Interview: Uhrmacher Laurent Ferrier blickt auf eine spannende Biographie zurück
Zwischen Haute Horlogerie und Design
Eine lange Laufbahn als Uhrmacher, unterbrochen von einer Phase als Rennfahrer, schließlich die Gründung einer eigenen Uhrenmarke: Laurent Ferrier blickt auf eine spannende Biographie zurück, in der es niemals nur um die Haute Horlogerie ging, sondern immer auch um die Ästhetik.
Uhren und Autorennen
Ich entstamme einer Uhrmacherfamilie. Als ich 18 war, waren meine große Leidenschaft Autorennen – und die Uhrmacherei. Also habe ich in Genf eine Ausbildung gemacht und bin danach direkt zu Patek Philippe gegangen.

Zunächst bin ich vier Jahre lang geblieben, habe in der Abteilung für Werksprototypen gearbeitet und auch andere Ateliers durchlaufen. Ich habe einige Jahre in der Automobilwelt zugebracht, doch 1974 rief Patek Philippe mich zurück. Sie hatten ein erstes Büro für alles, was Gehäuse, Armbänder, Zifferblätter, Zeiger betraf, gegründet. Es ging nicht mehr nur um Werke. Meine Laufbahn ist sehr ästhetisch-kreativ geprägt. 37 Jahre lang blieb ich bei Patek Philippe, und mit Freuden hätte ich bis zur Rente dort gearbeitet. Allerdings habe ich schon vor Jahrzehnten mit meinen Freunden aus der Welt des Motorsports immer wieder davon gesprochen, eine eigene Uhrenmarke zu gründen – im Grunde aus Spaß; so, wie man im Urlaub plant, ein Restaurant am Strand aufzumachen. Wir haben keine konkreten Pläne gemacht.
Die eigene Uhrenmarke
2008 rief mich mein Freund und früherer Rennpartner François Servanin an und sagte: Laurent, jetzt ist die letzte Chance. Gründen wir eine Uhrenmarke oder nicht? Mein Sohn Christian arbeitete zu dem Zeitpunkt in einem anderen Unternehmen als Werkekonstrukteur, und ich dachte, vielleicht wäre es schön, etwas aufzuziehen. Gewisse Ideen trug ich durchaus mit mir herum. Mein Freund François Servanin, der Präsident unserer Gesellschaft, sagte mir: Du machst, was du willst. Bei so einem Angebot kann man nicht widerstehen.
Wie früher
Unsere erste Uhr haben wir 2010 herausgebracht: ein Tourbillon. Wir sagten uns: Wir machen etwas, was heute nicht mehr üblich ist.

Vor 50 Jahren nahmen sich die Uhrmacher viel Zeit, um eine Uhr von Anfang bis Ende fertigzustellen. Es war keine einfache Entscheidung, so zu arbeiten, wie es in der Vergangenheit üblich war. Normalerweise plant man die Sachen mit Blick auf die Zukunft. Wir arbeiteten ein bisschen wie ein Restaurant, das zwei Stunden Zeit in ein Dessert investiert – etwas, was man in vielen Restaurants verrückt fände. Unser Plan war, alles selbst zu entwerfen und zu entwickeln und dann mit den besten Zulieferern zusammenzuarbeiten.
Das Laurent-Ferrier-Design
Design muss für mich klassisch und harmonisch sein. Vor allem muss das Auge etwas Ausgewogenes vorfinden. Etwas Einfaches gut zu machen, ist nicht leicht. Das Wesentliche bei unseren Uhren ist die Schlichtheit. Von Anfang an sagten unsere Kunden uns: Wir mögen es, dass eure Stücke die Philosophie unserer Eltern und Großeltern kultivieren, dass man aber nie den Eindruck hat, sie wären aus einer alten Schublade gezogen worden.
Haptik und Akustik
Wenn man eine Uhr berührt, darf man sich nicht verletzen. Wir nennen unsere Uhren „Kieselsteine“: Sie sollen sich anfühlen wie ein weicher, glatter Stein am Meer. Auch am Klickgeräusch der Handaufzugsuhren arbeiten wir. Bei den Taschenuhren früher gab es eine lange Klinge, die für einen besonderen Klickton gesorgt hat. Hieran lehnen wir uns bei unseren Uhren an: Der Effekt ist sehr angenehm. Im Grunde winzige Details, aber diese kleinen Unterschiede sind es, die am Ende zur Zufriedenheit der Kunden führen. Sehr gern tragen die Leute unsere Uhren jeden Tag.
Insider-Uhren
Oft kommen unsere Kunden zu uns und schauen, wie ihre Uhr fertiggestellt wird. Sie lieben es, mit dem Uhrmacher zu reden, der sich von A bis Z um ihre Uhr kümmert. Das finden sie andernorts nicht. Außerdem wollen unsere Kunden Uhren, die in kleiner Stückzahl hergestellt werden. Wir stellen 50 Exemplare pro Jahr her. Da kann man von einem gewissen Werterhalt ausgehen.

Unsere Uhren sind sehr zurückhaltend. Wenn Sie eine zu einem kurzärmligen Hemd am Arm tragen, kommt keiner mit einem Messer auf Sie zu! Es reicht unseren Kunden, wenn die Freunde, die sich für Uhren interessieren, sehen, dass sie ein schönes Stück tragen.“ mbe
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