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9 Minuten

Zenith: der neue CEO Benoit de Clerck im Interview

Der neue CEO von Zenith über die ersten Wochen im Amt, Erwartungen und seinen Führungsstil.
Setting LVMH Watch Week in Miami 2024
©

LVMH

Zu Beginn des Jahres gibt es einige Veränderungen in der Führungsetage der LVMH-Uhrenmarken, während Julien Tornare von Zenith zu TAG Heuer wechselt, gibt es für Zenith ein neues Gesicht – zumindest ein Konzern-fremdes. Dabei verfügt Benoît de Clerck umfangreiche Erfahrungen in der Uhrenindustrie. Nach über 20 Jahren wechselt er von der Richemont-Gruppe und bringt viel Elan und Zielstrebigkeit für die traditionsreiche Marke mit. Knapp vier Wochen nach Antritt treffen wir bei der LVMH Watch Week in Miami auf Benoît de Clerck und sprechen mit ihm über die ersten Wochen, Erwartungen und seinen Führungsstil.

Benoit de Clerck (CEO Zenith), Julien Tornare (CEO TAG Heuer), Jean-Christophe Babin (CEO Bulgari), Frédéric Arnault (Chief Executive Officer of LVMH Watches), Jean Arnault (Director of Watches Louis Vuitton), Ricardo Guadalupe (CEO Hublot) 
Managen die Uhrensparten von LVMH: Benoit de Clerck (CEO Zenith), Julien Tornare (CEO TAG Heuer), Jean-Christophe Babin (CEO Bulgari), Frédéric Arnault (Chief Executive Officer of LVMH Watches), Jean Arnault (Director of Watches Louis Vuitton), Ricardo Guadalupe (CEO Hublot) 

© LVMH

Der neue CEO von Zenith: Benoît de Clerck im Interview

WatchTime: Wie waren die ersten Wochen bei Zenith?

Benoît de Clerck: Fantastisch. Ich entdecke konstant neue Dinge. Ich bin noch in einem Zuhörmodus. Ich versuche, so viel wie möglich mitzubekommen. Die LVMH Watch Week ist eine großartige Taufe. Es ist das perfekte Timing für das Team und für mich. Ich bin noch am Entdecken, aber es ist sehr interessant, aufregend und motivierend.

Was sind die aufregendsten Aspekte des Eintritts in ein neues Unternehmen? Was hat Sie zu dieser Entscheidung bewogen?

Der Grund für meine Entscheidung lag zuerst an dem Job selbst. Ich war zuvor Chief Commercial Officer für eine andere großartige Marke (Anmerkung der Redaktion: Zuletzt war er Chief Commercial Officer von Panerai und davor Präsident von IWC in Nordamerika), samt großartigem Management in einer großartigen Gruppe. Aber ich wollte mehr. Ich war hungrig und wollte eine 360-Grad-Managementskala erreichen. Man kommt mit allen Teams in Berührung, von der Personalabteilung bis zum Produkt, der PR, dem Marketing sowie vielen anderen – das ist es, was ich wollte. Dazu bedeutet mir die Marke sehr viel. Es ist eine tolle Marke. Aber ich muss zugeben, dass mir nicht hundertprozentig klar war, wie viel Geschichte die Marke beinhaltet, erst als ich in all die Geheimnisse der Marke eingeweiht wurde, wurde mir das Ausmaß bewusst. Ich habe Mitte Januar einen ganzen Tag mit den Museumsverantwortlichen verbracht – und am darauffolgenden mit dem Heritage-Team. Ich bin immer noch erstaunt über die Dimension. (Lesen Sie auch: Bulgari CEO Jean-Christophe Babin über italienische Wurzeln als Inspiration, goldene Zeiten sowie aktuelle Trends und Modelle.)

"Julien Tornare hat sehr gute Arbeit geleistet und die Marke weiter entwickelt. Er hat sie auf den richtigen Weg gebracht. Meine Aufgabe ist es, die Marke auf die nächste Stufe zu heben."
Benoît de Clerck

Wie sehen Sie die neuen Kreationen, für Sie sind diese ja ebenfalls neu. Wenn Sie die neuen Schöpfungen zusammenfassen müssten für jemanden, der nicht so tief in die Geschichte und die Kollektionen von Zenith involviert ist, wie würden Sie diese beschreiben?

Für den Triple-Kalender, auf jeden Fall Innovation. Ich finde es sehr interessant, was die Teams hier entwickelt haben, ich verdiene absolut keine Anerkennung für das, was Sie heute sehen. Mir imponiert die Art und Weise, wie sie sich beim Dreifach-Kalender von einer Uhr inspirieren ließen, die 54 Jahre alt ist – und wie sie es geschafft haben, eine entsprechende Uhr zu bauen, die aber viel mehr Leistung hat.

