Interview: Oris-Designer Lukas Bühlmann über Nachhaltigkeit und Retro

Wie die großen Gegenwartsthemen die Gestaltung von Uhren beeinflusst

Oris hat eine Vorreiterrolle beim Thema Nachhaltigkeit und Uhr eingenommen. Lukas Bühlmann, Senior Product Design Engineer der Marke, ist der Ansicht, dass Design heute nicht mehr von ethischen Werten zu trennen ist.

Oris-Designer Lukas Bühlmann
Oris-Designer Lukas Bühlmann

Uhrendesign bei Oris

„Wenn wir eine neue Uhr entwickeln, steht ganz am Anfang das sogenannte Produktentwicklungsmeeting, das mehrmals jährlich stattfindet – mit einer recht großen Gruppe von Beteiligten aus Geschäftsleitung, Management, Technik, Design. Dort besprechen wir, wie wir intern vorgehen – beispielsweise, welche Produktreihe künftig im Fokus des Designs stehen soll. Zunächst werden alle Ideen gesammelt, dann wird in Ruhe selektioniert. Danach terminieren wir die Projekte, an denen wir meist ein Jahr lang arbeiten – es können jedoch durchaus auch zwei bis drei Jahre sein. Wir sind vier In-house-Produktdesigner, unter denen die verschiedenen Projekte aufgeteilt werden.“

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Designkriterien

„Entscheidend bei Oris ist, dass die Uhr am Schluss einen Sinn ergibt und einen vernünftigen Preis hat. Wir verwenden keine Komplikationen, die keinen direkten Nutzen bieten, wollen keine Show-Uhren machen und keine, die im Safe landen. Sondern Uhren, die für den Träger da sind und getragen werden. Gutes Design sollte natürlich einen Nutzen für den Besitzer haben, aber es geht nicht nur darum: Es darf auch Freude bereiten.“

Oris: Clean Ocean Limited Edition, Rückseite
Oris: Der Boden der Clean Ocean besteht aus recyceltem Plastikmüll

Nachhaltigkeit

„Das Thema Nachhaltigkeit kann man auf verschiedene Weisen bespielen: Man kann eine Organisation unterstützen, man kann aber auch über das Produkt, sprich, das Material des Produkts gehen. Wir haben in den letzten Jahren viele neue Materialien verwendet, die im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit stehen. Und natürlich hat das Material Auswirkungen auf das Design. Dinge wie der Uhrenboden aus recyceltem PET bei der Clean Ocean Limited Edition schaffen ein Bewusstsein für die Umweltproblematik. Dass es heute möglich ist, ein Abfallprodukt in ein Luxusprodukt zu integrieren, ist sehr spannend und zeigt die Wertschätzung des Kunden für das Thema. Vor ein paar Jahren wäre so etwas nicht möglich gewesen. Wir achten auch auf Dinge wie Lederbänder, die naturgegerbt sind und kein Chrom enthalten, was gut für die Natur ist. Und wir verarbeiten NATO-Bänder aus recyceltem PET. Wir experimentieren konstant mit neuen Möglichkeiten, das Thema Nachhaltigkeit in die Uhr selbst zu integrieren. Wenn es tatsächlich Eingang in das Produkt findet, ist die Aussagekraft noch einmal stärker, als wenn man nur darüber spricht. Der Benutzer ist dann noch näher dran am Thema. Klar ist: Bei einem kleinen Objekt wie der Uhr ist der Impact auf die Welt nicht sehr groß; es geht vor allem darum, die Idee zu pushen.“

Gegenwartsthemen

„Die großen Themen sind aktuell Gesundheit, Ethik, Umweltbewusstsein. Diese Werte spielen stark ins Design herein. Denn Design bezieht sich meiner Meinung nach heute nicht mehr nur auf das Produkt, sondern auf die gesamte Umwelt. Menschliche Bedürfnisse, die mit Design zunächst nichts zu tun haben, gewinnen eine starke Bedeutung für die Produktgestaltung; die Bereiche verschmelzen.“

Oris: Clean Ocean Limited Edition
Oris: Clean Ocean Limited Edition

Mechanische Uhren

„Ich denke, der entscheidende Reiz der mechanischen Uhr ist ihre Beständigkeit. Die Uhr ist ein sehr langlebiges Produkt, wenn man bedenkt, dass heute in der Wegwerfgesellschaft selten noch etwas repariert wird. Eine Uhr wird gekauft als Begleiter fürs Leben; als etwas, woran man sich festhalten kann. Sie wird in der Regel nicht so schnell gewechselt wie ein Smartphone oder ähnliche Produkte, bei denen der Zyklus immer kürzer wird. Die Uhr ist ein schönes Beispiel dafür, dass ein Produkt auch eine längere Lebensdauer haben kann.“

Inspirationsquellen

„Inspirationsquellen fürs Design finden sich eigentlich überall. Sehr wichtig für uns ist allerdings der kulturelle Austausch mit unseren Region Managers und Angestellten in der ganzen Welt. Hier kommen viele verschiedene Ideen ­zusammen, die uns helfen, die Dinge nicht nur aus unserer Schweizer Perspektive anzugehen.“

Retro

„Retro ist oder war ein großer Trend – ich weiß nicht, wie lange er noch anhält. Um da mitspielen zu können, braucht man eine lange Geschichte. Ich finde, bei Oris ist das Thema sehr authentisch, weil wir schon seit Jahrzehnten Uhren produzieren. Es ist schön, wenn eine Gestaltungsidee wieder auftaucht, man ins Archiv gehen und in der Vergangenheit eine Basis für aktuelle Kreationen entdecken kann. Das ist nur dann glaubhaft, wenn man wirklich auf eine eigene Markenhistorie zurückgreifen kann. Aber man muss auch etwas Neues entwickeln!“ mbe

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