie zum Beispiel eine Uhr kaufen, aber vor Abschluss noch einmal darüber schlafen möchten, dann reserviert unser Online-Team Ihnen die Uhr für 24 Stunden. Das heißt, sie bleibt auf der Website sichtbar, aber mit der Kennzeichnung „reserviert“, und ist für diesen Moment für jemand anderen nicht kaufbar.

Juwelier Rüschenbeck: Boutique München, Eingang
Rüschenbeck Vintage in München, Maffeistraße 4: Eingang und Vitrinen

Was passiert, wenn ich ein bestimmtes Modell suche, das Sie gerade nicht im Angebot haben?

Dann begeben sich alle meine Mitarbeiter auf die Suche. Den Suchauftrag können Sie sowohl online als auch vor Ort in unseren Geschäften platzieren.

Laut einer Studie von Watchfinder, einem der großen Gebrauchtuhrenhändler, findet man heute in deutschen Schubladen „vergessene“ Uhren im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro. Wie kann man die Besitzer dieser Uhren erreichen?

Durch das Internet und die intensive Berichterstattung über die Preisentwicklung bestimmter Modelle gibt es heute ein viel breiteres Bewusstsein über den potenziellen Wert von alten Uhren als früher, wo sich das Wissen auf eine kleine Sammler-Community beschränkte. Daher denke ich, dass heute viel mehr Leute in die Schubladen ihrer Eltern und Großeltern schauen.

Wie kommt der Preis zustande?

Der Preis bildet sich durch den Markt. Zur Information nutzen wir die relevanten Plattformen, die Uhren in großer Zahl handeln. Dabei berücksichtigen wir, dass wir die Uhr aufarbeiten müssen. Dazu benötigen wir ein gewisses Quantum an Marge, auch, um das Thema Gewährleistung abdecken zu können.

Muss man nicht davon ausgehen, dass Gebrauchtuhren, die ein Juwelier verkauft, immer etwas teurer sind als auf anderen Plattformen?

Das ist nicht zwingend so. Aber selbst wenn unsere Preise etwas höher sein sollten als der standardmäßig gezahlte Satz, gibt es dafür gute Gründe: vor allem die vollständige, nach Herstellervorgaben erstellte Revision, die wir durchführen, und die Garantie, die wir geben.

Wie beurteilen Sie die Preisentwicklung des letzten Jahres, als die Preise für manche Modelle erst in unsagbare Höhen schossen, um dann auf einmal relativ stark einzubrechen?

Ich persönlich finde die Entwicklung gut, weil sich dadurch vieles wieder normalisiert hat. Wir reagieren auf so eine Hausse, indem wir beim Einkaufen recht zurückhaltend sind und nicht zu hohe Preise bezahlen, zu denen wir die Uhren später vielleicht nicht verkaufen können. Die Entwicklung im Herbst 2022 hat uns darin bestätigt.

Juwelier Rüschenbeck: Boutique München, Vitrinen
Rüschenbeck Vintage in München, Maffeistraße 4: Eingang und Vitrinen

Nehmen Sie Uhren in Kommission?

Nein. Es wäre zu umständlich, wenn wir über Fragen wie Preisfindung oder andere Details, die mit dem potenziellen Käufer zu besprechen sind, auch mit dem Kommissionsgeber Rücksprache halten müssten.

Seit Anfang Dezember 2022 zertifiziert Rolex CPO-Uhren der eigenen Marke als echt, arbeitet sie auf und versieht sie mit einer Zwei-Jahres-Garantie. Begrüßen Sie diese Initiative?

Wir begrüßen jede Anstrengung im Markt, die dazu führt, das Gute vom Schlechten zu trennen. Wie immer gibt es mehrere Wege, die zum Ziel führen können. Und wir freuen uns, dass Rolex als wichtigste Marke im Pre-Owned-Segment sich diesem Thema stellt.

Wären Sie interessiert, auch am Rolex-CPO-Programm teilzunehmen?