Die Originaluhr wurde 1970 hergestellt. Es wurden nur 25 Stück hergestellt. Zwei befinden sich in unserem Museum. Man sieht die Ähnlichkeit. Sie sind nicht identisch. Aber wahnsinnig ähnlich. Es ist die gleiche Größe. Das Profil hat jedoch mehr Gewicht. Der Vorsprung unterhalb der Bandanstöße ermöglicht es, dass das neue Kaliber mehr Raum hat und besser in der Bewegung ist sowie mehr leistet. Wenn Sie sich zum Beispiel das neue Modell anschauen, sehen Sie, dass sich die Sekunde hier viel schneller dreht. Das ist eine Besonderheit von Zenith.

Zenith Chronomaster Original Triple Calender

Zenith Chronomaster Original Triple Calender

© Zenith

Wie würden Sie das Gleichgewicht zwischen der Bewahrung der Tradition und der Notwendigkeit von Innovation beschreiben?

Wissen Sie, wenn man eine starke Geschichte hat, ist es leichter, zeitgemäß zu bleiben. Schließlich geht es um Authentizität. Man muss keine Story oder Marketinggeschichte erfinden, die Geschichte ist da und die Marke ist reichhaltig genug – so dass wir alles zur Verfügung haben, um diesen Übergang zu schaffen. Das beste Beispiel sind diese Neuheiten. Ich meine, die Zenith Chronomaster Original Triple Calender Uhr wurde 1970 entworfen. Wenn wir sie heute auf den Markt bringen, ist sie sehr ähnlich, aber sie ist nicht absichtlich identisch. Warum? Weil sie verbessert wurde. Und hier haben wir es geschafft, eine Uhr, die 54 Jahre alt ist, mit einer Uhr zu vergleichen, die eine Woche alt ist.

Wo sehen Sie Zenith mit Hilfe ihrer Führung in fünf Jahren?

Julien hat sehr gute Arbeit geleistet und die Marke weiter entwickelt. Er hat sie auf den richtigen Weg gebracht. Meine Aufgabe ist es, die Marke auf die nächste Stufe zu heben. Ich stelle sie mir gerne wie ‚Sleeping Beauty‘ vor. Julien hat es geschafft, Dornröschen zu wecken. Sie liegt noch, aber sie weckt schon meine und die Arbeit meines Teams auf. Und gemeinsam werden wir das Dornröschen zum Aufstehen bringen. Genau das werden wir in den nächsten Jahren tun. Schritt Nummer zwei wird dann mit sich bringen, dass Dornröschen läuft. So stelle ich mir die Metapher vor. Wir werden mit der gleichen Ausrichtung der Marke weitermachen, denn die DNA der Marke überzeugt. Das ist die Stärke der Marke. Ich werde keine Revolution anzetteln, das ist klar. Aber natürlich werde ich das Puzzle ein wenig aufpeppen, ein paar Teile hinzufügen und die Marke entsprechend weiterentwickeln. (Ebenso neu: Chronomaster Sport in Titan)

Benoît de Clerck:
Benoît de Clerck © PR

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, um die Marke zum Laufen zu bringen?

Die Uhrenindustrie ist sehr dynamisch. Sie verändert sich ständig weiter. Aber wo es Herausforderungen gibt, gibt es auch Chancen. Und wenn es Chancen gibt, sieht man entweder eine Chance oder viele Chancen. Es kommt darauf an, wie man es betrachtet. Ist das Glas halb voll oder halb leer? Eine der Herausforderungen ist, dass wir weiter wachsen sowie die Nachfrage unserer bestehenden Kunden befriedigen müssen. Wir haben eine starke Basis an bestehenden Kunden, aber wir möchten weiterhin neue Kunden für die Marke gewinnen. Es geht um die Begehrlichkeit. Das ist eine der Herausforderungen, die Marke weiterhin so begehrenswert wie möglich zu machen.

Wen sehen Sie als Ihre größte Zielgruppe an?

Unsere Kunden sind ungefähr in ihren 30ern, wahrscheinlich Ende 30, aber sie werden immer jünger, da die jüngeren Generationen schnellen Zugang zu vielen Informationen haben und sehr wissensdurstig ist. Sie können jederzeit alle Informationen über das Internet abrufen. Sie wissen mehr als Sie und ich zusammen, weil alle Informationen verfügbar sind. Das ist ein Teil des Bildungsauftrags. Eine junge Generation möchte Authentizität, sie will Begehrlichkeit. Die Besonderheit: Zenith ist nicht eine Uhr für jedermann. Die Marke ist für Leute, die sich auskennen. Leute, die wissen, was ein Chronograph ist. Sie kennen Zenith, sie kennen die Geschichte der Marke. Das ist sehr wichtig, weil es natürlich entsteht. Es ist ein organisches Gespräch, das wir führen. So entsteht dieses Element des stillen Luxus.

"Die Marke ist für Leute, die sich auskennen."
Benoît de Clerck

Was denken Sie, ist einer der Erfolgsschlüssel, dass Zenith für ein jüngeres Publikum so attraktiv ist?

