Lieblingsuhr: Museumsdirektor Dr. Peter Plaßmeyer
Dr. Peter Plaßmeyer, Direktor des Mathematisch-Physikalischen Salons Dresden, über eine ganz besondere Uhr mit Weltzeitanzeige
Der Mathematisch-Physikalische Salon im Zwinger ist eines von 15 Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Als eines der weltweit bedeutendsten Museen von wissenschaftlichen Instrumenten umfasst es eine Vielzahl von historischen Uhren, Globen, Teleskopen und Himmelsmodellen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert, welche bei ihrer Entstehungszeit die Speerspitze der neuesten Entwicklungen darstellten. Heute bieten die Exponate interessante Einblicke in Grundlagen unseres Wissens, aber auch in die Sammelleidenschaft sächsischer Kurfürsten und Könige, die Meilensteine der Wissenschaft und Technikgeschichte zusammengetragen haben.

Als Herr über diese Schatzkammer mit technisch komplexen und dabei oft kunsthandwerklich anspruchsvollen Stücken hat Dr. Peter Plaßmeyer “viele Lieblingsuhren, die sich in der Beachtung abwechseln”, wie der Direktor des Mathematisch-Physikalischen Salons erzählt. “Neue kommen stets hinzu, während andere aus dem Blickfeld verschwinden.” Letzteres trifft nicht auf eine um 1815 entstandene Tischuhr von Joseph Köstler zu, die zu Plaßmeyers dauerhaften Favoriten zählt.

Der Österreicher war der Sohn von Johann Köstler, seines Zeichens Hofuhrmacher der Fürsten von Esterházy im burgenländischen Eisenstadt und ein Zeitgenosse und enger Freund des Komponisten Joseph Haydn. Über den Sohn ist nicht sehr viel mehr bekannt, als dass er 1777 geboren wurde und 1814 in Eisenstadt seinen Meister machte. Sein technisches Vermächtnis ist vor allem in der Literatur des 19. Jahrhunderts überliefert. Das Lieblingsmodell Dr. Plaßmeyers, eine 22,0 x 13,5 x 47,5 Zentimeter große Portaluhr mit Weltzeitanzeige, ist seit 1967 im Besitz des Salons.

“Das Modell folgt in seiner Transparenz der Idee der Ende des 18. Jahrhunderts in Frankreich entstandenen Skelettuhren, zitiert aber auch die in Wien im frühen 19. Jahrhundert populären Portaluhren”, erklärt der Experte.

“Die mächtigen Säulen, die das Zifferblatt tragen, und die klare Struktur des Aufbaus folgen einem strengen französischen Klassizismus, der in Eisenstadt um 1800 sehr beliebt war und sich auch in der Umgestaltung des Esterházy-Schlosses wiederfindet. Eines der Hilfszifferblätter nennt 24 Orte, die für die meisten Menschen zur Entstehungszeit dieser Uhr ebenso unbekannt wie unerreichbar waren. Dazu zählen einige Metropolen des damaligen Zarenreichs wie ‘Pettersburg’ (St. Petersburg), ‘Ekatharinenburg’ (Jekatarinburg/Ural), aber auch exotischere Ziele wie Nanking (Nanjing/China) und die Azoren. Orte, die in Zeiten von Corona fast so fern und unerreichbar scheinen wie vor 200 Jahren.”
sz