Longines Heritage: Retro-Uhren mit historischen Vorbildern
Reise durch die Zeit
Trends kommen und gehen, aber das Verlangen nach historischen Designs erweist sich als besonders beständige Modeströmung. Befeuert vom stetigen Wachstum des Gebrauchtmarktes und von hochkarätigen Uhrenauktionen, erscheinen immer mehr Neuauflagen von Zeitmessern aus vergangenen Jahrzehnten. Fast jede namhafte Uhrenmarke sucht in ihrer Vergangenheit nach Modellen, die den Geschmack heutiger Mechanikfans ansprechen könnten. Ein Hersteller jedoch befriedigt diesbezügliche Kundenwünsche schon länger als andere – und mit einer größeren Bandbreite an Designstilen: Longines setzt bereits seit Ende der 1980er Jahre auf Retro. Damit ist die 1832 gegründete Marke aus Saint-Imier im Schweizer Jura dem heutigen Megatrend nicht nur um Jahre, sondern um Jahrzehnte vorausgeeilt.

Longines Heritage: Fliegeruhren basierend auf Vintage-Modellen
Die Heritage-Kollektion von Longines, wie wir sie heute kennen, entwickelte sich aus einem Modell, das einen wichtigen Jahrestag der Fliegerei feierte: 1987 lancierte die Uhrenmarke die Lindbergh Hour Angle Watch zum 60-jährigen Jubiläum von Charles Lindberghs legendärem Nonstop-Transatlantikflug von New York nach Paris. Longines hatte damals als offizieller Zeitnehmer des wagemutigen Unterfangens fungiert und Lindbergh mit Zeitmessern ausgestattet. Anschließend hatte der Flugpionier auf Basis seiner Erfahrungen eine Stundenwinkeluhr entworfen, die die Navigation auf Langstreckenflügen erleichtern sollte. Mithilfe der Drehlünette, die eine Stundenwinkeleinteilung trug, half die 1931 vorgestellte Fliegeruhr bei der auf langen Strecken unerlässlichen Längengradbestimmung. Mehr über die Longines Lindbergh Stundenwinkeluhr erfahren Sie hier.
Die Lindbergh Hour Angle Watch aus dem Jahr 1987 wurde, halbwegs unerwartet, ein Erfolg – und bildete den Grundstein für spätere Neuauflagen historischer Zeitmesser. Die entsprechenden Vorbilder sind in den außergewöhnlich gut gepflegten Archiven der Marke umfassend dokumentiert.

Nachdem die Lindbergh-Uhr – zusammen mit der verwandten, ebenfalls historischen Weems Second Setting Watch – ihre Stellung als Retromodell mit zeitgemäßer Ausstattung gefestigt hatte, begann Longines, weitere historische Fliegeruhren aus seinem Museum zutage zu fördern. So waren und sind die Uhren des Namens Avigation Type A-7 von Zeitmessern inspiriert, die die Marke in den dreißiger Jahren für US-Militärpiloten entwickelt hatte. Die Army – damals gab es die Air Force noch nicht als eigene Heeresgattung – hatte strenge Standards in Sachen Präzision, Qualität und Ablesbarkeit; Uhren, die diese Vorgaben erfüllten, wurden als Type A-7 klassifiziert.
Die historische Avigation Type A-7 hatte ein um 40 Grad gedrehtes Zifferblatt, das auch dann ein schnelles Ablesen ermöglichte, wenn Piloten sie, wie damals üblich, an der Handgelenksinnenseite trugen. Der Name „Avigation“ setzte sich aus den Bestandteilen „Aviation“ (Fliegerei) und Navigation zusammen.
Longines Avigation Watch Type A-7
Die erste moderne Ausführung trug den Namen Avigation Watch Type A-7 und erschien 2012 zum 180. Geburtstag des Uhrenherstellers aus Saint-Imier. Sie maß 49 Millimeter und besaß ein schwarzes Zifferblatt, eine große geriffelte Fliegeruhrenkrone, die sich auch mit Fliegerhandschuhen bedienen ließ, sowie einen Ein-Drücker-Chronographen mit Kronendrücker. Aktuell bietet Longines das Modell mit weiß lackiertem Zifferblatt an, das aufgrund seiner bräunlichen Retroziffern und Birnenzeiger noch mehr Retrocharme versprüht als die frühere, historisch korrekte Ausführung: Die Avigation Watch Type A-7 1935 besteht ebenfalls aus Edelstahl, misst aber alltagstaugliche 41 Millimeter. Für Vortrieb sorgt das exklusiv vom Werkehersteller Eta für Longines gefertigte Automatikkaliber A08.L11 mit 54 Stunden Gangreserve. Es ist eines von zahlreichen Longines-Kalibern mit erhöhter Gangdauer, die auf bekannten Eta-Werken basieren.

