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Lesedauer 3 Min.

Was die Co-Axial-Hemmung für Omega bedeutet

Stephen Urquhart, Rüdiger Bucher
© PR
Vor kurzem traf ich Omega-Präsident Stephen Urquhart in München. Ich interviewte ihn für die neue Chronos-Ausgabe 02.2013, die ab Freitag, 22. Februar erhältlich ist. Wir sprachen über die aktuelle Situation der Marke und über seine Strategien für die Zukunft. Ich wollte aber auch wissen, wie er die Entwicklung der letzten 10, 12 Jahre sieht. Denn in diesem Zeitraum hat sich sehr viel verändert in der Uhrenbranche. Urquhart hat diese Änderungen hautnah erlebt, immerhin ist er seit 1999 wieder bei Omega, wo er seine Karriere 1968 begonnen hatte. Zwischenzeitlich war er lange Jahre für Audemars Piguet verantwortlich gewesen. Er sagte, das Wichtigste in den letzten 10 Jahren war die Entwicklung der Co-Axial-Hemmung: "Sie ist heute für mich der Schlüssel für das weitere Wachstum von Omega."
OK, wir Uhrenfans wissen alle, dass es die Co-Axial-Hemmung gibt und dass nur Omega sie anbietet. Aber wir machen uns nicht immer klar, was sie für die Uhrmacherei bedeutet. Doch wenn man länger darüber nachdenkt, muss man Urquhart recht geben: Die Co-Axial-Hemmung ist in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen. Sie tickt heute in fast jeder mechanischen Omega (einzige Ausnahme: die originale Moonwatch). Das sind rund 500.000 Uhren pro Jahr! Man muss sich einmal vorstellen, worauf Omega sich da 1999 eingelassen hat: Ein 165 Jahre alter Hersteller, der heute rund 700.000 Uhren pro Jahr fertigt, geht das Wagnis ein, innerhalb weniger Jahre quasi seine ganze Produktion umzustellen. Von einer altbewährten Technik (= Schweizer Ankerhemmung) auf etwas radikal Neues. Was wäre geschehen, wenn diese Technik sich als problematisch erwiesen hätte? Wenn ständig defekte Uhren zurück zur Reparatur gekommen wären? So etwas kann eine Marke im Handumdrehen ruinieren.
Die Co-Axial_Hemmung
Omegas Co-Axial-Hemmung der neuesten Generation © PR
Dabei macht es einen Riesenunterschied, ob man so eine Innovation in einer begrenzten Stückzahl einsetzt, sagen wir, für eine Limited Edition von 500 oder 1000 Exemplaren, – oder ob man wirklich große Mengen darauf hin ausrichtet. Das war ja genau die Crux: die Massenproduktion. George Daniels, der Erfinder der Co-Axial-Hemmung, hatte sie bereits erfolgreich in Uhren eingebaut, aber dabei handelte es sich um eine handwerkliche Fertigung von Einzelstücken, nicht übertragbar auf Quantitäten von mehreren Hunderttausend. Daniels war jahrelang auf der Suche nach einem großen Hersteller, der an seiner Hemmung interessiert wäre, aber niemand wollte das Risiko eingehen. Bis es schließlich zur Kooperation mit Omega kam. Und Omega, das heißt Swatch Group. Deren Chef, der 2010 verstorbene Nicolas G. Hayek, ging das Risiko ein. Natürlich durfte es kein wirkliches Risiko sein. Es musste vorher feststehen, dass es funktionieren würde. Da zahlte es sich für Omega aus, Teil einer großen industriellen Gruppe zu sein. Denn Swatch Group, das heißt wiederum Werkehersteller Eta, das heißt Hemmungsproduzent Nivarox-FAR. Vor allem Letzterem kommt das Verdienst zu, die Co-Axial-Hemmung industrialisiert und im Laufe der Jahre immer weiter verbessert zu haben. Omega war mit der Mammutaufgabe nicht allein: Die besten Techniker und Ingenieure der Swatch Group haben gemeinsam daran gearbeitet, die neue Hemmung für Omega zum Laufen zu bringen. Zunächst integriert in ein schon bestehendes Werk, später als Herz der exklusiven Omega-Kaliber wie 8500 (Automatik) und 9300 (Chronograph).
Speedmaster Co-Axial Chronograph mit Omega-Kaliber 9300
Bestnote im Chronos-Test: Speedmaster Co-Axial Chronograph mit Omega-Kaliber 9300 © PR
Was aber hat Omega von der Co-Axial-Hemmung? Das Thema lässt sich in der Werbung nicht so leicht verwerten wie James Bond, Olympia oder die Mondlandung. Schon der Begriff ist schwer zu erklären, die Funktionsweise erst recht. Und wie viele Uhrenkäufer wissen überhaupt, was eine Hemmung ist? Letztlich geht es aber weniger um Marketing als darum, die Uhren besser zu machen. Daniels' Idee war es, durch eine andersartige Konstruktion die Reibung zwischen Ankerradzähnen und Ankerpaletten zu verringern und somit weniger Öl im Werk zu benötigen. Weniger Öl = langsamere Alterung. Omega verwendet heute in der Tat wenig Öl, aber ganz ohne kommen sie noch nicht aus. Meiner Meinung nach zeigt die Co-Axial-Hemmung ihre wahre Stärke aber in der Ganggenauigkeit. In unseren Chronos-Tests schneiden Omega-Uhren mit Co-Axial-Hemmung seit Jahren sehr gut ab. Letztes Beispiel: Der Speedmaster Co-Axial Chronograph, vor einem in Chronos 02.2012 getestet, erreichte in dieser Kategorie 10 von möglichen 10 Punkten.
Urquhart und Bucher beim Chronos-Interview
Urquhart und Bucher beim Chronos-Interview © PR
Übrigens machte mich Stephen Urquhart auf einen weiteren Umstand aufmerksam: Die Patente auf die Co-Axial-Hemmung sind inzwischen längst ausgelaufen. Theoretisch könnte jede Firma sie nachbauen. Daran aber hat sich bislang noch niemand gewagt. buc
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