Mach es wie die Sonnenuhr
… zähl’ die schönen Stunden nur, schrieb man früher ins Poesiealbum. Aber wo findet man heutzutage noch Sonnenuhren – außer vielleicht an Kirchen? Im Kurpark von Bad Bayersoien. Entworfen und gefertigt hat sie Steinmetzmeister Karl Kunert in Handarbeit.

Wie man Sonnenuhren macht, hat Steinmetz- und Steinbildhauermeister Karl Kunert aus Bad Bayersoien Ende der siebziger Jahre in seiner Ausbildung an der Freiburger Meisterschule gelernt. Das ist jetzt 30 Jahre her. »Mir hat das damals sehr gut gefallen. Und bevor ich es verlerne, habe ich irgendwann gedacht: Jetzt oder nie«, erzählt Kunert. So begann er im Winter 2008 an einer Sonnenuhr aus Granit zu arbeiten, die er bis zum Frühjahr fertigstellte. Jeden darauffolgenden Winter kam eine weitere Uhr dazu – bis es schließlich drei waren. »Da ich normal hauptsächlich im Grabmalbereich tätig bin, war das eine willkommene Abwechslung in den eher ruhigen Wintermonaten«, so der Steinmetzmeister.
Weil er in Bad Bayersoien nicht weit entfernt vom Kurpark wohnt, lag es nahe, die Zeitmesser dort aufzustellen – als Leihgabe für seine Heimatgemeinde. Das geschah im August 2010.
Im letzten Winter entstand die vierte Sonnenuhr – eine sogenannte Sonnenspinne. Das ist eine analemmatische Sonnenuhr, bei der die Zeiger horizontal statt erdachsparallel angeordnet sind. Sie erzeugt keine Stundenlinien, sondern Stundenkurven. Und Kunert arbeitet bereits an Modell Nummer 5 in Form eines Hackstocks aus versteinertem Holz. Den Zeiger der Uhr wird eine Axt aus Edelstahl bilden.
Quader mit fünf Zifferblättern
Bei der quaderförmigen Sonnenuhr sind fünf Zifferblätter in den Stein eingearbeitet. Je ein Süd-, Ost- und West-Zifferblatt sowie ein erdachsparalleles und ein horizontales Zifferblatt zeigen die mitteleuropäische Zeit (MEZ) und die Sommerzeit an – zum Teil zusätzlich Halbstunden-, Winter- und Sommersonnenwend-, Tag-und-Nacht-Gleiche-Linien. Auf der Nordseite ist eine Zeitgleichungstabelle mit Beschreibung zu finden. Alles Zeiger sind aus Edelstahl und erdachsparallel angeordnet.

Wagenrad-Sonnenuhr
Die Wagenrad-Sonnenuhr mit einem Durchmesser von 100 Zentimeter hat Kunert aus rotem Tranas-Granit gefertigt. Sie verfügt über zwei plastisch gehauene äquatorparallele Zifferblätter – eines für die Sommerzeit (kann man von Norden her oben ablesen) und eines für die mitteleuropäische Zeit (kann man von Süden her unten ablesen). Die Erde dreht sich in 24 Stunden um 360 Grad, in einer Stunde um 15 Grad. Da das Zifferblatt genau im Winkel des Breitengrads des Aufstellungsorts angebracht wurde, sind die Stundenlinien bei dieser Sonnenuhr im Abstand von 15 Grad angeordnet. Zeiger und Kugel sind aus Edelstahl.

Die Wagenrad-Sonnenuhr ist auf einem 127 Zentimeter hohen Sockel befestigt. Da sich die Erde unregelmäßig dreht, kann es bei den Minutenangaben zu Differenzen von bis zu 15 Minuten kommen. Deshalb ist auf der Südseite des Sockels eine sogenannte Achterschleife mit Monats- und Tagesangaben abgebildet. Über ihr »schwebt« eine Lochscheibe, die einen dunklen Schatten wirft. In dessen Mitte bilden die Sonnenstrahlen, die durch das Loch fallen, einen hellen Lichtpunkt. Je nachdem, wo er auf die Achterschleife trifft, muss man die angegebene Minutenzahl von der durch die Sonnenuhr angezeigten Uhrzeit abziehen oder dazu zählen. Auf diese Weise erhält man die richtige Uhrzeit, nach der früher die Kirchturmuhren gestellt wurden. Die Ostseite des Sockels beinhaltet die Beschreibung der Achterschleife aus über 1700 Buchstaben. Auf der Westseite ist die Zeitgleichungstabelle zu finden. Ihre grafische Darstellung ist die Achterschleife. In die Nordseite hat Steinmetzmeister Kunert die Beschreibung der Wagenrad-Sonnenuhr eingearbeitet, die auf dem Sockel befestigt ist.


Globus-Sonnenuhr