Testreportage: Porsche Design Custom-Built und Porsche 911 Turbo S
Hoch hinaus
Bei Porsche Design kann man nun Chronographen nach eigenen Wünschen konfigurieren. Wir haben das passend zum schnellsten und teuersten Porsche, dem neuen 911 Turbo S, getan und mit beiden und ihren besonderen Motoren die höchsten Alpenpässe erobert.

Zwei Grad und Schneeregen: Die Wettervorhersage für das Stilfser Joch klingt für Mitte Juli wenig verlockend. Ganz so wild kommt es dann aber doch nicht. Wir schrauben uns lustvoll Kehre für Kehre die 2.757 Meter zum zweithöchsten Pass der Alpen empor. Die 650 PS des Sechszylinderboxermotors im Heck lassen sich auf den kurzen Geraden erahnen, wenn der Turbo S nach vorn springt.
Hin und wieder setzt leichter Regen ein, die rote Stoffmütze des 911 bleibt also erstmal auf. Hier drinnen ist es auch so sehr gemütlich auf bequemen 18-fach verstellbaren Sitzen und umgeben vom luxuriösen zweifarbigen Leder in Bordeauxrot und Schwarz mit roten Kontrastnähten. Dazu haben wir die farblich auf diesen individuellen Wagen abgestimmte Uhr von Porsche Design am Arm. Denn seit Neuestem kann man im Custom-Built-Programm Chronographen genau wie Porsche-Sportwagen online konfigurieren. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Man stellt sich die Uhr mit einem farbigen Zifferblattring, Band und Kontrastnaht in beliebiger Farbe und sowie weiteren Optionen zusammen, wie sie einem am besten gefällt. Dann gibt es 1,5 Millionen verschiedene Möglichkeiten, die eigenen Designvorstellungen zu verwirklichen.

Oder man konfiguriert sich einen Porsche 911, klickt auf “weitere Angebote” und bekommt eine entsprechende Uhr, die quasi der gewählte Porsche fürs Handgelenk ist, vorgeschlagen. Dann kommt das Band wie bei unserer Uhr im jeweiligen Interieurleder, und der Aufzugsrotor entspricht der Felge, sogar wenn diese in Wagenfarbe gewählt wurde. So kann man seinen Porsche für den Arm überall dort mit hinnehmen, wo es sonst aus Platzgründen nicht möglich ist: in die Bar, in den Flieger, ins Büro. Der individuelle Zeitmesser mit persönlicher Gravur kann dann wie der Sportwagen mittels des im Konfigurator erstellten Codes in einem Porsche Zentrum bestellt werden. Nach ein paar Wochen sind Uhr und gegebenenfalls Auto dann entsprechend der Wünsche gebaut und können gemeinsam abgeholt werden. Auf der Passhöhe angekommen, reißt die Wolkendecke doch noch auf, die Sonne blinzelt durch.