In einem ganz anderen Stil war ein Avigation-Modell mit großem Minutenzähler bei der Drei gestaltet, das Longines ebenfalls in den 1930ern lanciert hatte. Hier ließ sich der Chronograph auf herkömmliche Weise über separate Start- und Stoppdrücker bedienen. 2017 präsentierte die Marke eine originalgetreue Neuauflage Namens Avigation BigEye . In ihr tickt das Automatikkaliber A08.L01, das die gängige Zweidrückervariante des oben genannten A08.L11 darstellt und in vielen Longines-Chronographen Verwendung findet.
Longines Heritage: Taucheruhren mit historischen Vorbildern
Als die Fliegeruhren fest in der Heritage-Kollektion verankert waren, richtete Longines seine Aufmerksamkeit auf eine weitere Uhrengattung, die in den Archiven reichlich vertreten war: die Taucheruhr. So bildete ein Modell mit innen liegendem Tauchzeitring aus dem Jahr 1960 die Vorlage für die erste Legend Diver Watch, die 2007 erschien. Zehn Jahre später wurden die Versionen mit Kautschuk- oder Lederarmband durch eine Variante mit Milanaiseband ergänzt, und 2018 folgte schließlich ein schwarzes Modell mit PVD-Beschichtung. In der 42 Millimeter großen Legend Diver Watch tickt das von Longines vielfach eingesetzte exklusive Eta-Automatikkaliber A31.L01, das nach Vollaufzug stolze 64 Stunden am Stück läuft.

2018 ging Longines in seinen Archiven noch ein Stückchen weiter zurück und förderte die Skin Diver Nautilus aus dem Jahr 1959 zutage. Den letzten Namensbestandteil hat die heutige Neuauflage eingebüßt, aber nichtsdestotrotz ist Longines mit der Skin Diver Watch ein fast vollständig originalgetreues Retromodell gelungen, das erfreulicherweise sogar auf die Datumsanzeige verzichtet. Bei dem modernen Uhrwerk handelt es sich um eine modifizierte Version des A31.L01, die die erste gezogene Kronenposition für die Datumskorrektur unnötig macht.

Longines Heritage: Militärzeitmesser als Vorbild für aktuelle Retro-Uhren
Luft und Wasser waren nun in der Heritage-Kollektion abgedeckt, und so wurde es Zeit für Longines, sich dem Land zuzuwenden. Deshalb richtete die Marke ihr Augenmerk auf robuste, bedienungsfreundliche Museumsmodelle, die sie zur Zeit der beiden Weltkriege für den militärischen Gebrauch gefertigt hatte. Als Erstes lancierte Longines 2013 eine Trilogie namens Heritage Military 1938, die im Design einem Zeitmesser aus besagtem Jahr folgte. Sie umfasste eine Dreizeigeruhr, ein GMT-Modell sowie einen Chronographen.
Das erste Modell namens Heritage Military (ohne Jahreszahl im Namen) erschien 2016 und entsprach gestalterisch einer Soldatenuhr aus dem Jahr 1918. Als beliebte Designelemente dieser Epoche besaß die Uhr große arabische Ziffern, eine Eisenbahnminuterie und eine kleine Sekunde, die mit modernen Elementen wie einem Fensterdatum und dem modernen Longines Schriftzug auf dem Zifferblatt kombiniert wurden. In dem 44 Millimeter großen Edelstahlgehäuse tickte das Eta–Automatikkaliber 2895.

Eine Uhr aus dem Zweiten Weltkrieg stand Pate für die nächste Heritage Military, die im Jahr 2018 erschien und ihrem Vorbild noch weitaus näher kam. Das Originalmodell war in den 1940ern an Mitglieder der britischen Royal Air Force geliefert worden. Als Vorbild für die Neuauflage diente ein Exemplar, das der dekorierte britische Bordfunker Stanley Turner bei seinen Flügen während des Zweiten Weltkriegs getragen hatte. Der Clou: Longines ahmt mit unregelmäßig gesetzten Flecken auf dem Zifferblatt die Alterungsspuren der Originaluhr nach; durch das händische Aufsetzen der Farbpunkte wird jedes Exemplar der Heritage Military einzigartig.
Zu den historischen Gestaltungsmerkmalen gehören ein hochgewölbtes Deckglas, eine übergroße Krone und individuell geformte gebläute Zeiger. Eine weitere Besonderheit: Obwohl die Uhr vom Automatikkaliber A31.L01 angetrieben wird, fehlt der Automatic-Schriftzug auf dem Zifferblatt. Das ist einzigartig bei Longines und zeigt, wie sehr sich die Marke hier um ein originalgetreues Design bemüht hat.