Wir beobachten den Markt und seine Veränderungen sehr genau. In jedem Fall freuen wir uns, mit Rolex in den Dialog zu treten. Wir sind überzeugt, dass gebrauchte Rolex-Uhren dauerhaft einen ähnlichen
Erfolg haben werden wie neue. buc

Dieser Artikel erschien zuerst in der Chronos 02.2023. Die aktuelle Ausgabe finden Sie hier:

Chronos 3/2023

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Uhren von Rüschenbeck - The Watch in der Datenbank von Watchtime.net

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Geradezu erheiternd das Thema CPO.
    Ich kenne keinen Rolex Verkäufer, als auch keinen Verkäufer ähnlich gehypter Marken, die ihre Uhren aufarbeiten lassen, gar zum Service bringen. Egal ob beim Hersteller, oder aber beim Händler.
    Gerade ältere Uhren der Marke Rolex sollten am Besten nicht poliert, oder revidiert sein. Oder wenn revidiert, dann nur beim Hersteller.
    Es erschließt sich mir also nicht, warum bei Rolex Uhren hier ein entsprechende Arbeiten, sich mindernd auf den Ankaufspreis auswirken sollte. Gerade Käufer älterer Rolex Uhren wollen diese im ursprünglichen, unpolierten Zustand. Alles andere würde sich wertmindernd auswirken- Ja, die Rolex Gemeinde ist schon speziell…
    Interessant somit das Thema Marge in Verbindung mit den „erforderlichen“ Arbeiten.
    Ich würde immer privat verkaufen.
    Weil ich dann den Käufer kenne und weiß, dass meine Uhr einen ordentlichen Besitzer/ neuen Eigentümer bekommt. Anonym ist eher das Geschäft über den Händler. Denn dieser gibt sicherlich nicht die Daten des Vorbesitzers raus, auch dürfte ihn wenig interessieren, aus welcher Quelle die Uhr kommt (Stichwort: Geldwäsche). Dem Händler geht es um die Marge und natürlich auch darum den Markt zusammen mit dem Hersteller zu überblicken, ggf. zu beeinflussen, „kennt“ man doch den Markt – lächerlich.
    Vielleicht besteht ja auch über den Hersteller gar Interesse daran, wer denn so die neu gekaufte Rolex Uhr an einen anderen Konzessionär weiter verkauft? Möchte man doch das Geschäft verständlicherweise selber machen, und da ist es doch ein glücklicher Zufall, dass Hersteller und Händler so gut Hand in Hand arbeiten, oder?
    Ist es nicht auch vielleicht so, dass viele Verkäufer aus der Branche ihr Gehalt mit dem An- und Verkauf solcher Uhren über private Portale aufbessern?
    Meiner Meinung nach sollte man, wenn man schon über Konzessionäre kaufen muss, diesen eben nicht noch das Zweitgeschäft überlassen und aus privaten Verkauf einfach mal nachfragen, wo denn der Verkäufer arbeitet, was er denn so beruflich macht. Auch hier gilt, you buy the seller.

    Ich persönlich kann über schon viele nette private Kontakte zu Uhrensammlern, insbesondere über Kleinanzeigen (ehemals eBay Kleinanzeigen) berichten.
    Wer hier nicht gierig ist, den Verstand einschaltet und mit Vorsicht agiert, wird häufig positiv überrascht. Eine echte Alternative zu CPO, egal von welchem Konzessionär.

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  2. Hallo Peter, guten Tag und danke für den Interessenten Kommentar.
    Ich habe 3 sogenannte Luxusuhren, die ich gerne verkaufen möchte.
    Ohne Ihren/Deinen Kommentar hätte ich mich heute deswegen an Fa. Rüschenbeck gewandt, aber jetzt warte ich erst mal ab.
    Würde natürlich lieber direkt an privat verkaufen. Tip von Ihnen/Dir?
    Danke vorab und freundliche Grüße von Erwin Wolf

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