Wir parken und genießen die Aussicht. Der Blick schweift über Schneereste auf den Felswänden, Wolkenfetzen fliegen vor dem Ortler vorbei. Die Straße schlängelt sich dicht an den Berg geschmiegt in unzähligen Serpentinen hinauf. Nach einem Cappuccino im Hotel Passo Stelvio steigen wir wieder in den Über-911.
Das Zifferblatt der Porsche Design Costum-Built
Uns fällt auf, dass das Zifferblatt der Uhr dem einzigen analogen Instrument im 911er, dem Drehzahlmesser, nachempfunden ist: Die Kehlung mit den versenkten Leuchtindexen, die bis zum Ende der Schräge reichen, die feineren Teilstriche dazwischen, und die Rillenstruktur, die sich zusätzlich zu den oben genannten Merkmalen bei den Totalisatoren wiederfindet. Der rote Bereich, der beim Turbo S bei 7.000 Umdrehungen beginnt und mit einem roten Index gekennzeichnet ist, wird vom Chronographen durch rote Nullindexe beim Minuten- und Stundentotalisator wiederaufgenommen. Das hat Porsche Design sehr schön detailliert umgesetzt. Die aufwendige Verarbeitung zeigt sich auch an dem versenkten und polierten Porsche-Design-Logo. Wir fliegen die Serpentinen bergab, hin und wieder gebremst von einem entgegenkommenden Bus oder LKW.
Der Turbo macht sich ganz schön breit auf der engen Straße, er hat noch mal vier Zentimeter dickere Hinterbacken als der Vorgänger, natürlich wieder mit den charakteristischen Lufteinlässen für die zwei Turbos. Dafür liegt er aber auch sehr stabil in schnellen Kurven, und die 315er Hinterräder bleiben fest mit dem Asphalt verzahnt. Der Allradantrieb hilft trotz der hecklastigen Auslegung beim Herausbeschleunigen kräftig mit, und auch die Einbaulage des Motors, wie immer beim 911 hinter der Hinterachse, bringt viel Gewicht und damit Traktion auf die Hinterräder. Der neu entwickelte 3,8-Liter-Motor baut als Sechszylinderboxer wieder sehr flach, um den Schwerpunkt des Wagens niedrig zu halten. Die zwei Turbolader mit variabler Turbinengeometrie fallen größer aus als im Vorgänger, drehen sich nun gegenläufig und blasen den Motor auf 650 PS und 800 Nm auf.
Das Uhrwerk des Chronographen
Auch der Motor des Porsche-Design-Chronographen ist neu: 2017 debütierte im 1919 Chronotimer Flyback das Kaliber 01.200, das in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Werkespezialisten Concepto Watch Factory entstanden ist. Und dieses Jahr folgt das Kaliber 01.100 ohne die Flyback-Funktion, die es bei laufender Messung erlaubt, eine neue zu starten. Der Chronograph mit Kulissensteuerung nimmt einige konstruktive Anleihen beim bewährten Valjoux 7750, ist aber optisch deutlich anders gestaltet: Die Grundplatte, verschiedene Brücken und der Unruhkloben sind mattschwarz PVD-beschichtet und zeigen das Porsche- Design-Logo als eingraviertes Muster. Zu-dem lässt die Automatikbrücke Blicke aufs Aufzugsgetriebe zu. Insgesamt sieht man wegen des schönen Felgenrotors aber wenig vom Werk.
Miniaturkunst
Der Rotor entspricht einer im Maßstab 1:22 verkleinerten Version der zweifarbigen Felge mit Zentralverschluss unseres Turbo S. Die Fertigung erfolgt auf fünf Tausendstelmillimeter genau. Das farbige Porsche-Wappen auf dem Rotor ist lediglich 3,3 Millimeter breit, gibt aber alle Details exakt wieder, was man erst mit Hilfe einer Lupe erkennen kann. Mit diesem Felgenrotor hat Porsche Design Miniaturkunst geschaffen, und er verstärkt das Gefühl, tatsächlich den eigenen individuellen Porsche am Arm zu tragen.

Als die Straße im Tal weniger kurvig wird, testen wir die Beschleunigung mit Launch-Control: Das Programm Sport Plus über den Drehregler am Lenkrad auswählen, linker Fuß auf die Bremse, rechter Fuß voll aufs Gas, die Drehzahl einregeln lassen und dann den Fuß von der Bremse nehmen. Der Turbo S beamt sich nach vorn, die Köpfe knallen an die Kopfstütze, nach 2,8 Sekunden sind wir auf 100 km/h. Unfassbar, diese Beschleunigung mit Achterbahnkribbeln und Suchtpotential. Das können nicht mal ein Lamborghini Aventador SVJ oder ein McLaren Senna besser. Auf dem Hinweg auf der unlimitierten Autobahn konnte der Turbo S seine Stärken ebenfalls voll ausspielen: Tritt man bei 200 aufs Gas, drückt einen die Beschleunigung immer noch in die Sitze. Und wir haben spielend Tacho 330 km/h erreicht, bevor der zunehmende Verkehr weitere Hochgeschwindigkeitsfahrten verhinderte. Dabei liegt der Turbo S dank der aktiven Aerodynamik mit ausgefahrenen Front- und Heckspoiler sicher auf der Straße, während der Fahrer sich wie Han Solo im Millennium Falken beim Sprung durch den Hyperraum fühlt, samt Tunnelblick mit verwischenden Sternen.