Diesem Prinzip folgt Longines auch mit der Heritage Military 1938, die im Herbst 2019 auf den Markt kam. Dieses schlichte Edelstahlmodell mit kleiner Sekunde besitzt wie das Vorbild aus dem Jahr 1938 einen Durchmesser von 43 Millimetern. Das mattschwarze Zifferblatt mit seinen geradlinigen Zeigern, arabischen Ziffern und der Eisenbahnminuterie entspricht dem schlichten, auf Ablesbarkeit ausgelegten Design des Originalmodells. Die auf alt getrimmte Leuchtmasse auf Zeigern und Stundenziffern tut das ihre, um den Retrolook des Newcomers zu vervollständigen. Im Innern arbeitet das bekannte Eta-Taschenuhrenkaliber Unitas 6498 mit Handaufzug.
Longines baut auch Retro-Dresswatches
Nicht jede Uhr der Heritage-Kollektion soll uns an Panzer auf Schlachtfeldern, Froschmänner in lebensgefährlichen Unterwassereinsätzen oder Piloten in dramatischen Luftschlachten erinnern. Manche Modelle wollen stattdessen die Eleganz – und mitunter Extravaganz – vergangener Jahrzehnte zu neuem Leben erwecken. Den Anfang machte 2014 die Heritage 1968, die ein quadratisches Gehäuse mit römischen Ziffern und einer dezenten Größe von 33 mal 33 Millimetern kombinierte.
1969 begann eine neue Ära im Uhrendesign, in der rechteckige oder quadratische Gehäuseformen mit abgerundeten Ecken beliebt wurden. An ein solches Modell erinnerte Longines 2016 mit der Heritage 1969. Ihr 36 mal 36 Millimeter großes Edelstahlgehäuse beherbergt ein in Längsrichtung satiniertes Zifferblatt mit Datumsfenster zwischen vier und fünf Uhr sowie roségoldfarbenen Zeigern und Indexen. Sowohl die Gehäusegröße als auch die Datumsanzeige entsprechen dem Originalmodell von 1969.

Obwohl die Entwicklung von Armbandchronographen einst von militärischen oder wissenschaftlichen Notwendigkeiten angetrieben wurde, entstanden auch in dieser ursprünglich betont funktionalen Uhrengattung schon bald elegante Dresswatches. Im Museum und den Archiven von Longines gibt es zahlreiche Beispiele, von denen manche bereits Anlass zu attraktiven Neuauflagen lieferten. Bisher wurde die Marke vor allem in den vierziger Jahren fündig: 2017 erschien der Heritage Chronograph 1940 mit roségoldfarbenen Anzeigen auf einem silbernen Zifferblatt, und Anfang dieses Jahres lancierte die Marke aus Saint-Imier den Heritage Classic Chronograph 1946. Sein Design entspringt einer Zeit, in der Longines für eleganten Luxus stand. Das 40 Millimeter große Edelstahlgehäuse umrahmt ein silberfarbenes Zifferblatt mit Bicompax-Aufteilung, geschwungenen arabischen Ziffern und gebläuten Zeigern in Blattform. Uhrzeit und Stoppfunktion erhalten ihre Energie vom – einmal mehr exklusiv zugelieferten – Eta-Automatikkaliber A31.L21 mit 54 Stunden Gangreserve. Getragen wird der Heritage Classic Chronograph 1946 an einem feinporigen Rindslederband ohne Nähte.

Nachdem sich der Retrotrend noch lange nicht erschöpft hat, wird Longines seine Heritage-Kollektion sicherlich auch in Zukunft weiter ausbauen. Schließlich hat das Unternehmen in seiner bald 190-jährigen Geschichte mehr Zeitmesser unterschiedlicher Stilrichtungen gebaut als die meisten anderen Hersteller. Und sich auf konkrete Vorbilder aus der eigenen Vergangenheit beziehen zu können, ist ein wichtiger Vorteil im hart umkämpften (Retro-)Uhrenmarkt.
Text: Mark Bernado und Alexander Krupp
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Uhren von Longines in der Datenbank von Watchtime.net