Manufakturmacher: Werkentwicklung bei Armin Strom

Die Vorgeschichte der Manufaktur Armin Strom ist ebenso lang wie unspektakulär: Der 1938 geborene Uhrmacher Armin Strom eröffnete 1967 in Burgdorf im Kanton Bern einen Laden und fing nebenbei an, in der Werkstatt Uhren zu skelettieren. Er entfernte bei Brücken und Platinen so viel Material, dass nur noch das übrig blieb, was für die Stabilität unbedingt notwendig war. Diese Oberflächen im Werk wurden dann noch mit Handgravuren verziert. Zu den Kunden und Liebhabern der Skelettuhren gehörte auch der Burgdorfer Unternehmer und Kunstmäzen Willy Michel. Er wollte die Firma des kurz vor dem Ruhestand stehenden Uhrmachers erhalten, ihre Bekanntheit steigern und sie als Luxusmarke etablieren.

Das Manufakturgebäude von Armin Strom in Biel
Das Manufakturgebäude von Armin Strom in Biel

Also übernahm seine Familie 2006 die Mehrheit der neu gegründeten Aktiengesellschaft Armin Strom. Mit der Führung des Unternehmens betraute Willy Michel seinen Sohn Serge. Schicksalsentscheidend für die Firma wurde ein Jahr später der Eintritt von Claude Greisler. Der Uhrmacher, an der Ecole Technique in Le Locle zum Spezialisten für Komplikationen, Restaurationen und Konstruktion ausgebildet, war zuvor bei Christophe Claret als Entwickler tätig gewesen. Nun wollte er wieder an den Werktisch und mit den Händen arbeiten. Ein Skelettierungsatelier erschien ihm als passende Herausforderung. Neben dem Firmengründer arbeiteten lediglich zwei weitere Uhrmacher bei Armin Strom.

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Armin Strom wird Manufaktur

Die Zeiten hatten sich allerdings geändert. Kunden, die viel Geld für eine Uhr ausgaben, reichte es mittlerweile nicht mehr, dass jemand das Werk aufwendig von Hand skelettierte und verzierte. Auch das Werk selbst musste etwas Besonderes sein. Großserienwerke der Eta zu veredeln, war so kein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell mehr. Man suchte daher nach exklusiven Werken, stellte aber bald fest, dass es kaum Möglichkeiten gab, solche einzukaufen. Claude Greisler schlug der Familie Michel vor, eigene Werke zu entwickeln und zu bauen. Willy Michel hielt diese Idee zunächst für zu kostspielig: Er kannte Thomas Straumann gut, der mit der Marke H. Moser & Cie. viel Geld investiert – und verloren – hatte.

Claude Greisler, Direktor und Chefkonstrukteur von Armin Strom (rechts), im Gespräch mit Chronos-Redakteur Jens Koch
Claude Greisler, Direktor und Chefkonstrukteur von Armin Strom (rechts), im Gespräch mit Chronos-Redakteur Jens Koch (Bild: www.ph7.info - Stefan Hofmann)

Daraufhin erarbeitete Greisler einen Businessplan, der nur die Anschaffung der unbedingt notwendigsten Maschinen und Mitarbeiter vorsah. Obwohl von Anfang an klar war, dass es nicht nur ein, sondern mehrere Manufakturkaliber geben sollte, fiel die zu investierende Summe für alle überraschend niedrig aus. Schließlich ließ sich der Investor überzeugen, den Schritt hin zur Manufaktur zu wagen. Die verhältnismäßig geringen Kosten hatten vor allem einen Grund: Konstruktion und Design sollten im eigenen Haus gemacht werden, von Claude Greisler. Eine mutige Entscheidung; Greisler spricht sogar von jugendlichem Leichtsinn.

So entstanden die Uhrwerke von Armin Strom

Greislers Plan ging auf. Und auch zwei weitere Ideen von ihm zahlten sich aus. Zum einen lastet die Firma Armin Strom ihre teuren Maschinen über Lohnarbeit für andere Uhrenhersteller aus. Zum anderen sah der Entwickler ein Baukastensystem für die unterschiedlichen Werke vor. Die heutigen Kaliber hatte Greisler von Anfang an geplant: ein Handaufzugswerk mit hoher Gangautonomie durch zwei Federhäuser, ein einfacheres Werk mit nur einem Federhaus, ein Automatikwerk und ein Tourbillon.

Erstes eigenes Kaliber von Armin Strom:  Das Handaufzugswerk ARM 09 mit Handgravur und einer Woche Gangautonomie
Erstes eigenes Kaliber von Armin Strom: Das Handaufzugswerk ARM 09 mit Handgravur und einer Woche Gangautonomie

Das Baukastensystem erklärt er so: „Wir haben ein Räderwerk konstruiert, das man in allen diesen Werken einsetzen kann. Auch der Zeigerstell- und Aufzugsmechanismus sollte möglichst vielseitig einsetzbar sein. Das Kaliber mit Doppelfederhaus stand also am Anfang, musste aber so aufgebaut sein, dass man ein Federhaus ohne großen Aufwand weglassen oder durch einen Mikrorotor ersetzen kann. Die Konstruktion musste auch erlauben, die Hemmung durch ein Tourbillon zu ersetzen. Also bleiben bei jedem Kaliber Räderwerk, Hebel, Federn und Schrauben weitgehend gleich. Brücken und Platinen werden dann jeweils neu konstruiert.“

„Das Lebenswerk von Armin Strom in die heutige Zeit führen“

Greislers Vorteil war, dass es zu Beginn weder ein Werk noch eine Uhr gab. Er konnte also frei entscheiden. Man einigte sich schnell auf eine runde Uhr mit 44 Millimetern Durchmesser. Da das Werk das Gehäuse möglichst ausfüllen sollte, ergab sich ein Werkdurchmesser von 36 Millimetern.

Firmengründer Armin Strom mit Claude Greisler und einem Uhrmacher der Manufaktur
Firmengründer Armin Strom mit Claude Greisler und einem Uhrmacher der Manufaktur

Das Ziel war, sagt Greisler, „das Lebenswerk von Armin Strom in die heutige Zeit zu führen und Skelettuhren neu zu interpretieren. Also haben wir uns überlegt, was diese Uhren ausmacht: das sichtbare Werk von vorn und hinten, die Dreidimensionalität, also dass man in das Werk hineinsehen kann, und die Handgravuren als Dekoration. Diese drei Elemente sollten in neuer Form auch bei der Manufakturuhr vorkommen.“

Hier geht es weiter mit der Werkeentwicklung von Armin Strom.

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