So genau geht die Costum-Built-Uhr
Auf Uhren übertragen bedeutet Performance vor allem Genauigkeit, und da verfügt das Kaliber der Porsche Design über die höchste Auszeichnung, ein Chronometerzertifikat von der unabhängigen Schweizer Prüfstelle COSC. Am Arm geht der Chronograph am Tag vier Sekunden vor, was in der Norm liegt. Dank eines Sekundenstopps lässt sich die Zeit genau einstellen. Porsche Design zeigt die kleine Sekunde über eine Scheibe an: Darauf gibt es elf feine Striche und einen langen, dicken Strich. Das Fenster wird von zwei seitlichen Stegen in zwei Kreissegmente unterteilt, sodass man ausreichend gut erkennen kann, wann sich der markante Strich oben befindet. Ansonsten ist die Ablesbarkeit der Zeit mit den deutlichen Leuchtzeigern und -indexen bei Tag und Nacht sehr gut. Beim Porsche sind die Instrumente ebenfalls klar gezeichnet oder werden digital sehr scharf dargestellt. Die äußeren beiden der fünf Rundinstrumente mit weniger wichtigen Informationen verschwinden aber aus Fahrersicht hinterm Lenkrad. Dort befinden sich auch die Schaltwippen, die man benutzen kann, was auf der Landstraße hier in Südtirol richtig Spaß macht. So schnell, wie die Automatik des Direktschaltgetriebes am Ortsaugang von Prad vom achten in den zweiten Gang schaltet, bekommt man das als Fahrer aber nicht hin.
Wandelbarer Charakter
Auch sonst lässt sich alles über die schönen Tasten und den schnellen Touchscreen einfach bedienen, einige Funktionen wie die Abschaltung der Start-Stopp-Automatik muss man aber in den Menüs suchen. Der kleine Gangwahlhebel mag Geschmackssache sein, das Highlight ist aber unbestritten der Drehregler für die Fahrmodi mit dem Boost-Kopf. In Dörfern oder auf Schnellstraßen fährt sich der 911 dann im leisen und komfortabelsportlich federnden Modus Normal fast wie eine Limousine. In Sport kann man auf gewundenen Straßen die Kraft und den Sound genießen, der aber immer noch dezent für diese Leistungsklasse ausfällt. Und in Sport Plus knallt der Turbo S fast schmerzhaft die Gänge rein und hält ein hohes Drehzahlniveau, bei größtem Anpressdruck durch die Spoiler – eher etwas für die Rennstrecke. Die Bedienung beim Porsche-Design-Chronographen geht ebenfalls leicht von der Hand: Die große und griffige Krone lässt sich leicht aufschrauben und ziehen. Die Drücker benötigen, wie üblich bei Chronographen mit Kulissenschaltung, etwas mehr Kraft, helfen durch ihre Größe aber, das etwas zu kaschieren.

Die wie das Gehäuse aus Titan gefertigte Doppelfaltschließe mit zwei Sicherheitsdrückern öffnet ohne viel Druck, hält sicher und erlaubt über einen Dorn, die Länge einfach anzupassen. Als besonders hilfreich erweist sich das Schnellwechselsystem mit den Drückern unter dem Band zwischen den Anstößen. Passenderweise kann man beim Konfigurieren dann auch gleich weitere Lederbänder oder ein Titanband mitbestellen. Ein schwarzes Armband und ein schwarzes Band mit bordeauxroten Ziernähten hätten wir zu unserer Testuhr beispielsweise zusätzlich geordert. Mit dem Bandwechselsystem lässt sich der Charakter der Uhr so schnell von sportlich auf elegant ändern wie beim Turbo S mit dem Fahrmodischalter. Praktisch für das Fünf-Gänge-Menü am Abend im Hotel.
Preisfrage
Überhaupt kann man es sich in Südtirol gutgehen und sich kulinarisch verwöhnen lassen. Das hat natürlich seinen Preis, was ebenfalls für unser Fahrzeug und die Uhr gilt: Der Testwagen kommt mit einigen teuren Extras wie dem Burmester-Surroundsoundsystem und dem Nachtsichtassistenten auf eine Viertelmillion Euro. Der Grundpreis liegt bei 230000 Euro. Das klingt nach viel, ist aber angemessen für diesen Supersportwagen. Das dezente Äußere gefällt vielleicht nicht jedem: Die meisten Menschen könnten den Turbo S wohl kaum von einem normalen 911, der die Hälfte kostet und 265 PS weniger hat, unterscheiden. Da fallen Ferrari 488 oder Lamborghini Huracán schon mehr auf. Die kosten ähnlich viel, beschleunigen aber nicht so schnell auf 100 und sind vor allem nicht so alltagstauglich wie der wandelbare Turbo S. Und der Chronograph? Der startet in der Basis im Konfigurator bei 4.950 Euro, und wie beim 911 kommt dann noch Ausstattung dazu. In unserem Fall sind das je 250 Euro für den bordeauxroten Zifferblattring und das gleichfarbige Lederband, 1.700 für den schicken Rotor in Form der Turbo-S-Felge mit Zentralverschluss und 200 Euro für das farbige Porsche-Logo darauf. Macht zusammen 7.350 Euro. Dafür bekommt man zwar auch schon fast Manufakturchronographen wie Breitling Navitimer oder Zenith El Primero; allerdings ist das Konzept von Porsche Design einmalig und geht voll auf. Dass man den Chronographen ganz den eigenen Wünschen anpassen und so individualisieren kann, ist ein Luxusfeature und kommt den heutigen Bedürfnissen voll entgegen. Und wer einen Porsche 911 kauft, sollte in jedem Fall von der genialen Möglichkeit Gebrauch machen, einen passenden Chronographen zu besitzen, den man als 911 fürs Handgelenk nicht nur in seinem Sportwagen auf Passstraßen und Autobahnen genießen kann, sondern der einen auch im Hotel oder Restaurant immer an das eigene Fahrzeug erinnert. jk
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Uhren von Porsche Design in der Datenbank von Watchtime.net