Auctionata: Zu Besuch im Online-Auktionshaus
Ein Samstagnachmittag Ende Juni, genau genommen am 28. Juni, in Berlin-Charlottenburg: Kühle Luft von der Spree mildert die Sommerhitze zwischen den Geschäftshäusern in der Franklinstraße, nur ab und an kommt ein Auto vorbei. Hier hat das Online-Auktionshaus Auctionata eine Niederlassung, hier werden Kunstgegenstände, Schmuck, edle Weine und Uhren von hohem Wert versteigert. Doch einfach mal vorbeikommen, das geht leider nicht. Zwar ist das Auktionshaus rechtlich verpflichtet, seinen Kunden im Vorfeld einer Versteigerung die Ansicht aller Lots zu ermöglichen. Dafür müssen sich die Kunden allerdings anmelden.
Für vergangenen Samstag haben das Interessierte gemacht, denn 130 Uhren von Rolex und Patek Philippe kamen unter den Hammer. Dazu begrüßte das Team von Auctionata nur eine Handvoll sogenannter Saalbieter, also Kunden, die vor Ort an der Versteigerung teilnehmen. Sie saßen dem Auktionator allerdings nicht direkt gegenüber, sondern in einem eigenen Raum. Denn Auctionata übertrug die Versteigerung als Live-Stream auf ihrer Internetseite, einschließlich einer Simultanübersetzung ins Englische. Deshalb fand die Auktion in einem Filmstudio statt, und alle Gebote – auch die der Saalbieter – erreichten den Auktionator über einen Bildschirm. Dazu wurden die Gebote entweder direkt per Mausklick eingereicht oder von Auctionata-Mitarbeitern ins System getippt – nicht nur für die Saal- oder Telefonbieter, sondern auch für alle, die ihr Gebot vorab schriftlich eingereicht haben.
Die technische Koordination wie auch die Bildregie lagen vor einer Woche in der Verantwortung von Producerin Julia Gellert; sie wirkte sehr gelassen dafür, dass sie so viele Fäden in der Hand hält. Doch schließlich ist es nicht die erst Uhren-Auktion bei Auctionata, und das Team sei gut eingespielt, erklärt Gellert. Mit insgesamt 798 Bietern in 54 verschiedenen Ländern gehörte die Versteigerung zu den größeren bei Auctionata.

Auktionator Fabian Markus ist seit 16 Jahren im Kunsthandel tätig, er hat eine offene Art und animiert die Bieter mit Humor: “Francesca, wo sind Sie? Immer so früh aussteigen, so wird das nichts mit der Uhr”, mahnt er, um später noch deutlicher zu werden: “Verlassen Sie sich nicht immer auf die letzte Sekunde für den Zuschlag, das kann auch mal in die Hose gehen.”
Markus zur Seite steht Dr. Oliver Hoffmann, der Experte des Hauses für Armband- und Taschenuhren und Direktor des Auctionata-Watch-Departments. Bevor eine Uhr zur Versteigerung kommt, ist es Hoffmanns Aufgabe, ihren Zustand zu überprüfen und ihren Wert zu schätzen. Während der Versteigerung gibt er Zusatzinformationen zu den einzelnen Lots und weist auf Papiere und Zertifikate der Uhren hin.
Persönlich hatte er vergangenen Samstag mehrere Lieblinge unter den Lots: “Patek Philippe und Rolex sind auch meine großen Favoriten in der vielseitigen Uhrenwelt”, sagt Hoffmann. Besonders angetan hat es ihm etwa ein Rolex Daytona Chronograph Paul Newman aus den Jahren um 1967: “Vor allem die Vintage-Uhren von Rolex sind nach wie vor so zeitlos und elegant, dass sie niemals aus der Mode kommen.” Aber auch eine Patek Philippe Advanced Research (Referenz 5350, um 2000) fasziniert den Experten: “Hier hat Patek alles reingepackt, was an neuen Entwicklungen vorhanden war, zum Beispiel die Verwendung von Silizium.”
An diesem Abend fand die Patek Philippe Advanced Research für 43.200 Euro einen neuen Besitzer, die Rolex Daytona wurde für 66.000 Euro versteigert (inklusive Käuferaufgeld). Damit gehörten die beiden zweifellos zu den teureren Uhren der Auktion, Höchstpreise holten allerdings andere: Top-Lot war ein Patek Philippe Split Second Chronograph (Referenz 5004 R, 2002) mit dem Endpreis von 192.000 Euro, die gefragteste Rolex eine Daytona Paul Newman Cosmograph von 1971 für 78.000 Euro.
Was nicht versteigert wurde, geht bei Auctionata in den hauseigenen Shop – am Samstag vor einer Woche waren das 32 von 130 Objekten. Dort können Interessierte mit mehr Zeit, aber auch ohne den Nervenkitzel einer Auktion, stöbern und zum Festpreis kaufen. Mit dem dualen Geschäftsmodell aus Auktionshaus und Shop hat sich Auctionata von seiner Gründung mit einem festangestellten Mitarbeiter im Februar 2012 zu einem Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern entwickelt. Dazu gehören neben den Auktionatoren und Experten für die verschiedenen Bereiche auch Sachverständige für Authentifizierung, Provenienzforschung, Restaurierung und Schätzungsfragen sowie Ansprechpartner für Händler.
Neben dem Studio in Berlin-Charlottenburg soll im Herbst 2014 ein zweites in New York in Betrieb gehen. Der Hauptsitz von Auctionata ist am Kurfürstendamm in Berlin, Niederlassungen finden sich in außer in Berlin und New York auch in London, Zürich und Rom. Bis heute hat Auctionata 37 Mio. Euro an Investorengeldern erhalten. Investoren sind unter anderem Holtzbrinck Ventures, e.ventures, Earlybird, Bright Capital, Kite Ventures, TA Venture, die Raffay Group und REN Invest. gb
Bilder: Auctionata/Klas Förster (Copyright)