Menschen in ihren 30ern haben heute eine höhere Bereitschaft, Geld auszugeben. Dazu wollen sie etwas besitzen, das sich von der Masse abhebt. Sie wollen etwas, das zu ihnen passt, und genau das können wir bei Zenith anbieten. Einer der Vorteile der Marke ist, dass man viel Uhr für sein Geld bekommt. Nehmen Sie zum Beispiel den neuen Triple-Kalender. Wir hätten die Uhr vielleicht 10.000 Euro teurer anbieten können. Aber das ist nicht unser Ziel, wir wollen der Generation in ihren 30ern, vielleicht 38, vielleicht 32 Jahre, die Möglichkeit geben, eine komplizierte Uhr zu einem erschwinglichen Preis zu erwerben. Wissen Sie, die Triple Calendar kostet 14.000 Euro. Das ist sehr attraktiv. Es gibt nur sehr wenige Marken, die einen dreifachen Kalender anbieten, und dann liegt die Uhr meist weit über 20.000 Euro.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Die Prinzipien sind, dass ich die Teams bitte, mit mir zusammenzuarbeiten. Die Mitarbeiter sind meine besten Botschafter. Dazu ist es für mich wichtig, dass ich ehrlich agieren kann. Ich mag es nicht, wenn getrickst wird. Ich möchte beruhigt sein, wenn ich abends meinen Kopf auf das Kissen lege. Ich möchte sichergehen, dass niemand verletzt, oder beleidigt wurde. Das ist meine Art. Ich muss in der Lage sein, Dinge anzusprechen. Wenn es schlecht läuft, sage ich, dass etwas schlecht läuft. Wenn es gut ist, sage ich, dass es gut ist. Sie sollten die Menschen fragen, die mit mir arbeiten – aber im Grunde, bekommen sie, was sie sehen. Manchmal tut es weh, manchmal ist es gut. Und dann hängt es von der Reife des Gegenübers ab, ob sie Kritik ertragen können. Aber meistens nehmen sie es hin, denn ich bin nicht hier, um jemanden zu verletzen. Wissen Sie, es geht darum, die Dinge zum Laufen zu bringen und Fortschritte zu machen.

Zenith CEO Benoît de Clerck und WatchTime Head of Editorial Daniela Pusch

Zenith CEO Benoît de Clerck und WatchTime Head of Editorial Daniela Pusch

© WatchTime

Was ist das wichtigste Kriterium für Sie, wenn Sie eine neue Uhr auswählen?

Zuallererst ist für mich der Reiz, die Attraktivität wichtig. Die Uhr muss mir etwas bedeuten. Die erste Uhr, die ich mir bei Zenith ausgesucht habe, ist die Pilot. Das Großdatum bei der Chronoversion zieht mich an. Der zweite Grund ist das Zifferblatt. Das gewellte Zifferblatt gefällt mir gut. Und dann die Tatsache, dass man das Wort Pilot auf dem Zifferblatt verewigt hat, das ist einzigartig. Ich habe vorher für eine Marke gearbeitet, die ebenfalls stark in ihrer Pilot-Linie war, die ich auch sehr mochte. Aber das ist anders. Meine erste Uhr ist also die Pilot und natürlich eine Chronomaster, damit kann ich an den Strand gehen sowie diese am Abend zu Anzug und Krawatte kombinieren. Das ist das Schöne daran.

Erinnern Sie sich noch an Ihre allererste Uhr?

Die werde ich nie vergessen. Ich kaufte mir die Uhr von meinem zweiten Gehalt. Mein erstes Gehalt investierte ich in eine Kamera. Mein zweites Gehalt ging dann in eine IWC Pilot Fliegerchronograph Automatik 3706. Da hätte ich nie gedacht, dass ich einmal in der Uhrenindustrie arbeiten würde. Ich habe in der Tabakindustrie gearbeitet, und das ist jetzt wirklich eine wahre Geschichte. Ich hatte nicht genug Geld, um die Uhr zu kaufen. Also ging ich in den Laden und bezahlte einen Teil in bar, schöpfte meine Kreditkarte voll aus und gab dann einen vordatierten Scheck ab und sagte: ‘Ich möchte die Uhr jetzt.‘ Ich war jung und stand am Anfang meiner Karriere und wollte nicht warten. Der Verkäufer sagte, dass das nicht geht und so etwas vom Chef genehmigt werden muss. Der Besitzer erkannte aber, wie sehr ich darauf brannte, diese Uhr zu bekommen. Er stimmte zu, aber er drohte gleichzeitig, dass er rechtliche Schritte einleitet, wenn der Scheck platzt. Ich habe drei Tage lang nicht geschlafen. Es war nur eine Differenz von drei Tagen. In der Zeit ist mein Gehalt gekommen und er hat den Scheck einlösen können. Diese Geschichte werde ich nie vergessen. Das war vielleicht vor 30 Jahren.

Und ist Ihre Uhr immer auf die richtige Zeit eingestellt?

Meine Uhr immer. Ich kann es nicht ausstehen, wenn sie eine Minute daneben liegt, dann muss ich sie umstellen. Sie muss perfekt laufen, samt Datum und allem. Ganz anders als bei meiner Frau. Die Zeit muss präzise und akkurat angezeigt werden.

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